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Bericht: Schwarz, schwärzer, Wave-Gotik-Treffen 2015 in Leipzig – Teil 2

/ 3 Kommentare

Sonntag – Lustige Niederländer mit Laserschwert, Latex-Modenschau und DM-Party
Nach unserem Party-Hopping deluxe am Vortag schien die Sonne bereits wunderschön am Himmel als wir ins Bett fielen und als wir wenige Stunden später wieder aufstanden, tat sie selbiges immer noch. Der Sonntag hielt viele tolle Bands bereit, die Oldschool EBM-Freunde traf man heute alle samt im Stadtbad bei Dupont, NZ oder Jäger 90 zum Stiefelblitz. In der AGRA wurde man mit Goethes Erben in die Anfänge des WGTs 1992 zurück versetzt und mit dem heutigen Headliner Mono Inc. in eine neblige Partynacht mit Thomas Rainer und Steve Weeks entlassen. Von den dezent alkoholisierten, im Kreis tanzenden Niederländern vor der Agra mit ihrem Laserschwert und ihrer Scooter-CD als lustige Begegnung einmal abgesehen, keine schlechte musikalische Ausbeute. Aber bevor wir im Nebel der Nacht versinken, kommen wir zurück zum wunderschönen Sonnenschein, der Sonntag war immerhin der wärmste Tag des diesjährigen WGTs und was bietet sich da mehr an, als eine Latex Modenshow in der Sixtina oder das Heidnische Dorf zu besuchen? Das Heidnische Dorf ist immer wieder mein persönliches Seelenheil. Was gibt es schöneres als mit Freunden auf einer Decke zu sitzen, köstlichen Federweißer zu trinken umgeben von vielen Gleichgesinnten, leckeren Essen, tollen Verkaufsständen, wo man viel Schönes, auch aus liebevoller Handarbeit, für ein paar Taler erstehen konnte, und den Klängen der Bands, die auf der Heidenbühne spielten, zu lauschen? (Linda Jane)

Nontox

Arise- X (Josie Leopold)
Das Electro aus aus dem Allgäu kommen kann, haben Arixe-X am Sonntag bewiesen. Mit neuer Sängerin Alena im Gepäck, die übrigens alle Lieder im Eiltempo lernen musste, einem geborgten Keyboarder, einem Industrial-Dancer und Andy, der immer noch gesanglich nach Centhron klang, begab sich diese Formation am Sonntag auf die Bühne im Nontox. Das Hintergundvideo, was erst am Morgen fertiggstellt wurde, funktionierte, die Texte saßen – abgesehen von einem Lied, bei dem Alena doch kurzzeitig verwirrt war, aber es vollkommen professionell weglächelte. Andy – schwarz gekleidet, düster geschminkt- war dann auf der Bühne das komplette Gegenteil seines Outfits. Zwischen den einzelnen Liedern kommunizierte er brilliant mit dem Publikum und sorgte für viele Lacher, während er in den einzelnen Liedern perfekt den bösen Sänger gab. Schade eigentlich, dass so wenig Leute am Nachmittag ins Nontox gefunden haben, denn schon allein wegen Andys Überleitungskünsten und dem Lächeln seiner Sängerin hätte sich der Ausflug gelohnt.

Agra

Clan of Xymox (Susann Lucas)

Die niederländische Band Clan of Xymox wurde im Jahr 1984 in Nimwegen (Nijmegen) gegründet. In den 80er Jahren konnte die Band einige Erfolge aufweisen. Nachdem es in den 90ern etwas ruhiger um die Band geworden war und sie nicht mehr an die alten Erfolge anknüpfen konnte, ging es 1997 nach einigen Neubesetzungen innerhalb der Band wieder aufwärts. Die Band fand zu ihrem eigenen Stil zurück und tourte auf vielen Festivals. Auf diesen Auftritt hab ich mich am Sonntag besonders gefreut. Als ich in die Agra Hall kam, war diese noch nicht ganz gefüllt, was aber der Stimmung keinen Abbruch tat. Ich empfand es eher als angenehm auch mal Platz zum Tanzen zu haben ohne gleich mit meinem Nachbarn auf Tuchfühlung zu gehen. Man konnte viele Menschen tanzen sehen und hatte den Eindruck, dass sie einfach Spaß am Konzert hatten. Für mein Gefühl hätte das Konzert gern noch etwas länger gehen können, da ich mich zu den Klängen von Clan of Xymox immer sehr wohl fühle und solch eine entspannte Stimmung bei vielen Konzerten vermisse.

Mono Inc. (Josie Leopold)
Was soll ich über Mono Inc. schreiben? Nun, ich habe sie in den letzten Monaten mehr als einmal live erleben dürfen und war jedes Mal von der Publikumsreaktion verzückt. Wer zu Mono Inc. geht bekommt Emotionen geliefert und eine Ansammlung von Menschen, die jedes Wort seitens des Sängers aufsaugen wie kleine Schwämme. Musikalisch liegt die Band irgendwo zwischen gitarrig und ein bisschen überemotional. Von den Ansagen der einzelnen Lieder und den Zwischenpassagen mal ganz abgesehen. Die ganze Band und ihre Inszenierung legt es auf eine Mischung aus Herzschmerz und „mitgehen“ an, was mir persönlich etwas zu viel des Guten ist. Glaubhafter wird man jedenfalls durch fast schon an Kitsch grenzende Überleitungen nicht und man muss aufpassen, dass man nicht irgendwann auch den Stempel „Schlagergruftimusik“ aufgedrückt bekommt. Aber sei es drum: Den Leuten in der Agra haben Mono Inc. gefallen, sie haben geklatscht, getanzt, mitgesungen und kräftig gefeiert und wurden fast schon auf Kommando still, wenn ruhigere Töne angestimmt wurden. Perfektes Zusammenspiel aus Musik und Publikumsreaktion, um es kurz zu fassen.

Heidnisches Dorf

Dalriada (Linda Jane)
Dalriada sind die bekannteste „Folk-Metal“-Band Ungarns und wurden 1998 in Sopron gegründet. Die 7 Bandmitglieder haben sich der ungarischen Folklore und den Legenden und Sagen des Karpatenbeckens verschrieben und interpretieren diese ausschließlich in ungarischer Sprache und mit weiblichen Gesang. Gesanglich war Laura wirklich gut drauf und man konnte ihrem gesamten Stimmspektrum lauschen. Es wurde ein neuer Song ‚Dózsa‘ performt und insgesamt waren Licht, Ton und das Zusammenspiel der Band sehr gut. Das Publikum tanzte, pogte, jubelte und klatsche.

Arkona (Linda Jane)
Die „Pagan-Metal“ Kapelle um die Sängerin Masha Scream wurde 2002 in Moskau/Russland gegründet. Ihre Lieder drehen sich um die Slawische Mythologie. Stilprägend für die Kompositionen der Band ist der wandlungsfähige Gesang von Mascha Scream. Die Melodien sind oft von russischer Musik inspiriert und von Flötenklängen dominiert. Warum die Sängerin sich den Künstlernamen Masha Scream gab, weiß man spätestens ab dem ersten Song, schreien kann diese Frau auf jeden Fall richtig gut. Der Publikumsbereich vor der Heidenbühne war sehr gut gefüllt und die Band bekam ordentlich Applaus. Es wurde getanzt und ausgelassen gefeiert. Was ein Glück für die Besucher des Konzertes, oder für alle die den Auftritt verpasst hatten, das Arkona am Montag gleich nochmal im Kohlrabizirkus spielten.

Sixtina

Latexmodenschau von Bella Holmes (Linda Jane)
Bella Holmes aus Leipzig präsentierte ihre aktuelle Kollektion an szenebekannten Models wie Lady Lila von Welle:Erdball, Loki von Electronic Noice und die bekannte Bloggerin Adora BatBrat aus Schweden. Es liefen 6 Frauen und 4 Männer in wunderschöner und liebevoll designter Latexkleidung über den Laufsteg der Sixtina und lieferten eine großartige, kinky Show.

Partyhopping nach den Konzerten

Party Agra 4.2 (Josie Leopold)
Stockfinstere Nacht in der Agra 4.2? Ein bisschen schon, denn schon beim Eintreten in den Raum war es neblig-schummerig. Am Rand saßen einige Festivalbesucher in Gespräche vertieft und vor der Bühne tanzten Electroliebhaber zu harten Industrialklängen, die unter anderem von Thomas Rainer (Nachtmahr) ausgewählt wurden. Von EBM-Liebhaber bis Cyberdame im Tüllrock stampfte also so ziemlich alles zu harten Beats. Eine nette Abwechslung zu den kitschig-sentimentalen Klängen von Mono-Inc., aber doch irgendwie zu neblig um es den Rest des Abends auszuhalten. Unsere Partyreise führte uns dann doch eher Richtung Innenstadt.

Party 4 Rooms: Depeche Mode und Minimalkompromiss (Josie Leopold/Linda Jane)
WGT-Parties lassen nur Batcave, Wave und Industrial laufen? Stimmt nicht ganz, dass es auch anders geht, hat das 4 Rooms bewiesen. Dort gab es nämlich eine Depeche Mode Party. Endlich was für meine Ohren. Nun ist das 4 Rooms weder besonders groß, noch besonders gut belüftet und so drängten sich die Menschen nicht nur auf der Tanzfläche, sondern auch in den Gängen und vor der Bar. Dass man ein Einhorn auch ans DJ-Pult stellen und dann mit Leuchtstäben zu einem Best-of-Depeche-80’s abgehen kann, hat man auch selten. Abgesehen davon, dass ich auch nach so vielen Jahren der Meinung bin, dass DJ Martin mehr darauf achten sollte, in welcher Laune seine Tanzwütigen sind und nicht eine gefühlte Ewigkeit in der Langsamkeitskiste der Band wühlen sollte, fand ich das 4 Rooms sehr angenehm, was aber vielleicht auch an meiner lustigen Partygesellschaft lag. Die Minimalkompromiss Party auf dem zweiten Floor im 4 Rooms sollte man aber auch nicht unbeachtet lassen. Dort legten Djane Sheatle (Chemnitz) und DJ robertianjim (Hamburg) eine bunte Mischung aus Minimal Synth, Cold Wave, New Wave, NDW, Italo Disco und 80s auf. Auch dieser Floor war gut gefüllt und wurde ordentlich betanzt. Ob zu Ofra Haza oder zu Italo Disco Klängen, die Tanzfläche wurde selbst in den Morgenstunden nicht leerer. Wenn ich zurück in Hamburg bin werde ich jetzt wohl öfters Partys von und mit DJ robertianjim besuchen.

Montag – Allgemeine Meinung “ Heute spielen alle guten Bands auf einmal!“
Auch am letzten Tag des Festivals waren wir für euch unterwegs. Und das nach drei Tagen feiern sogar erstaunlich fit. Wir haben für euch heute am Schauspielhaus angestanden um einen der begehrten Plätze bei Mark Benecke zu ergattern, waren in der Agra bei Terrolokaust und Nachtmahr dabei, konnten im Heidnischen Dorf Mila Mar erleben und als Konzertabschluss noch Soko Friedhof und Diorama genießen. Natürlich war auch heute nach den Konzerten nicht Schluss. Josie und Linda Jane haben noch das Täubchenthal und die MB (Moritzbastei) unsicher gemacht. Als weitere Highlights des Tages kann man sicher noch den Auftritt von Combichrist in der Agra und Escape with Romeo im Alten Landratsamt zählen. Auch die Auftritte von Sea + Air und der Kammer im Schauspielhaus waren definitiv einen Besuch wert. Wie an den Tagen zuvor sah man auch heute recht wenige Menschen in den Straßen. Ob dies nur am plötzlichen, heftigen Regenguss am Nachmittag lag, oder andere Gründe hatte, konnte auch heute nicht geklärt werden. Nachfolgend könnt ihr unsere Eindrücke der Konzerte und Partys lesen. (Susann Lucas)

Schauspielhaus

Mark Benecke (Josie Leopold)
Zeitig anstehen ist Pflicht, wenn Mark Benecke auf dem Programmplan erscheint. Zwar ist Einlass bei seinen WGT-Lesungen immer schon eine halbe Stunde vor der eigentlichen Lesung, dann aber kurz vor Einlass erst zu erscheinen, ist so ziemlich tödlich, wenn man der Veranstaltung beiwohnen will. Und so tummelten sich schon 30 Minuten vor Einlass massig Menschen vor dem Schauspielhaus und hofften, dass sie die Lesung mitnehmen können. Kaum oben im Saal angekommen, hieß es Sitzplatz aussuchen, Musik lauschen und warten. Kurz vor der Lesung zeigte Mark noch seine Version vom Falco-Song „Jeanny“ mit passendem Clip. WGT-Weltpremiere sozusagen. Die Lesung selbst habe ich gar nicht als Lesung im klassischen Sinne empfunden, denn es gab zwar viel Fachliches aus dem Bereich der Kriminalbiologie zu hören, die lustigen Zwischenkommentare eines Herrn Benecke und seine Erzählweise ließen die zwei Stunden aber wie 25 Minuten wirken und so war ich wirklich erstaunt, dass das alles so schnell vorbei war. Ich hätte ihm und den Mumien von Palermo noch zwei weitere Stunden zuhören können, ohne auch nur ansatzweise gelangweilt zu sein. Absoluter WGT-Tipp! Hingehen und Bildung mit einer absolut genialen Erzählweise (ich sage bewusst nicht Vortragsweise) kombiniert erleben!

Agra

Terrolokaust (Linda Jane)
Über ein Jahr ist es her das ich die beiden Spanier Javi Ssagittar (Gesang) und Indio (Synths) mit ihrem Live-Gitarristen Aury das letzte Mal gesehen habe und bereits beim ersten Song hatten sie wie immer mein Feuer entfacht! Seit 2006 geben Terrolokaust nun schon ihrer Wut über die soziale Misere, die täglich wachsende Entfremdung und die tiefe Dekadenz im modernen „Lifestyle“ einen musikalischen Ausdruck. Und das mit Erfolg. Sie bringen mit Ihrer Mischung aus „Industrial“, „Techno“ und „EBM“ nicht nur Bassboxen, Mauern und Trommelfelle zum Beben, sondern auch Herzen. Javi ist das was man eine Rampensau mit gesanglichen Talent nennt. Er hat eine phänomenale Stimme, die von energischen Schreien innerhalb von einer Sekunde zu wundervollem Gesang wechselt und das alles während er über die Bühne rennt, springt, sich auf einem Bein im Kreis dreht, in die Knie geht oder auf dem Boden liegt. Dieser Mann ist ein Energiebündel und Stimmwunder zugleich. Wenn man es dann noch schafft, bei all der Dynamik ihm in die Augen zu sehen, dann kann man seine Entschlossenheit, das er das alles ganz genau so meint wie er es in seinen Texten schreibt, sofort erkennen. Javi kommuniziert mit dem Publikum, er bezieht sie komplett mit ein, ob mit Klatsch- oder Schreiaufforderungen oder „Show me your Lights“ bei ruhigeren Songs. Und das Publikum geht diesen Aufforderungen nach. Ein Opener, der wie kein anderer, die Hallen – in diesem Fall die AGRA, zum Kochen bringt und das Publikum komplett zerrockt, aber glücklich zurück lässt. Ich habe meine Stimme an und bei dieser Band verloren.

Nachtmahr (Josie Leopold )
Boom, boom, boom! Ton in der Agra ist ja immer so eine Sache, also fangen wir bei Nachtmahr einfach mal mit dem Kritikpunkt an: Musik zu laut, Gesang zu leise eingestellt. Und die Musik war teilweise so laut, dass einige in der Tasche nach den Ohropax wühlten, was ich ihnen nicht verdenken kann. Ansonsten für mich das Highlight meines Montags, abgesehen vom Vortrag von Herrn Benecke, aber der hat ja auch nicht in der Agra Musik gemacht. Die Nachtmahrdamen trugen diesmal zur Freude des männlichen Publikums Latex, Thomas Rainer schien in bester Laune und zum ersten Mal in meinem Leben habe ich Gregor Beyerle abgenommen, dass er eine böse, dunkle Seite hat und in diese Band passt. In den Jahren davor, habe ich mich immer gefragt, was dieser liebe Kerl in dieser Band will. Bam! Überzeugt. Und ich war wohl nicht die einzige, die ihre Augen weit aufsperrte als Gregor nach vorn kam und wie die Dame vor mir meinte „den Psychopaten“ gab. Für mich seit Jahren die beste Bühnenleistung der Band, denn selbst André Steinigen ging bei den letzten zwei Liedern noch mal in die Vollen und man hatte fast Angst, er würde den Synthesizer jetzt vom Ständer reißen. Das war richtig Party in der Halle und ich hätte es noch viel besser gefunden, wenn der Ton richtig eingestellt gewesen wäre. Vielleicht dann beim nächsten Mal, es kann nicht immer alles perfekt sein.

Heidnisches Dorf

Mila Mar (Linda Jane)
Das WGT ist ein Ort wo man alte Freunde wieder trifft und dieses Mal war es Mila Mar, das Quartett um die Sängerin Anke Hachfeld, welches nach 11 Jahren erstmals wieder von sich hören ließen und es war traumhaft fantastisch wie früher. Anke Hachfeld ihre Vieroktavstimme ist unverkennbar. Das Quartett schafft eine Klanglandschaft aus „Synthie“-Klängen, Flöten, Geigen und diversen Perkussionsinstrumenten. In der Musik sind skandinavische, afrikanische und orientalische Einflüsse zu hören. Schwebende Melodien in einer melancholischen Grundstimmung fangen den Zuhörer ein und lassen ihn fliegen. Der Zuspruch des Publikums war so unbeschreiblich und einzigartig wie die Band selbst!

Felsenkeller

Soko Friedhof (Josie Leopold)
Durchgeschwitzt von Nachtmahr ging es für mich weiter in den Felsenkeller zu Soko Friedhof. Nun ist der Felsenkeller ja tontechnisch auch so eine Sache, oder kurz gesagt: Meistens ist der Ton einfach nicht schön. Und so war es auch, als ich dort kurz nach Beginn des Soko Friedhof Auftritts reinkam. Von ganz hinten klang es einfach scheußlich. Die Parkplatzsituation am Felsenkeller ist aufgrund der Lage an einer der bestbefahrensten Straßen Leipzigs auch immer pure Glückssache, aber man macht eben das Beste draus und quetscht sich durch die Nebenstraßen, bis man eine Lücke findet. Zurück zum Felsenkeller: Es waren wirklich wenig Menschen da, um Soko Friedhof zu sehen und man konnte ohne Probleme bis in die vordersten Reihen laufen. Dort war dann auch der Ton wesentlich besser und klang nicht mehr so wie eine Kartoffelkiste, die die Kellertreppe herunterfällt. Die Band selbst lieferte eine gute Performance ab und spätestens beim Ruf „ Ich bin ein blutrünstiges Mädchen!“ gingen alle mit und applaudierten.

Diorama (Susann Lucas)
Torben Wendt gründete Diorama bereits 1996 und durfte bereits 2000 als Vorband von Diary of Dreams auftreten. Im Jahr 2001 stieß Felix Marc zur Band hinzu ebenso wie 2002 Bernhard le Sigue. In den darauf folgenden Jahren tourten sie unter anderem wieder mit Diary of Dreams und VNV Nation. Seit 2005 spielen sie auch ihre eigenen Touren mit denen sie bis nach Russland große Erfolge feiern können. Der Auftritt von Diorama war für mich das Highlight des diesjährigen WGTs. Ich hatte mich die ganzen Tage auf den Auftritt von Torben Wendt gefreut und fand, dass dies ein fantastischer Festivalabschluss sein würde. So wie ich empfanden wohl auch viele andere. Denn der Felsenkeller war kurz vorm Auftritt brechend voll. Die Stimmung war schon beim Linecheck super und steigerte sich noch weiter. Bereits vom ersten Song an feierte das Publikum mit und kleinere Soundprobleme waren schnell behoben. Das hielt auch während des ganzen Konzertes an. Wie ich es schon gehofft hatte, so war dies wirklich ein fantastisches Ende des Festivals – auch wenn Diorama sich selbst als Rausschmeißer bezeichneten.

Party-Hopping nach den Konzerten

Party im Täubchenthal – ‚Unknown Pleasures vs. Horror Highschool‘ (Linda Jane)
Wie sagte ich so schön über die Party am Samstag im Täubchental: „Das Täubchenthal ist eine sehr schöne Location, mit einer wirklich großen Tanzfläche, die Anlage hält selbst dem Post Punk stand und das Tresenpersonal ist sehr freundlich. Mich persönlich hat und wird das Täubchenthal öfters als Besucher empfangen.“ Und zack da steh ich wieder mittendrin, dieses Mal bei einer Party die aus zwei Partyreihen besteht. Die ‚Unknown Pleasures‘ aus Bremen mit A.I. & Slow Puls Boy und der ‚Horror Highschool‘ aus Mainz mit René & Tino. Es gab Wave, Minimal, Batcave, Post Punk, NDW, Electro, EBM, Gothic Rock, 80s, Folk Noir und Verwantes. Auch dieses Mal war das Täubchental sehr gut besucht und die Hälfte der Besucher waren sehr hübsch anzusehen von Ihrem Kleidungsstil her. Eine Mischung aus Gothic, Punk und viel Individualität. Beim Tanzen war alles vertreten, der typische Gothictanzstil zu Electroklängen/EBM über den Tanzflummy der stilsicher die ganze Tanzfläche benutzte ohne Jemanden zu verärgern oder zu stören der grad wie in Trance tanzte. Wenn einem die Musik mal nicht so zusprach oder man sich unterhalten wollte, konnte man sich in den Innenhof zurück ziehen der wie ein Beach Club aussah und dort in Liegestühlen chillen. Josie und ich haben selbstverständlich auch das für euch getestet und mit 1+ bewertet. Als dann gegen 4 Uhr auch noch Fever Ray mit ‚Keep the streets empty for me‘ gespielt wurde war ich restlos verliebt. Eigentlich wäre es der perfekte Abend und WGT Abschluss gewesen, aber wir wären ja nicht wir, wenn wir nicht nochmal bei der Abschlussparty in der Moritzbastei vorbeigeschaut hätten.

Abschlussparty in der Moritzbastei (Josie Leopold)
Letzter Abend, letzte Party – wo geht’s hin? Natürlich in die MB! Okay, eigentlich waren wir nur auf der Suche nach etwas Essbarem, was sich um 4 Uhr morgens dann doch etwas schwierig gestaltete. Auf dem Electrofloor lief diesmal irgendwas zwischen Krach, Techno und unbekannten Melodien. Der Saal war trotzdem gut besucht, wir selbst aber schon zu müde, um noch richtig zu tanzen und so haben wir einfach mal die Leute beobachtet. Da gab es den wild umher hüpfenden EBM-er, die Frau mit den weißblonden Haaren und der Sonnenbrille im Club, die Ausdruckstänzerin im weißen, blutbeschmierten Kleid und mein Highlight: den niedlichen Typen, im Rummelsnuff-Shirt, der sich selbst und die Welt an diesem Abend ziemlich lieb hatte und das Grinsen nicht aus dem Gesicht bekam. Eine Abschlussrunde im Sitzbereich der Moritzbastei haben wir uns dann auch noch gegönnt und haben uns dann bei Sonnenaufgang zurück ins Bett begeben.

Fazit des Wave-Gotik-Treffens 2015:
Irgendwie hielt sich das komplette Festivalwochenende die Diskussion, ob denn weniger Besucher als in den Vorjahren anwesend wären. Komplett versperrte Wege blieben genauso aus wie übervolle Straßenbahnen. Das Wetter war einwandfrei und auch auf die Liebhaber fleischloser Kost wurde bei den Essensständen Rücksicht genommen. Die Bandauswahl fand ich persönlich nur teilweise befriedigend, die Soundeinstellungen dafür in Vergleich zu den Vorjahren wirklich gut. Vielleicht sollte man das Trinkpäckchenverbot noch einmal überdenken und die Lesungen in größere Räumlichkeiten verlegen. Gemecker gibt es immer, besser machen können es wohl die Wenigsten. Jemand hat mich an diesem Wochenende darauf hingewiesen, dass es ja auch „Treffen“ und nicht „Festival“ heißt und vielleicht sollte man es einfach auch als genau das betrachten: Als Treffen und Zusammenkommen mit Gleichgesinnten. Dazu gehören die als „Verkleidete“ bezeichnete, genauso wie der Kerl, der nackt an der Agra mit einem Glöckchen um seine Genitalien steht, der Cybertyp im Plüschfummel, die Batcaver (die ich insgeheim um ihre Frisuren beneide), die Musiker, die Organisatoren, die Security, ja selbst der Straßenbahnfahrer und die Fotografen, die wohl in diesem Jahr besonders aufdringlich und unverschämt gewesen sein sollen. Ich persönlich habe selten so ein stressfreies Konzertwochenende (so nenne ich das einfach) gehabt und so viel Zeit mit lieben Menschen verbringen können wie an diesem WGT. Wenn ich nicht schon in Leipzig wohnen würde, würde ich wohl auf jeden Fall wieder kommen, denn die Besucher wissen sich zu benehmen. Der Müll aus den Parks findet nach dem Picknick seinen Weg in den Mülleimer, es wird nicht gepöbelt und geschubst und es herrscht selbst bei der härtesten EBM-Band im Publikum eine gewisse Grundfriedlichkeit, die ich bei anderen Festivals durchaus vermisse.

Hier geht’s zum ersten Teil des WGT-Berichts

Josie Leopold

Ich bin die kleine Schnatterschnute vom Dienst: bunt, glitzernd, voller verrückter Ideen. Wenn ich nicht gerade Interviews führe, Beiträge verfasse oder versuche Wordpress davon zu überzeugen doch bitte nett mit mir zu sein, versuche ich die Welt ein bisschen besser und bunter zu machen.

3 Kommentare

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  1. Sehr gut!

    Toller Bericht! Ich habe das WGT genauso empfunden. :-)

  2. Klasse Berichterstattung da leider nicht da-Danke!

Kommentare sind geschlossen.

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