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Review: Trentemøller – Memoria

Anders Trentemøller macht sich immer viele Gedanken, wenn er ein neues Album aufnimmt. Ein echter Albumkünstler eben. Und das hört man dem fertigen Produkt dann auch an. Ihr ahnt es bereits: Auch sein sechstes Album ist wieder großartig geworden.

Beim Vorgänger „Obverse“ hatte der Däne sich ja kurzfristig gegen seinen Plan entschieden, das Album rein instrumental aufzunehmen, und so kamen dann doch wieder verschiedene Gaststimmen zum Zuge. Dieses Mal war früh klar, dass es Gesang geben sollte – allerdings ausschließlich von seiner Partnerin Lisbet Fritze. Was aber neu und worauf Anders sehr stolz ist, wie man im persönlichen Gespräch mit ihm merkt (mehr dazu demnächst): Auch die Gesangsmelodien und Texte stammen dieses Mal allesamt von ihm.

Memoria“, also Erinnerung, ist einer der fünf Kanons der klassischen Rhetorik. Neben Inventio (Erfindung), Dispositio (Anordnung), Elocutio (Stil) und Actio (Lieferung/Vortrag). Schlag nach bei Cicero (dem alten Römer, nicht der seltsamen Zeitschrift). Aber keine Sorge, Anders hat uns verraten, dass er auch diesen Albumtitel erst kurz vor der Deadline gefunden hat – man kann das Album also auch problemlos ohne philosophischen Überbau genießen.

Und ein Album wie dieses sollte in der vorgesehenen Trackorder gehört werden, die 72 Minuten bilden nämlich wie immer bei diesem Musiker einen durchdachten Bogen. Als Belohnung vergisst man für diese Zeit die Welt da draußen, und das ist derzeit sicherlich ganz angenehm.

Los geht es daher mit „Veil Of White“, das den Hörer mit langsamen Shoegaze-Sounds, unaufrdinglicher Gitarre und fast mit dem Hintergrund verschmelzenden Vocals sanft in den Sound hineinzieht. Mit „No More Kissing In The Rain“ folgt ein deutlich direkteres Stück, eine echte Single. Lisbets verträumter Gesang, ein umarmender Refrain, und irgendwie hebt sich trotz düsteren Textes („Is this the end of everything? Maybe it’s time to tear it all apart“) die Stimmung.

Die folgenden Instrumentals „Darklands“ und „Glow“ vertiefen geschickt die Trance, in die man sich mittlerweile fast wohlig gebettet fühlt. Das erste Albumdrittel endet mit einsetzenden Beats und geht über in die umwerfende erste Vorabsingle „In The Gloaming“. Dieser markante Synthie bleibt lange haften.

Anschließend ist aber erstmal (für drei Tracks) Schluss mit Gesang. Trentemøller lässt die Atmosphäre ihre Wirkung entfalten. „The Rise“ wabert zwei Minuten umher, um dann mit saftigen Beats und Synthies zu überraschen und mit „When The Sun Explodes“ in die 70er und den Krautrock zu entschweben. Doch dann ein Tiefschlag mit der Bassgitarre, und „Dead Or Alive“ bricht punkig lärmend durchs Unterholz. Ja, beunruhigenden Noise kann er auch immer noch.

Puh, da müssen wir erstmal durchatmen. Gut, dass Lisbet Fritze wieder da ist und uns erdet. Irgendwo in diesem Stadium zwischen Nacht und Tag. „All Too Soon“.

Damit ist das letzte Drittel erreicht. Jetzt geht es wieder instrumental in die Entschleunigung, und mit „A Summer’s Empty Room“ auch auf einen kurzen Besuch nach Twin Peaks. Die „Swaying Pine Trees“ hingegen schwenken ihre bekronten Häupter zu einem hübschen Retro-Synthie-Sound. Nachdem ein „Drifting Star“ entspannt vorbeigezogen ist, kehrt Frau Fritze doch noch einmal ans Mikrofon zurück, um „Like A Daydream“ zu verschönern. Was übrigens auch ein passender Albumtitel gewesen wäre. Denn diese wunderbare Platte wird (der Titel des letzten Tracks – „Linger“ – passt schon wieder perfekt) im Herzen des Fans verweilen, sehr lange hoffentlich.

Depechemode.de-Wertung:
★★★★★ (4.5/5)

„Trentemøller – Memoria“ bestellen:

PS: Trentemøller live:

09.04. CH – Lausanne (Les Docks)

14.04. CH – Zürich (Kaufleuten)

30.08. Leipzig (Täubchenthal)

31.08. Berlin (Astra)

www.trentemoller.com

trentemoller.bandcamp.com

www.facebook.com/trentemoller

Thomas Bästlein

Thomas Bästlein schreibt (früher unter dem Spitznamen Addison) seit Anfang 2007 für depechemode.de. Hauptberuflich arbeitet er im öffentlichen Dienst. Du kannst Thomas online bei Facebook treffen.

3 Kommentare

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  1. Der Berührungspunkt zwischen Trentemöller und Depeche war ja hauptsächlich während der SotU-Ära – und so klingt die Musik halt auch. Ich finde es schon gut gemacht, aber es ist halt nicht so mein Fall – irgendwie zu unkonturiert, zu dronig – aber in der richtigen Situation/Stimmung kann schon sein dass es total passt und sich plötztlich wie die beste Sache der Welt anhört.
    „Schlecht“ finde ich es jedenfall auf keinen Fall – mir persönlich ist es nur irgendwie zu unkonkret.

  2. Dünnes Stimmchen ohne Ausdruck – dazu noch schlecht abgemischt – viel zu verhallt- lässt den Track vor sich hin plätschern ….

  3. Fand schon mal Sachen gut von ihm…

    … aber das neue Album plätschert aus meiner Sicht dahin, ich hatte absolut kein Vergnügen beim Hören. Aber so unterschiedlich kann der Eindruck sein.

Kommentare sind geschlossen.

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