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Meisterschüler des Synthiepop

Review: Nation Of Language – Strange Disciple

Bevor der September ganz verschwindet – und der Sommer mit ihm, obwohl, so genau weiß man das ja heutzutage nicht –, wird es höchste Zeit für ein neues Album des Monats. Die Auswahl im Monat Nummer neun aus 2023 war groß (mehr zu weiteren Highlights demnächst). Doch der Gewinner war dann trotzdem klar: die Band mit dem schönsten Synthiepop der letzten Jahre.

Für die Vorgeschichte verweisen wir auf die Rezension des fabelhaften Vorgängers „A Way Forward“ und ergänzen nur, dass Sänger und Komponist Ian Richard Devaney (hier findet ihr unser Interview mit ihm) und Keyboarderin Aidan Noell mittlerweile von Alex MacKay am Bass begleitet werden, der Michael Sue-Poy ersetzt. Doch was gibt es sonst Neues? Haben sie es etwa gewagt, für das dritte Album an ihrem markanten New-Wave-Sound zwischen frühen OMD, ebenfalls frühen New Order und Referenzgrößen von Kraftwerk bis Neu! zu rütteln?

Zur Beruhigung der stetig wachsenden Fanschar darf gesagt werden: haben sie nicht. Doch trotzdem herrscht kein Stillstand in der Entwicklung, denn Nation Of Language bekommen es erneut hin, trotz grundsätzlichen Retrosounds modern und immer wieder frisch zu klingen. Und das will etwas heißen, gerade auch im Fach Synthiepop, unzählige Beispiele der Szenevergangenheit können das bezeugen. Aber wir werfen jetzt nicht mit Namen um uns (Vorsatz: mehr Positivität). Stattdessen tauchen wir tiefer ein in „Strange Disciples“.

Das zu Beginn mit „Weak In Your Light“ gleich mal die großen Urväter aus Düsseldorf heraufbeschwört und sofort in eine angenehm halbdunkle Atmosphäre zieht. Deutlich poppiger geht es mit „Sole Obsession“ weiter, aus dessen Text auch der Albumtitel stammt. Okay, OMD wurden jetzt als Referenz oft genug genannt, aber hier sollte unbedingt der erneut als Produzent fungierende Nick Millhiser erwähnt werden, dessen Einfluss nicht zu unterschätzen ist. Was sowohl den typischen DFA-Labelklang (LCD Soundsystem, The Juan MacLean u. v. a.) als auch den seiner eigenen Band Holy Ghost! in den Mix bringt.

Spätestens mit dem betörenden „Surely I Can’t Wait“ ist es dann endgültig höchste Zeit für Gänsehaut. Schön, dass solche Melodien heute noch geschrieben werden. Und es geht weiter von Highlight zu Highlight. „Swimming In The Shallow Sea“ läuft erst in gemächlichem Tempo dahin, hinterlässt dann aber mit einem herrlichen Synthesizer seinen Ahaeffekt. Devaney & Co. beherrschen das Thema Albumdramaturgie perfekt, darum wird das Tanzbein danach wieder schneller bewegt – mit dem völlig zu Recht als Single ausgewählten „Too Much, Enough“, das inhaltlich elegant mit wenigen Worten düstere Aspekte der letzten Jahre beleuchtet, aber auch auf Zwischenmenschliches angewandt werden kann.

Und das war erstmal die A-Seite. Der die B-Seite kein Stück nachsteht. Obwohl der Sound konsequent niemals überladen wird, findet die Band immer wieder unterschiedliche Ansätze, kleine Elemente einzubauen – wie das Quietschen in „Spare Me The Decision“ oder den nach zweieinhalb Minuten in „Sightseer“ hineinorgelnden Sonnenaufgang.

Mit dem von einem lässigen Post-Punk-Bass angetriebenen „Stumbling Still“ hat man auch noch einen fetten Überflieger ins hintere Drittel gepackt. Weil man es kann. Und auch die finalen beiden Fünfminüter und somit längsten Stücke der Platte – das melancholisch um einen cleveren Rhythmus gebaute „A New Goodbye“ und die schillernde New-Order-Referenz „I Will Never Learn“ – lassen keinen anderen Schluss zu als diesen: klarer Kandidat für die Spitzengruppe bei den Alben des Jahres!

Depechemode.de-Wertung:
★★★★★ (5/5)

Nation Of Language – Strange Disciple bestellen:

www.nationoflanguage.com

www.facebook.com/nationoflanguage

Thomas Bästlein

Thomas Bästlein schreibt (früher unter dem Spitznamen Addison) seit Anfang 2007 für depechemode.de. Hauptberuflich arbeitet er im öffentlichen Dienst. Du kannst Thomas online bei Facebook treffen.

1 Kommentar

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  1. Geniale Band

    Ich kann der Bewertung des Albums nur voll und ganz zustimmen. Einen dermaßen frischen , und zugleich atmosphärischen Sound hab ich schon lange nicht mehr gehört.
    Auch die beiden Vorgängeralben …… einfach Gänsehaut pur. Ich liebe diese Band. Und
    letzte Woche live in Köln , Gebäude 9 , was soll ich sagen , der Hammer. Super Location.
    Super Sound . Gerne wieder.
    Läuft bei mir momentan häufiger , als Depeche Mode .

Kommentare sind geschlossen.

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