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Querbeats – Roundup September 2021

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Auf in die letzte Woche mit Rückblicken aufs Vorjahr! Von September bis November konnte man über die Menge interessanter Veröffentlichungen nicht meckern. Wir haben mal die Rosinen zu picken versucht. Im September mit Odd Beholder, Sneaker Pimps, Martina Topley-Bird, Julian Stetter, Boys Noize, Public Service Broadcasting, Native Soul und Zeromancer.


Daniela Weinmann, die wir als Odd Beholder zunächst von ihrem Tour-Support für die Hundreds und dann von ihrem tollen Debüt kennen, hat mit „Sunny Bay“ ihr zweites Album veröffentlicht. Darauf bleibt sie ihrem melancholischen Electropop treu. Inhaltlich geht es nach den Abgründen der digitalen Welten nun der Natur und dem rücksichtlosen Umgang mit ihr an den Kragen. Sonnig ist hier außer dem Albumtitel nicht so viel. Außer der Freude an den schönen Melodien, die die Synthies bei aller Dunkelheit erstrahlen lassen.


Na hoppla, das war ja eine Überraschung (und mangels Promotion auch eine, die viele kaum mitbekommen haben)! Nach fast 20 Jahren gab es plötzlich ein neues Album der Sneaker Pimps. Dabei hatte man sich doch schon damit abgefunden, dass Chris Corner mit IAMX ausgelastet ist. Doch die Wiederbelebung der alten Band war eine gute Idee, denn ehrlich gesagt stellt „Squaring The Circle“ die IAMX-Veröffentlichungen der letzten Jahre (ca. alles seit dem tollen „Metanoia“ von 2015) klar in den Schatten. Simonne Jones, die neue weibliche Stimme, die man auf reichlich der Hälfte der Songs hört, ergänzt Corner perfekt. Der synthiegetriebene Trip Hop funktioniert, und die Songs sind einfach stark.


Apropos Trip Hop: Auch Martina Topley-Bird ist nach längerer Pause wieder da. Die Exfrau und -muse von Tricky und wiederholte Massive-Attack-Kollaborateurin verarbeitet auf „Forever I Wait“ u. a. schwere Schicksalsschläge (ihre und Trickys Tochter beging vor ein paar Jahren Selbstmord) – und klingt dabei größtenteils trotzdem positiv, das muss man erstmal schaffen. Und sie klingt eben nach perfektem Trip Hop. Robert „3D“ Del Naja war – neben weiteren namhaften Produzenten – an mehreren Stücken beteiligt, auch das hört man. Aber das Hauptlob gehört der Künstlerin. Das fließt und brummt so wundervoll deep dahin wie damals in den 90ern. Traumhaft!


Im Juli-/August-Rückblick hatten wir bereits den umtriebigen Aydo Abay dabei. Und hier ist er gleich nochmal, denn er leiht der Hälfte dieser ansonsten instrumentalen Tracks seine unverkennbare Stimme. Aber auch Julian Stetter ist kein Unbekannter, vor ein paar Jahren erfreute er uns mit seiner Band Vimes, ansonsten ist er viel als DJ unterwegs. Hier sind seine Sounds oft zurückhaltend und nur manchmal tanzbar. Aber dafür entwickelt „Sky Without Colours“ seinen eigenen, den Kollegen von Yeah But No nicht ganz unähnlichen Flow.


Zu „+/-“, der neuen Basswalze von Boys Noize könnt ihr hier unsere Review nachlesen.


Jetzt noch ein besonderer Leckerbissen. Public Service Broadcasting entziehen sich gängigen Kategorisierungen. Sind die Briten nun Synthiepopper, Artrocker oder Konzeptkünstler? Letzteres in jedem Falle. Man wühlt sich durch Archive, sampelt aus den unterschiedlichsten Quellen und baut dann Alben zu Themen wie Raumfahrt, walisischem Kohlebergbau oder – wie nun auf „Bright Magic“ – der Großstadt Berlin. Ein Album wie eine einzige Hommage an: Kraftwerk. Metropolis. Bowie in Berlin. Die 20er. Architektur. Mit Blixa Bargeld, Nina Hoss, Eera und anderen. Und einem Credit für Martin L. Gore (wer „People, Let’s Dance“ genau hört, erkennt den verwendeten Songteil bestimmt.


Okay, an spannender Musik aus Afrika entgeht uns hier in Europa sicher regelmäßig so manches. Aber wir bemühen uns. Das ganz heiße Ding in Südafrika soll beispielsweise Amapiano sein, die neueste Spielart des dort sehr beliebten House. Zwei blutjunge (18 und 19 Jahre alte) Produzenten spielen ganz vorne mit. Zakhele Mhlanga und Kgothatso Tshabalala nennen sich Native Soul und knallen uns auf ihren „Teenage Dreams“ fast 90 Minuten saftiger Beats um die Ohren. Wie ein fettes DJ-Set, das auch im Techno-Mekka zwischen Warschauer Brücke und Ostbahnhof funktionieren würde.


Na huch, Zeromancer gibt’s ja auch noch. Der Autor gibt zu, sie nach Begeisterung für die ersten Alben (also um die Jahrtausendwende) und ein paar späteren, eher mittelmäßigen Platten nicht mehr auf dem Schirm gehabt zu haben. Doch für „Orchestra Of Knives“ graben wir doch mal das alte Rezensionsklischee „… melden sich zurück“ auf. Die Norweger zeigen sich sichtlich gereift, lassen frühere Albernheiten beiseite und konzentrieren sich auf einen druckvollen Electro-Rock-Sound, der plötzlich gar nicht mehr so weit weg vom weiter oben erwähnten Kollegen Corner ist.


Alben von Odd Beholder, Public Service Broadcasting oder anderen dieser Künstler bestellen:

Thomas Bästlein

Thomas Bästlein schreibt (früher unter dem Spitznamen Addison) seit Anfang 2007 für depechemode.de. Hauptberuflich arbeitet er im öffentlichen Dienst. Du kannst Thomas online bei Facebook treffen.

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