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Im Soundcheck: London Grammar, Algiers und Andreas Dorau

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Heute im Testlabor: Drei bären- oder auch schwyänenstarke Alben, zu denen wir euch in den letzten Wochen bereits hoffentlich aufschlussreiche Interviews geboten haben. Doch die Bewertung der Musik soll ja zwischen all den tiefschürfenden Gesprächen nicht vergessen werden.


Wer London Grammar einmal live gesehen hat, wird diese Band nicht wieder vergessen. Denn Hannah Reid ist definitiv eine Sängerin, die den Hörer mit ihrer Stimme auch ohne irgendwelches Brimborium drumherum komplett in Dauergänsehaut versetzen kann. Das wird auf dem zweiten Album mit dem eröffnenden „Rooting For You“ auch sogleich geschickt unterstrichen.

Doch Reid und ihre Bandkollegen Dot Major und Dan Rothman sind außerdem auch Freunde eines kraftvollen Sounds zwischen Trip Hop, R’n’B, Indie und und weiteren Einflüssen, die kunstvoll in der Albumdramaturgie verknüpft werden und mit etwas weniger The xx noch eigenständiger als beim Debüt wirken. Und ein Könner wie Jon Hopkins schadet auch nicht, auch wenn er nur beim großartigen „Big Picture“ an den Reglern saß.

Aber Paul Epworth (der große Teile der anderen Stücke produzierte) ist ja auch kein geringer Name. So erschafft man auf dem Weg zum intensiven Titelsongfinale von „Truth Is A Beautiful Thing“ weitere Höhepunkte und potentielle Herzenstracks für die Fans wie „Oh Woman Oh Man“, das episch anschwellende „Hell To The Liars“ oder Hannahs Lieblingsstück (siehe: unser Interview), das verträumte „Leave The War With Me“. – 9 von 10 Gänsehautmomenten

P.S. Live unbedingt zu empfehlen: 25.11. Köln, 28.11. Hamburg, 08.12. Stuttgart, 09.12. München



Die Band Algiers aus Atlanta müssen wir euch ja nicht mehr vorstellen, da die meisten sie als Support von Depeche Mode gesehen haben dürften, oder? Wobei, die Urgewalt dieser Band erlebt man sicherlich besser bei einem kleinen Clubkonzert. Oder auf einem Album wie „The Underside Of Power“. Kein Wunder, dass Mr. Gahan ein Riesenfan ist.

Dass diese Band keine Gefangenen macht, springt einem gleich wie eine Raubkatze (sic!) entgegen, wenn Frontmann Franklin vom Anbeginn von „Walk Like A Panther“ um sein, euer, unser aller Leben singt. Was für eine Stimme! Dass sie bei diesem Album den Hörer sofort mit ihrer Dynamik packen wollten, bestätigen Algiers in unserem Interview – und das gelingt ihnen auch. Lee Tesche und Ryan Mahan wirbeln an den Instrumenten, Matt Tong haut auf die Drums, wie er das bei Bloc Party längst nicht mehr tun darf, und Fisher drückt alles an die Wand.

Zusätzlicher Trumpf ist Adrian Utley. Der Portishead-Mann spielt ein paar Gerätschaften und produziert das Album ordentlich druckvoll, aber auch vielschichtig. Ob es elektronisch donnert wie in „Cry Of The Martyrs“, mit ordentlich Wut im Bauch groovt wie im Titelsong oder auch mal fast nur auf Tastenbegleitung reduziert daherkommt wie in „Mme Rieux“, dieses Album lässt keinen ungerührt. Und da haben wir noch gar nicht über Politik und die (wichtigen!) Inhalte gesprochen. – 8 von 10 Vorschlaghämmern



Nun aber zu den eingangs erwähnten Schwyänen. Gepröte oder Gachs hätten auch zur hybriden Auswahl für das kunstvolle Cover des neuen Opus Magnum von Andreas Dorau gestanden, in dem er uns gleich auf Doppelalbumslänge 20 (!) Geschichten unter dem Motto „Die Liebe und der Ärger der Anderen“ erzählt.

Wobei der Titel natürlich kaum auch nur ansatzweise den Umfang der Fantasie der Texte Doraus erfasst, der definitiv einer der größten deutschsprachigen Poptexter ist, gleich neben den Herren Licht, Regener und Urlaub (jawohl!). Da geht es um einen überfahrenen Hitler („Ein trauriger Tag“), um Bayern, die einen Ostdeutschen mit Wassergetier verprügeln („Ossi mit Schwan“, unglaublicherweise auf einem tatsächlichen Vorkommnis basierend und jaja, hier hat beim Text Gast Carsten Friedrichs Großes vollbracht), um Doraus „Radiogesicht“, um nächtliche Erlebnisse mit bösen deutschen Autos („Ein Stern mit drei Zacken“), über Vor- und Nachteile von einem „Pseudonym“ und eben über alle Nebenwirkungen der Liebe.

Musikalisch arbeitete Dorau mit einer fabelhaften Liste guter Namen zusammen: T.Raumschmiere, Mense Reents, Stereo Total, Maurice Summen, Moses Schneider, Gysbert zu Knyphausen, Luca (Snap!) Ancelotti uvm.. Infolgedessen klingt das sehr vielseitig, mal mehr nach Doraupop (verstärkt auf CD1), mal mehr nach Doraudance (verstärkt auf CD2) – aber immer charttauglich, nicht nur in einer besseren Welt, sondern (in kleinen, aber erfreulichen Maßen) auch in echt. Und das war das Ziel (siehe auch: unser Interview). – 8 von 10 Liebesdosen

P.S. Auch Herr Dorau tourt: 30.09. Essen, 07.10. Münster, 14.10. Berlin (mit Stereo Total), 20.10. München (Staatsakt Labelabend), 10.11. Hamburg (15 Jahre Tapete Records), 24.11. Frankfurt, 25.11. Stuttgart


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Thomas Bästlein

Thomas Bästlein schreibt (früher unter dem Spitznamen Addison) seit Anfang 2007 für depechemode.de. Hauptberuflich arbeitet er im öffentlichen Dienst. Du kannst Thomas online bei Facebook treffen.

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