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Amphi 2016: Rückkehr in den Tanzbrunnen absolut gelungen

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Im vergangenen Jahr gab es ja einige Diskussionen, weil das Amphi-Festival nicht wie gewohnt im Tanzbrunnen stattfand. In diesem Jahr ist das Festival heimgekehrt und seine Besucher waren mehr als erfreut über die neue (alte) Location. Neben der Hauptbühne und einer Bühne im Theater, gab es dieses Jahr auch eine Bühne auf dem Schiff. Musik direkt auf dem Wasser sozusagen. Das Wetter war kuschelig warm mit ab und zu ein paar Regentropfen, hier und da die Warteschlage zu lang aber wohl im Gesamtfazit einfach mal alles etwas entspannter als bei der Veranstaltung im Vorjahr. Was eine Mischung aus guter Musik, gutem Wetter und gewohnter Umgebung so alles ausrichten kann, ist zauberhaft, oder? Gern hätte ich dem jungen Menschen, der beim Wave Gotik Treffen-Bericht so unentspannt war, die Chance gegeben, sich an diesem Bericht zu beteiligen. Gemeldet hat er sich aber nicht und so bestehen nachfolgende Zeilen aus den Erlebnissen von mir, unserem Neuzugang Alex Licornis und denen unseres Fotografen Frank Güthoff.  (Josie Leopold)

Samstag

Die erste Band, die am Samstag auf dem Pflichtprogramm stand, waren Lebanon Hanover, die auf dem Wasser auftraten. Als Geheimtipp, der bei der vorherrschenden Enge auf der MS RheinEnergie dann doch nicht sooo geheim war, wurde das Duo gehandelt. Laurissa Iceglass und William Maybelline hatten es ehrlich gesagt bei der Umgebung relativ schwer zu überzeugen. Tageslicht und verhältnismässig leiser Sound ist nichts für diese Band. Trotz ungünstiger Umstände aber reichte es mir um mich auf eine Solotour zu freuen. (Frank Güthoff)

Nach einer kurzen Verschnaufpause am Rhein ging es dann ab in die höllenlange Warteschlange am Theater, um Aesthetic Perfection zu gucken. Nach einigen Einlass-und Auslassschwierigkeiten und ein wenig Chaos, hatte ich das Glück sogar noch Spetsnaz sehen zu können. Die mit ihren gewohnt gestählten und perfekten Körpern (ihr wisst schon, was ich meine ;) ) zu einer Runde EBM-Schwitzen am Nachmittag geladen hatten. Wer sie noch nie live gesehen hat, sollte das dringend tun. Allein die Zwischenansagen sind es Wert, die Nordeuropäer einmal gesehen zu haben und ihr Humor ist einfach unschlagbar. (Josie Leopold)

Eine Umbaupause und Whats-App-Gejammer der Freunde aus der Warteschlange später, dass sie vielleicht gar nicht eingelassen werden, weil die Schlange schon so lang ist, ging es mit Daniel Graves und Aesthetic Perfection weiter. Vorgestellt wurde auch die neue Single „LAX“, die kräftig reinknallt und neben „Antibody“ wohl zur neuen Mitsinghymne avancieren dürfte. Der Auftritt war nicht nur vom Sound her besser als der beim Wave Gotik Treffen, sondern auch von der Publikumsbeteiligung. Ich glaube, ich habe noch nie so geschwitzt bei einem Konzert. Durchhüpfen bis zum letzten Takt zu EBM-Pop zählt als Sport, oder? Ein seltsam tanzender Mitmensch schräg vor mir erheiterte mich und einige umliegende Gäste und bekam wohl aufgrund seines ausladenden Tanzes gar nicht so viel vom Konzert mit. Schade eigentlich. (Josie Leopold)

Für viele sicherlich einer der Highlights des diesjährigen Amphi Festival war Peter Heppner. Seit 2008 auf Solopfaden unterwegs begeistert die ehemalige Stimme Wolfsheims immer noch ungebremst Zuhörer aus allen möglichen Genres. Vor der gut besuchten Open-Air Bühne bei bestem Wetter stand nun der in Würde ergraute Herr Heppner vor seinem Notenständer und gab eine Mischung aus Solo- und Wolfsheimsongs mit einer gut abgestimmten Live-Band zum Besten. Selbst auf den Grünflächen die nicht direkt vor der Bühne lagen lauschte man seiner Stimme und tanzte sanft rum. (Frank Güthoff)
Nach Herrn Heppner luden Blutengel ein, ihren Klängen auf der Main Stage zu lauschen. Da ich zu diesem Zeitpunkt schon auf der Wiese saß und mir einen Drink genehmigte, blieb es meinerseits auch beim Hören. Musikalisch und textlich nicht mein Fall und das Textbingo, auf welches Substantiv sich die Lyrics nun wohl reimen würden, schossen mir nach dem dritten Song wieder in den Kopf. Kann man von halten, was man will. Muss man auch nicht mögen, aber die Fanbeteiligung vor der Hauptbühne sprach auch Minuten nach dem Auftritt für sich. Ob man Blutengel nun wirklich als Headliner hätte wählen sollen und ob nicht auch 50 Minuten Grufti-Clash gereicht hätten, fügte sich in die am Abend folgenden Diskussionen ein Hätte man vermutlich, aber geht man nach Bekanntheit und Fananzahl haben Chris Pohl und seine Mitstreiter wohl ihren Platz durchaus verdient. Über (Musik)-Geschmack lässt bekanntlich streiten. (Josie Leopold)

Sonntag

Nach dem ziemlich verregneten Amphisamstag, erbarmte sich der Wettergott am Sonntag und ließ das Tanzbrunnengelände in hellem Sonnenschein erstrahlen, unerwarteterweise. Von hier und da grummelte es, man hätte die Sonnencreme doch einpacken sollen. So einige suchten ein Plätzchen im Schatten, während Andere begeistert vor den verschiedenen Bühnen zu ihren Lieblingsbands abrockten. Auch der Sonntag hatte für Jeden etwas parat: von klassischem Goth wie Joachim Witt oder Beauty of Gemina über schwarzem Synth Pop wie Solar Fake und Covenant bis zu Industrial wie Suicide Commando und Faderhead. Über die Programmvielfalt konnte man sich wirklich nicht beklagen und so waren alle Bühnen meistens gut besucht. (Alex Licornis)

Ich gebe zu, wirklich aus dem Bett wollte ich an jenem Sonntag nicht. Da aber die Sonnenscheinchen von Beyond Obsession den Opener gaben und ich eine Dosis gute Laune gut gebrauchen konnte, habe ich mich blitzschnell fertig gemacht und bin losgedüst. Für den frühen Vormittag hatten sich auch schon reichlich viele Leute im Tanzbrunnen versammelt und feierten zu Songs wie “Tokyo Underground”. Lächelgarant Nils und ein gut gelaunter André gaben alles – inclusive Hörproben aus dem neuen Album, um von sich zu überzeugen. Auch der Martin Gore Song (ok, der hat ihn auch nur gecovert) “Never Turn Your Back On Mother Earth” wurde gespielt, die Textsicherheit der Anwesenden lag so im Mittelfeld, tat der Stimmung aber keinen Abbruch. (Josie Leopold)

Um kurz vor drei stürmten Solar Fake gutgelaunt und unter tosendem Fanapplaus die Main Stage. Sven Friedrich gehört seit mehr als einem Jahrzehnt zu einer Konstante der Gothicszene. Von daher ist es kaum verwunderlich, dass man sich wie bei einem Konzert zur Prime Time fühlt, denn wirklich alle singen und klatschen mit bei Solar Fake. Auch Andre Feller, der Keyboarder, hatte sichtlich Spaß beim Konzert, animierte fleißig die Fans und rockte so arg sein Keyboard, das mehrmals ein Techie kommen musste, um ihm mit seinem Headset zu helfen.  Die Setlist bestand aus einer guten Mischung aus Songs vom neuen Album “Another Manic Episode“ und alten Klassikern wie “Here I stand“, wo die Fans nochmals alles gaben und man das Gefühl hat, der ganze Tanzbrunnen singt mit. Dass der Hauptteil der Musik der Band hauptsächlich vom Band kam, war daher Nebensache, denn bei Solar Fake geht es um die Gefühle, die die Band in sich vereint. (Alex Licornis)

Die Steampunkszene wurde auf dem Amphi von der Berliner Formation Coppelius vertreten und vereint in sich die Liebe zu dem 19. Jahrhundert, die nunmal nicht so selten in der Gothicszene ist, da Nostalgie ein großer Bestandteil ihres Selbstverständnisses ist. Auch wenn man vielleicht dem Genre der Band, Heavy Metal mit klassischen Instrumenten vereint – Eigendefinition ,,Kammercore“ –  nicht viel abgewinnen kann, sollte man sich die Herren im Anzug einmal live anschauen. Eine pure Liebe zur Musik und Performance liegen in der Luft und die positive Energie färbte sofort auf das Publikum ab, das schnell in Schwung kam und fleißig mittanzte und mitsang. Kaum jemand zog ein schlechtgelauntes Gesicht, denn durch freudige Kommunikationen mit dem Publikum hatte man das Gefühl, Teil der Band zu sein. Als die Band nach gut 50 Minuten Spielzeit die Bühne des Theaters verlassen musste, hallten noch lange “Zugabe“-Rufe hinterher. (Alex Licornis)

Zum 20.jährigen Jubiläum der österreichischen Band gaben sich auch L’âme Immortelle auf dem Amphi mal wieder die Ehre. Alle die sich vor der Theaterbühne eingefunden hatten konnten so den sanften Tönen Sonja Kraushofers gemischt mit dem eher aggressiver Part Thomas Rainers lauschen. Neben ein paar technischen Problemen gab es eine gewohnt gute Show mit dem Focus auf Frau Kraushofer. (Frank Güthoff)

In anderen Szenen hochgefeiert, in der Gothicszene mit kritischem Auge betrachtet: schon im Voraus wurde darüber gesprochen, dass die Band Editors viel  zu poppig sei, nicht Teil des Szene wäre. Und dies wurde dann um viertel vor neun bestätigt. Noch nie war ein Abschlusskonzert des Amphis so schlecht besucht, zu Blutengel am vorigen Tag und Klassikern wie Covenant und Project Pitchfork hatten sich sichtlich mehr Leute unter die Schirme des Tanzbrunnens gesellt. Dabei war die Show der Editors wirklich nicht schlecht. Souverän betrat die Band die Bühne und zeigte ihr musikalisches Können. Man muss schon sagen, dass es ein wenig enttäuschend war, wie wenig Stimmung aufkam, trotz häufigen Animationen der Band. Da sollte die Szene wirklich mal über ihre Einstellung nachdenken, denn nur, weil etwas möglicherweise auch von anderen, nicht-schwarzen Menschen gehört wird, heißt das nicht automatisch, dass die Musik schlecht ist. Denn das kann man von den Editors wirklich nicht behaupten, die vor allem mit “Pappilon“ ein wunderschönes Lied komponiert haben, wo dann zum Schluß doch noch ein wenig Stimmung aufkam. Es hätte ein großartiges Abschlusskonzert werden können, wenn die Engstirnigkeit nicht gesiegt hätte. (Alex Licornis)

Fotos gibt es vom Amphi nicht so viele. Der Grund ist einfach: Wir waren als Schreibteam akkreditiert, Schreiberin Alex selbst nur als Gast am Sonntag anwesend und unser Fotograf hat lediglich Bilder aus dem Publikumsbereich bei Beyond Obsession und auf Wunsch von Solar Fake einige aus dem Fotograben geschossen.

Wer gern mal bei einem Festivalbericht mitschreiben möchte, der meldet sich unter josie@depechemode.de.
Falls ihr es bisher verpasst habt – unsere Electrosparte gibt es auch auf Facebook, da dürft ihr gern einen Daumen nach oben hinterlassen.

Josie Leopold

Ich bin die kleine Schnatterschnute vom Dienst: bunt, glitzernd, voller verrückter Ideen. Wenn ich nicht gerade Interviews führe, Beiträge verfasse oder versuche Wordpress davon zu überzeugen doch bitte nett mit mir zu sein, versuche ich die Welt ein bisschen besser und bunter zu machen.

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