Zehn Jahre Electronic Beats, da kann man schon mal etwas grรถรer feiern. Also lud man Anfang November ins stilvolle Ambiente des Berliner Radialsystems. Die Hauptattraktionen waren: The Human League, Roisin Murphy, Delphic und Bon Homme, ziemlich namhaft also.
Das Radialsystem am Spreeufer punktet gleich einmal mit seiner sehenswerten Backstein-Industriehallen-Optik, und die erfreuten Ohren stellen fest, dass in den gerรคumigen, hohen Hallen auch noch ein hervorragender Sound zum Tragen kommt. Da kann sich die nahe gelegene Mehrzweckhalle am Ostbahnhof mal ein Beispiel nehmen.
Das Warm-Up bestreitet Bon Homme, seines Zeichens Sรคnger der Dรคnen von WhoMadeWho. Die sind fรผr ihre durchtanzten Liveauftritte bekannt, und auch solo kann der Mann mit der Melone รผberzeugen. Seine eigenwillige Mischung aus DJ-Set, Live-Loops und melodischem Electro-Pop ist jedenfalls รคuรerst charmant โ und oben auf dem DJ-Pult tanzen auch nur wenige Protagonisten (aber das lรคsst sich noch steigern, dazu spรคter mehr).
Es folgen Delphic aus Manchester. Deren Debรผt โAcolyteโ setzte ja Anfang 2010 Akzente mit seiner gelungenen Mischung aus klassischen Popsongs und Clubsounds. Live haben die Herren noch stรคrker den Drang, die Stรผcke wie Tracks zu arrangieren, so dass ihr Auftritt, bis auf wenige Atempausen, fast wie ein geschlossenes Set wirkt. Dadurch braucht es manchmal einen Moment, bis man die Stรผcke erkennt, aber dafรผr werden ja immer rechtzeitig melodiรถse Hooks gesetzt.
Nun aber zum meist erwarteten Auftritt des Abends: The Human League! Jahaa, Phil Oakey und seine Damen sind wieder da. Anfang 2011 steht das neue Album โCredoโ an, das erste seit dem schmรคhlich unterschรคtzten โSecretsโ von 2001. Heute gibt es jedoch noch einmal einen fein ausgesuchten Ritt durch die Diskografie. Wobei gleich der Opener, zu dem Mr. Oakey, in einen eigenartigen Kaftan gehรผllt, die Bรผhne betritt, den Schwerpunkt vorgibt: โSecondsโ ist ein Song vom wohl besten, auf jeden Fall aber erfolgreichsten Album von โThe Human Leagueโ, โDareโ, welches nรคchstes Jahr erstaunliche 30 Jahre auf dem Buckel haben wird โ aber zeitlose Musik ist eben zeitlos. Und Schwerpunkt deshalb, weil โDareโ heute Abend gleich mit sechs Stรผcken vertreten ist. Von den sechzehn Songs, die zur Auffรผhrung gelangen, stammt fast ein Dutzend aus den 80ern, so ist das eben, wenn eine Band ihre Hรถhephase damals hatte. Aber Mr. Oakey zeigt, dass er noch ziemlich fit ist (unter dem Kaftan kommt bald ein sehr schlanker, schicker Anzug zum Vorschein), die 55 Jahre sieht man ihm kaum an. Die Damen, die ihn nun auch schon viele Jahre begleiten, Joanne Catherall und Susan Ann Sulley, sind ebenfalls ein wenig gereift, bekommen aber ihre Bรผhnenchoreografien noch bestens hin. Stimmlich gibt es an allen ohnehin nichts auszusetzen, und so lรคsst sich das Publikum โ alle Altersklassen รผbrigens โ immer mehr von der Hitsammlung begeistern. Ob das (ur-)alte Klassiker wie โEmpire State Humanโ oder das immer noch packende โThe Lebanonโ sind, etwas jรผngere wie โHeart Like A Wheelโ oder der einzige โSecretsโ-Vertreterโ โAll I Ever Wantedโ. Eine Weltpremiere gibt es zudem โ die neue Single โNight Peopleโ wird uraufgefรผhrt und lรคsst auf Gutes hoffen. Nach dem unsterblichen โDon’t You Want Meโ verlรคsst die Band die Bรผhne โ aber ohne die Zugabe โBeing Boiledโ geht natรผrlich nichts. Nach dem endgรผltigen Finale mit โTogether In Electric Dreamsโ sieht man viele strahlende Gesichter (darunter einige, die das vorher wohl eher nicht erwartet hatten).
Zum Abschluss ruft Roisin Murphy zur Party. Die als Rampensau bekannte Roisin ist jรผngst Mutter geworden und hat noch kein neues Bรผhnenprogramm am Start, legt aber dafรผr ein astreines DJ-Set nebst faszinierenden Video-Visuals aufs Parkett. Hier wird Techno mit AC/DC gekreuzt und generell ziemlich auf knallende Sounds gesetzt. Dazu eine Performance hinter, um und auf dem DJ-Pult, die ihres gleichensucht. Roisin tanzt, singt mit โ vor allem bei den eigenen Beitrรคgen wie โOverpoweredโ oder โYou Know Me Betterโ – und bringt vor allem die Jungs (aber vermutlich auch so manches Mรคdchen) in den vorderen Reihen schier um den Verstand. Sexy as hell, das muss man auch mal so sagen dรผrfen. Und nรคchstes Jahr bitte neue Musik!
(Addison)
P.S. Fรผr die Detailverliebten hier noch die Setlist von The Human League:
Seconds
The Lebanon
The Sound Of The Crowd
Open Your Heart
Heart Like A Wheel
Love Action (I Believe In Love)
Empire State Human
Night People
All I Ever Wanted
The Things That Dreams Are Made Of
Tell Me When
(Keep Feeling) Fascination
Mirror Man
Don’t You Want Me
—
Being Boiled
Together In Electric Dreams
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