Und wieder ist ein Monat vergangen, in dem sich so einige interessante Platten angesammelt haben, die wir hier schön übersichtlich in aller Kürze vorstellen wollen. Zwischen Electropop, Frickeleien, Indiepop und -rock und einigem nahezu Unbeschreiblichem ist wie immer viel in Bewegung.
Unsere Freunde von Kitsuné haben neben ihren gefeierten Maison Compilations ja kürzlich noch eine weitere Reihe mit schicker elektronischer Popmusik namens Parisien gestartet, die hier in Runde 2 geht. Darauf versammeln sich zahlreiche frische Namen, allesamt aus Frankreich, die in einigen Fällen demnächst in aller Ohr sein könnten. Wie z.B. Tomorrow’s World, das Nebenprojekt von Jean-Benoit Dunckel (Air) und Lou Hayter (New Young Pony Club). Oder Nameless (New Order in der Disco), BeautauCue (schon häufiger genannt, Zeit fürs Album), Exotica (spooky Synthiepop), Pyramid (herrliche Electrosounds) etc.. Viel Talent hier.
Mouse On Mars haben lange (sechs Jahre ist der Vorgänger her) für ihr neues Album gebraucht. „Parastrophics“ erscheint nun auf Monkeytown, dem Modeselektor-Label, und da haben sich wohl Brüder im Geiste gefunden. Noch ein bisschen verfrickelter als bei den Berlinern geht es hier zu, aber auch tanzbarer als bei MoM früher. Wenn man es schafft, sich bei all den verrückten Sounds nicht die Beine zu verknoten. Denn da laufen irgendwie meistens mehrere Filme gleichzeitig ab. Für Soundfanatiker eine riesige Fundgrube, alle anderen sollten etwas Geduld mitbringen.
Hits wie „That’s Not My Name“ machten das Debüt vor vier Jahren zum frechen Vergnügen. Vor einiger Zeit sah man The Tings Tings als Support der Pet Shop Boys und hörte erste Proben des Nachfolgers. Klang gut, etwas poppiger, mehr Elektronik. Doch das fertige, in Berlin aufgenommene Album gefiel der Band nicht und es kam zum Neustart, dessen Ergebnis „Sounds From Nowheresville“ ist. Schade vielleicht. Denn das Album ist zwar gut, wirkt aber auch etwas konfus, wie es da zwischen knochentrockenem Rock a la The Kills und fluffigem Pop (Hit: „One By One“) etwas zu viele Stile vermischt. Macht trotzdem Spaß, aber da wäre mehr möglich gewesen.
Bei Mute tut sich ja so einiges nach der Rückkehr in die Unabhängigkeit. So findet man dort nun wieder Perlen wie den verschrobenen Indiepoprock von Big Deal. Englisches Mädchen, amerikanischer Junge, zwei Gitarren (mal mit mehr, mal mit weniger Strom und Verzerrung drauf), mehr braucht es auf „Lights Out“ nicht, um die Herzen der Hörerschaft zu erobern. Den Rest erledigen das starke Songwriting, der einfühlsame Duettgesang und die angenehm melancholische Stimmung, die sich durch dieses wunderschöne Debüt zieht.
Noch mehr von Mute, aber stilistisch ganz anders. Beth Jeans Houghton ist erst 21, klingt aber schon viel älter. Mit ihren Begleitern, The Hooves Of Destiny, und unter Produktion vom hier gut bekannten Ben Hillier hat sie ein schön schräges Debüt namens „Yours Truly, Cellophane Nose“ fabriziert, das man nirgendwo so richtig einordnen kann. Ist das Folk? Ansatzweise vielleicht, aber zum Glück viel zu opulent instrumentiert dafür. Kate-Bush-Elfenpop? Schon eher, aber auch das trifft es nur im Teil. Die Songs springen mit ihrer synästhetischen Interpretin in verrückten Kurven umher und bereiten einfach Freude.
Die Musik von Xiu Xiu entzieht sich seit jeher nahezu jeglicher Kategorisierung. Von den brutal-düster-psychopathischen Texten, die Jamie Stewart dazu verfasst, ganz zu schweigen. Zum Zehnjährigen gönnt er der Band und ihren Hörern mit „Always“ das bislang wohl eingängigste Album. Landet mit „Hi“ einen herrlich (synthie-)poppigen Start, legt mit „Honey Suckle“ noch einen elektronischen Hit drauf – und schockt kurz darauf dann doch mit wildem Lärm. In der zweiten Hälfte bricht der Wahnsinn sich noch öfter Bahn, aber der Pop schimmert immer durch. Seltsam, aber auch spannend.
Auch in diesem Monat ist ein Ausflug ins von uns eher selten gestreifte Feld des Hip Hop dabei. Wenn es aber um eine so gute Platte wie das zweite Album von Speech Debelle geht, ist die Ausnahme gerechtfertigt. Mal ganz abgesehen von den deutlichen und politischen Texten, die Corynne Elliot in elegantem Flow von sich gibt, ist „Freedom Of Speech“ v.a. musikalisch eine vielseitige und spannende Angelegenheit, die weder auf Synthesizer oder programmierte Beats, noch auf diverse „echte“ Instrumente verzichtet und auch richtig poppige Qualitäten besitzt.
Wo wir gerade auf abseitigen Wegen wandeln, können wir auch gleich über The Asteroids Galaxy Tour reden. Die Dänen um Blickfang Mette Lindberg hatten auf ihrem Debütalbum mit ihrem eigenwilligen Space-Soul überzeugt und setzen nun – mittlerweile international dank eines sehr erfolgreichen Bier-Werbespots recht bekannt – mit dem Nachfolger „Out Of Frequency“ einen drauf. Nichts ist hier reduziert oder minimal, nein, die Bläser geben Vollgas, die Orgel orgelt, die Beats (gerne auch elektronisch discoid) schlagen zu und Mette singt bis zum Anschlag (was auch mal ins Quäkige rutschen kann). Ziel erfüllt, Spaß verbreitet.
Und zum Schluss noch was komplett Beklopptes. Die Antwoord, Südafrikas Rums-Bums-Techno-Party-Spinnertruppe hat mit „Ten$ion“ ihr zweites Album fertig. Für die Platte sollte man eher nicht nüchtern sein, sonst versteht man vielleicht den Witz nicht. Zwischen gezielt billigen Sounds aus der 90er Eurotrashkiste wird gerappt, gehüpft, gesungen, gefeiert und ge-sonstwast. Einiges nervt total, anderes lässt einen unwillkürlich grinsen und mitspringen. Am besten, man schaut sich das Ganze bei Gelegenheit mal live an, denn dafür ist es wie geschaffen.
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Danke, ...
… Addison! Ich mag diese Rubrik sehr. Kurz, knackig, informativ!