Wenn zwei Künstler wie Svein Berge und Torbjørn Brundtland sich nach einigen Jahren entschließen, doch noch einmal so etwas wie ein neues Album aufzunehmen, dann ist das längst nicht alles. Die „Profound Mysteries“ sind ein umfassenderes Konzept – wir durften exklusiv bei der Vorstellung in Oslo dabei sein. Und aufgelegt haben die beiden dann auch noch.
Oslo. April 2022. Landung am späten Vormittag. Was die wohl hier für ein Wetter haben? In Berlin war es bei Abreise mal wieder gewohnt grau und öde. Doch huch, hier strahlt die Sonne und die Temperaturen erreichen in den anderthalb Tagen, die der Autor hier verbringen darf, locker die 20-Grad-Grenze. Eine gute Gelegenheit, diese wunderschöne Stadt am Oslofjord per pedes zu erkunden.
Aber das soll ja hier kein Reiseführer werden (nur ganz kurz: ein Oslotrip ist absolut empfehlenswert), darum spulen wir gleich zum Abend und Ort des Geschehens vor. Zum Club Ingensteds im Brenneriveien im Szeneviertel Grünerløkka. Draußen bunte Graffitis an den Wänden, direkt am Flüsschen Akerselva gelegen, drinnen dezenter Altbaucharme. Unten die Tanzfläche und das noch nicht besetzte DJ-Pult, oben auf der Empore warten die wesentlichen Dinge. Zwölf Monitore sind aufgebaut, und dort laufen die Filme zu „Profound Mysteries“.
Und nein, das sind keineswegs einfach nur Musikvideos. Röyksopp haben sich mit Bacon Films zusammengetan, einem skandinavischen Kollektiv begabter Filmregisseure, und zu jedem Track einen Kurzfilm in Auftrag gegeben, wobei sie den Beitrag zum Intro „Nothing (but Ashes)“ sogar selbst gedreht haben. Wenn man erst einmal begriffen hat, dass die Kürze der Filme zum Konzept gehört – einige sind ja kaum länger als eine Minute, aber das soll halt so – kann man sich in den mystischen Stimmungen, die sehr schön auf die Ausschnitte der zugehörigen Songs abgestimmt sind, verlieren.
Oder man träumt später von dem armen modernen Sysyphus, der in Marc Reisbigs „The Downfall“ von einem Riesen-Jo-Jo überrollt wird. Die Videos laufen schließlich den ganzen Abend in Dauerschleife.
Generell halten die Filme kunstvoll den Mysteryfaktor hoch. Und es kehren sogar alte Bekannte zurück – Martin de Thurah drehte mit Röyksopp schon das berühmte Video zu ihrem Hit „What Else Is There“. Hier lässt er einen parkinsongeplagten Priester eine „Conversation“ mit sich und/oder Gott führen, während Martin Werner in „Mycelium“ tatsächlich Elemente erwähnten Hitvideos aufgreift.
Selbst die beiden etwas längeren Filme von Martin Furze und Andreas Nilsson umfassen nur Ausschnitte des jeweiligen Songs (die Regisseure hatten völlig freie Hand, was Länge und Ausschnitt des verwendeten Materials angeht), und wir beobachten eine Sekte auf einem Golfplatz (armes Eichhörnchen!) bzw. Rätselhaftes zum Regal-Wortspiel „I Hate My Shelf“.
Traumtänzer, verlorene Roboter und Schuhe als Menschenfalle gibt es auch noch – die gesammelten Filme könnt ihr euch hier anschauen … Aber Moment, schrieb er nicht etwas von zwölf Monitoren? Jahaa, es gibt noch zwei weitere (bisher unveröffentlichte) Kurzfilme zu sehen, und die Sounds die man dazu hört, sind nicht auf dem Album enthalten, das Röyksopp-Jahr wird also weiter spannend bleiben.
Apropos Spannung: Irgendwann haben die Gäste sich natürlich an den Filmen sattgesehen und hoffen auf mehr. Und plötzlich stehen Svein und Torbjørn hinter dem DJ-Pult und die Musik wird aufgedreht. Erst machen alle Fotos, dann bildet sich ein lustiger Halbkreis, irgendwann fangen ein paar Hardcore-Fans an, herumzuspringen und schließlich genießen alle die lässig ineinander fließenden Tracks.
Vor allem auch die beiden Musiker selbst, man sieht, sie haben heute Abend Spaß (obwohl das ja hier auch durchaus Promoarbeit ist). Drei Stunden legen sie auf, von Kate Bush bis zu Abba, von tanzbarem Elektrogeknurpse bis zu klassischer Disco. Die haben es definitiv noch drauf – und es wird in diesem Jahr sicherlich noch mehr aus dem „Profound Mysteries“-Universum in unsere Welt hinüberschwappen, da dürfen wir alle gespannt bleiben.
PS: Eine detaillierte Beschäftigung mit dem zugehörigen Album selbst könnt ihr morgen bei uns lesen.
„Röyksopp – Profound Mysteries“ bestellen:
profoundmysteries.royksopp.com
Fotos: Houssam Laaour (Galerie 2 und 3), Thomas Bästlein (Galerie 1)
Der Sound selbst ganz cool , nur die piepisige Stimme ist ohne Ausdruck und dünn, macht das Ganze auf Dauer dann doch nur maximal durchschnittlich und eintönig.Sängerin austauschen gegen geile männliche Vocals , dann wäre es interessant für mich , so, nö – haut mich nicht vom Hocker und gesellt sich zu dem anderen Einheitsbrei. Echt komisch, dass so überhaupt nix Herauragendes mehr im Elektro Bereich zu finden ist…