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Das neue Album ist da

„Memento Mori“ Track by Track – ein Ersteindruck

In diesen Momenten hört die meisten von euch und uns endlich zum ersten Mal das neue Album von Depeche Mode. Wir wissen ja nicht, welchen Ritualen ihr dabei so frönt. Vielleicht ein gutes Glas Rotwein dazu? Unser ergänzender Vorschlag: Lest doch parallel mit, was unserem Autor beim Erstkontakt mit „Memento Mori“ in den Berliner Räumen von Columbia/Sony durch den Sinn ging, Track für Track.

Zur Erklärung: Das Album durfte kurz vor der Veröffentlichung einmal durchgehört werden (okay, die letzten drei Songs wurden auf Wunsch noch einmal wiederholt), zur absoluten Tiefenanalyse reicht das natürlich noch nicht. Die entwickeln wir alle erst in den nächsten Wochen und Monaten.

  1. My Cosmos Is Mine

Den Opener hat uns die Band ja schon vorab spendiert. Um gleich mal einen Kontrast zur ersten Single (siehe 3.) zu setzen. Ein Pulsschlag, Pfeifen, Zischen, Sirren ringsumher – unbedingte Empfehlung: unter Kopfhörern genießen! Gilt übrigens für das ganze Album, aber es funktioniert natürlich auch mit gutem Sound im Raum. Dave singt mit ordentlich Hall auf der Stimme. Der Break, in dem Martin plötzlich mit Tonartwechsel gegen den Krieg ansingt, ist besonders packend. Sperriger Albumauftakt, aber wer, wenn nicht Depeche Mode, kann sich so etwas leisten?

  1. Wagging Tongue

Einer der raren Fälle, in denen sich unsere beiden Protagonisten die Songwriting-Credits teilen. Dieser Song wurde zwar in München live aufgeführt, kommt auf Platte aber ganz anders daher. Viel dynamischer. Wer da nicht sofort Kraftwerk sagt, hat die elektronische Musik nie geliebt. Spannende Kontraste zwischen der folkigen Melodie von Dave – dessen Gesang hier sehr klar nach vorne gemischt wurde – und den Achtziger-Sounds von Mart.

  1. Ghosts Again

Klar, die Vorabsingle. Ultraeingängig, ein Riesenhit und ein wehmütiger Abschiedsgruß an einen geliebten Menschen – vor allem natürlich an Fletch –, insbesondere in Verbindung mit dem schönen Corbijn-Video. Haben wir alle in den letzten Wochen rauf und runter gehört. Wie fast schon traditionell bei unseren Lieblingen ist es am Ende eine erste Single, die wenig repräsentativ fürs Album ist. Wir freuen uns jedenfalls auf die schwungvolle Umsetzung auf der Tour.

  1. Don’t Say You Love Me

Wir sind jetzt mitten in Gore-Butler-Land. Die vier Stücke, die Martin gemeinsam mit Richard Butler von The Psychedelic Furs schrieb, folgen – mit einer Unterbrechung – dicht aufeinander. Und man hört durchaus Unterschiede zum gewöhnlichen Bandkosmos, musikalisch wie textlich. „You’ll be the killer, I’ll be the corpse“ – ja, dieser Song hat filmische Qualitäten. Dave singt teilweise hoch, fast sakral, das epische Finale von U2s „Achtung Baby“ („Acrobat“ und „Love Is Blindness“) erscheint im Hinterkopf. Apropos: Was hat die eigentlich bei ihrer aktuellen Veröffentlichung geritten? Doch zurück zu Depeche Mode: Streicher! Was für herrliche Streicher!

  1. My Favourite Stranger

Wurde ja auch schon einmal live vorgetragen. Knackiger Beginn, eine langjährige Begleiterin der Band aus Mute-Tagen, die mit beim Prelistening sitzt, wippt sofort mit. Interessanter Drumrhythmus, wenn auch eher zurückhaltend aufs dumpfe Blech geschlagen, na hoffentlich wird der auf Tour nicht zertrommelt. Ein sehr melodischer Basslauf, den man nicht so schnell aus den Ohren bekommen wird, und eine hübsch dreckige Gitarre dazu. Jede Menge Sounds im Hintergrund, die gezielte Störeffekte und Echos setzen. Die berüchtigten „Brummfürze“ – wenn es sie auf diesem Album geben sollte, dann wohl hier.

  1. Soul With Me

Die Gore-Ballade in der Mitte. Mit ganz viel Seele gesungen. Fantastisch, wie der Refrain den Song in eine ganz andere Richtung dreht. Mit einem Text, der sich intensiv mit der eigenen Sterblichkeit beschäftigt. Denkt man beim Klang zu Recht an die letzten beiden Alben der Arctic Monkeys mit ihrem spacigen Lounge-Sound? Oder spielt das Hirn nur einen Streich, weil man weiß, dass Albumproduzent James Ford für ebenjene auch verantwortlich war? Egal, dann werfen wir eben noch eine Assoziation zu Twin Peaks (gegen Ende des Songs) in den Raum. Einerseits schade, dass Martin nur einen Song auf dem Album singt, aber er singt auf allen anderen Songs sehr markant die zweite Stimme, das entschädigt.

  1. Caroline’s Monkey

Ein schräges Biest mit weißem Pulver an der Nase, dieser Affe. Die letzte Gore-Butler-Kollaboration des Albums ist ein wenig verklausulierter Song zum Thema Drogen. Glasklarer Gesang von Dave, erst ganz minimalistisch, dann schiebt sich die Elektronik immer mehr hinzu, und im gemeinsam mit Martin gesungenen Refrain (Haben wir schon die auf dem ganzen Album herausragenden Harmoniegesänge gelobt?) geht das Herz auf. „Fading’s better than failing. Falling’s better than feeling. Folding’s better than losing. Fixing’s better than healing. Sometimes.“ Grandios!

  1. Before We Drown

Der zweite Song des Albums, den Mr. Gahan (mit-)geschrieben hat. Und wie hat der Junge (Haha, er schreibt Junge bei einem über Sechzigjährigen!) sich songwritingtechnisch gemausert! Mit Potenzial zur „Cover Me“-Nachfolge. Viele kleine Details, da wurde viel im Studio mit den Kollegen Eigner und Gordeno gefeilt. Hoher Gesang zu Beginn der Strophen. Wunderschön verdrehte Sounds am Ende des Refrains. Und Streicher gibt es noch obendrauf.

  1. People Are Good

Ein wuchtiger Synthesizer. Der Beat setzt ein. Es wummert so schön. Kraftwerk sind auch wieder mit dabei, na hoffentlich klagt der Hütter den Gore nicht pleite, sonst werden die Tickets für 2024 noch teurer. Irgendwo hat jemand das zahnarztbohrende Schleifgeräusch von „I Feel You“ ausgegraben. Dann ein Break, Tempo komplett raus – DJs lieben so etwas –, anschließend weiter im Text. „Keep fooling yourself, people are good.“ Gore (hier allein on songwriting duties) in sarkastischer Hochform. Ein Hit!

  1. Always You

Beats und Maschinen im verträumten Midtempo-Stelldichein. Sehr warmer, gefühlvoller Gesang von Dave. Sind das etwa schon wieder ein paar Streicher im Hintergrund? „My love, there are no more words. My love, life’s too absurd.“ Melancholisch, aber positiv melancholisch. Wer eingangs erwähnten Rotwein am Start hat, lässt sich jetzt ein Schaumbad dazu ein.

  1. Never Let Me Go

Für bei Song 5 genannte Bandgefährtin – und auch für den Rezensenten hier – ein Hit aufs erste Ohr. Ketzerische Notiz auf dem Mitschreibblock: „Wie Lilian – nur in gut.“ Achtet mal auf das Ende! Ansonsten ein flotter, sehr eingängig schnipsender Beat, packende Drums, Sounds (Huch, einmal kurz Construction Time Again?), die sich wie bei vielen Stücken dieses Albums im Songverlauf langsam aufschichten – und eine Gitarre, die eine sofort memorable Melodie spielt und später ein bisschen neunzigermäßig lärmen darf.

  1. Speak To Me

Das große Finale, an dem neben Dave auch Songcredits an Marta Salogni (die generell wohl einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf den besonderen Sound von Memento Mori hatte), James Ford und Christian Eigner gehen. Getragen, ein minimalistischer Synthesizer, ein Zwiegespräch mit … etwas oder jemand Außerweltlichem. „Lying, on the bathroom floor. No one here to blame.“ Düster, ein echter Downer, aber großartig. Irgendwann setzt der Pulsschlag wieder ein. Zum Glück. Und eine perfekte Klammer zum Albumbeginn. Gleich nochmal hören bitte, alles!

Hier könnt ihr Memento Mori bestellen:

Thomas Bästlein

Thomas Bästlein schreibt (früher unter dem Spitznamen Addison) seit Anfang 2007 für depechemode.de. Hauptberuflich arbeitet er im öffentlichen Dienst. Du kannst Thomas online bei Facebook treffen.

1151 Kommentare

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  1. WAS EINE SCHEIBE!!!

    Eine sehr ‚runde‘, sehr starke (!) und sehr sehr eingängige Platte – die Jungs haben es echt immer noch drauf! Freue mich auf die Tour!!

  2. Herbert

    Ich sag es mal ganz ketzerisch, Grönemeyer hatte heute die bessere Neuerscheinung.

    Ansonsten ein Album das ich auch für das beste seit Ultra halte.

    • Das ist los

      Wenn Herbert Grönemeyer jetzt noch mit Alan Wilder zusammen arbeitet können Depeche Mode aber echt einpacken!

  3. Ist euch schon aufgefallen das die Vinyl ein größeres Maß hat, als eine normale Vinyl. Geht denn jemand von euch zur Release Party nach Dresden? Ich werde am Samstag dort mal vorbeischauen und mir den Bus anschauen.

    • Meinst du die Hülle? Die Schallplatte (es ist keine Vinyl sondern sie ist aus Vinyl) ist so groß wie jede andere 12″ auch bei mir.

    • Natürlich meine ich die Hülle. Sie passt nämlich nicht in eine normale Schutzhülle hinein. Die Vinyl selbst ist natürlich die normale 12 inch Größe.

  4. Das sind Depeche Mode von Heute

    Als Erstes möchte ich sagen ich höre MM in Dauerschleife, die Songs erschließen sich erst beim mehrmals Hören, das hatte ich seit Ewigkeiten bei Depeche Mode nicht mehr, das bedeutet für mich was Gutes, es sind die Depeche Mode von heute, es ist wunderbar, die Reise geht in die richtige Richtung, so elektronisch alt und doch neu, natürlich wird es nicht jedem gefallen und viele haben ihre Vorstellung im Kopf, aber wenn man sich darauf einlässt ist es wie früher es sind immer noch unsere Helden aus der Jugend nur Älter so wie wir alle.es ist für mich unfassbar was für geniale Musiker sie sind und natürlich des Produzenten Team nicht zu vergessen, ich liebe es Danke ein Meilenstein.

  5. Vollkommen richtig! Das Gesamtwerk ist der Hit!!!! Das Album wirkt nur als ganzen und ist in sich geschlossen. Sehr geil.

  6. Scheiße....

    hätte ich geahnt, daß das Album so FETT ist, dann wäre ich gestern Nacht doch zum Bus nach Hamburg gefahren und hätte den ganzen scheiß Bus leer gekauft ggggggggggggrrrrrrrrrrrrr für mich das beste Album seit SOFAD, Depeche Mode is back

  7. Immer das gleiche...

    1. Hören (einfach so); och nee, was ist das denn?
    2. Hören (lass mal Texte raushören): oh, was ist das denn da in dem und dem Song? Verrückt!
    3. Hören (Kopfhörer Soundprobe): Was sind denn das für irre Sounds…! Irre gut
    4. Hören (ab ins Auto und volle Möhre): Verdammt verdammt ist das gut!!!! Schüttelfrost und Tränen, ob ich den nächsten Brückenpfeiler ansteuern soll? Nee, hör doch, da ist doch Hoffnung!!! In all dem Übel. Martin sei Dank!

    Diese Scheibe hat keinen Hit, sie ist der Hit selbst. UNd wieder erfindet sich dM neu. Wie häufig eigentlich noch? Hoffentlich noch sehr sehr oft!
    Ich wünsche allen Devotees viel Spaß auf der Tour!

  8. Naja...

    People Are Good, guter Song. Ghosts Again bereits zu oft gehört, wird geskipt. Der Rest spricht mich nicht an, kein Highlight für mich dabei. MM kommt bei weitem nicht an die Meilensteine Violator, SOFAD oder Ultra heran. Sorry, aber diese vollkommen übertriebene Euphorie kann ich leider nicht teilen. Bin seit über 30 Jahren Fan, aber die Musik ist nicht mehr meine. Schade!

    • Fehlt nur noch..

      Fehlt nur noch: Bitte Alan komm zurück!

      Warum wird MM eigentlich permanent mit den alten Platten verglichen?
      Die gibt es doch schon. Wer will denn immer nur einen Abklatsch alter Sachen?

      Ich nicht.

      Stillstand ist der Tod, geh voran, bleibt alles anders…

  9. Meilenstein - Top5

    Das ist ein absoluter Meilenstein und zählt für mich zu den Top 5! Speak to Me, Before we Drown und People are Good – Depeche Mode in Top-Form… kann mich nicht satt hören. Danke für dieses Album!

  10. Geschnackssache

    Freue mich ja auch über das neue Material, die beiden vertrauten Stimmen, die sich so wunderbar ergänzen. Und dass man sich reinhören muss, klar, das ist nichts Neues. Irgendwie hatte ich mich mit den letzten Alben immer mehr daran gewöhnt. Aber mal ehrlich, ein Kracher ist für mich was Anderes. Bei den alten Alben bis einschließlich SOTU hatte ich gleich nach dem ersten Hören einen Ohrwurm, der nicht vorab veröffentlicht worden war. Die Songs funktionierten damals überwiegend auch auf einem Küchenradio für 10 Euro (oder vielmehr DM, für die, die noch wissen, dass die Abkürzung nicht nur für Depeche Mode steht) und brauchten keinen 500 Euro teuren Kopfhörer + HiRes Streaming, um zu begeistern.
    Ehrlich, ich freu mich, wenn’s euch gefällt, aber für mich ist die frühere Genialität von Martins Songs irgendwie auf der Strecke geblieben. Der Prozess war irgendwie schleichend mit den letzten beiden Alben und gipfelt mit Memento Mori all zu offensichtlich. Zumindest für meinen Geschmack.

  11. So, mal komplett durchgehört… DAS sind die fertigen Songs? Da fehlt meiner Meinung nach noch gewaltig etwas…! Klingt für mich , als wären die Tracks noch garnicht fertig…Wagging tongue find ich gruselig …
    Ist jetzt nix dabei, was ich total klasse finde, teilweise nervt mich der Gesang….

    • Genau das. Irgendwie unfertig. Sind zwar immer mal wieder ganz gute Melodien aber es plätschert so dahin. Fängt mich (noch) nicht ein. Ich weiß aber auch nicht, ob ich dem ganzen zu viele Chancen einräumen will.

    • Wie bei Sounds of the Universe. Unfertig, banal.

  12. Ich finde das Album großartig. Es ist wirklich sehr gut geworden.
    Es tut mir leid, wenn es einigen nicht gefällt und sie nichts damit anfangen können. Aber eine Sache sollte man bedenken:

    Depeche Mode haben sich immer weiter entwickelt. SOFAD war zu Violator ein echter Bruch vom Stil her. Depeche Alben brauchen Zeit zu wachsen, weil es eben kein Pop-Geplätscher ist. Und ich bin der Meinung, wenn man 2023 Songs im Stile wie Behind The Wheel erwartet, dann kennt man Depeche Mode nicht. Man verkennt, dass 1987 eine komplett andere Zeit war. Das die Herren über 60 sind und vielleicht mehr Anspruch haben, als immer nur nach 80er Pop (auch wenn er gut war) zu klingen.

    • Genau das was du beschreibst liebe ich auch an Depeche Mode. Aber ich finde viele Lieder auf Memento Mori sind eher Bruchstücke. Bei „Wagging Tounge“ denke ich jedes Mal beim Hören es müsste jetzt irgendwie weitergehen und sich noch zum eigentlichen Kern des Stücks bewegen und dann ist es plötzlich vorbei. Das gleiche bei „Caroline’s Monkey“, „My Cosmos is Mine“. Selbst bei „People are good“, was ich soundtechnisch grandios finde, kommt einfach nichts entscheidendes mehr nach der ersten Minute. So klingt es wie ein Ausschnitt aus einem guten Lied aber eben das ganze Lied über. Oder nehmen wir „My favourite stranger“. Das ist auch so ein Lied so gehaltlos wie es nur geht. Grundstimmung, Sound, Daves Stimme…. alles super. Aber dudelt eben auch vor sich hin und es kommt nichts mehr nach. „Always you“ ist mir ehrlich gesagt fast unangenehm. Geht gar nicht. Ich hoffe sehr, die Platte erreicht mich noch irgendwie in den nächsten Tagen und Wochen, da ich weiß wie oft mich schon ein Album erst spät gefangen genommen hat. Ich werde es daher weiter fleißig hören. Ich hoffe ich komme noch rein…

    • Kein Vergleich

      Ein Bruch zu den Vorgängern (Delta/Spirit) ist eigentlich nicht so deutlich erkennbar.
      Wesentlich hingegen ist, dass die großen Melodien von sofad etc heute noch stark sind, aber so ein standout Track (oder zukünftiger Klassiker) auf MM nicht zu finden ist. Freuen kann man sich natürlich trotzdem übers neue Album+Tour. Es ist zwar ziemlich dark und etwas zu lang aber einige Durchgänge bekommt es jedenfalls!

  13. Tolles Album

    Ich bin richtig fertig. So ein rundes, berührendes Album. Es ist das erste Mal seit Violator, dass DM mich so richtig erwischt. „Before we drown“ – Wow!

  14. Das Bühnendesign gefällt mir ausgesprochen gut! Die Setlist ist eben wie immer. War auch bei den vergangenen Tourneen nicht anders, dass sie vom neuen Album nur wenige Songs spielen. Leider! Aber ich denke die Masse will genau diese Greatest Hits-Show. Was du mit Stimmungskiller meinst, verstehe ich nicht. Ein Konzert sollte ja auch eine gewisse Dramaturgie haben.

Kommentare sind geschlossen.

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