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Im Interview: HEARHERE – frischer Electro aus Deutschland

Gerade haben wir für Euch das Erstlingswerk „Breathing“ der Electroband HEARHERE besprochen. Damit Ihr noch mehr über die Band erfahrt, haben wir außerdem ein kurzes Interview mit Marco und Krystin geführt.

DM.DE: Eure Band ist noch recht jung. Vor Hearhere spieltest Du in einer Elektroband, Crystin hatte unter eigenem Namen sogar einige Veröffentlichung. Wie habt ihr zuenander gefunden und was war die Intitialzündung für das Projekt?

Marco: Das Internetz ist schuld! Meine Band „Les Mercredis“ befand sich 2007 in einer Art studentischem Winterschlaf, also beschloss ich unter dem Namen Hearhere eine Solo-Platte mit Gästen aufzunehmen. Da sollten dann so obskure Menschen wie David Judson Clemmens von „Fullbliss“ oder Daniel von „Nachlader“ drauf singen. Und eben auch Crystin, die ich ein Jahr zuvor auf myspace „gefunden“ hatte. Wir hatten damals Kontakt, weil ich unbedingt einen ihrer Songs remixen wollte. Sie ist ja eher in der Singer & Songwriter-Ecke, und macht auf ihrem Label Lounge-Sachen und ab und an sogar Soundtracks (u.a. „Hanami“ von Doris Dörrie), und das war für mich irgendwie eine ganz andere Welt, da ich ja eher aus dem Frickel- und Bandkontext komme. Wie auch immer, den Remix bekam sie nie, weil das Internetz den irgendwie verschluckt hatte. Ein Jahr später, im Sommer 2007, als Hearhere als Entwurf stand, mailte ich sie dann noch mal an, weil ich ihre unverwechselbare Stimme unbedingt auf dieser Platte haben wollte. Crystin willigte ein, und irgendwie lief es dann von selbst. Nachdem sie aus einem der Rohentwürfe binnen kürzester Zeit „Breathing“ gemacht hatte, war für uns beide eigentlich klar, dass Hearhere kein Projekt, sondern unsere Band sein muss. Topf, Deckel, etc…

Crystin: Ehrlich gesagt fühlte ich mich bis 2007 sehr wohl in meiner „one-woman-production“-Welt. Da ich für diverse Jobs mit vielen Musikern zusammen arbeitete, war ich froh, bei den eigentlichen Herzensdingen – bspw. bei meinen Alben – das Zepter allein in der Hand zu haben. Für Marco musste ich aber eine Ausnahme machen – nicht nur weil er einen meiner Songs famos geremixt hatte. Es verblüfft mich bis heute, was Marco manchmal rübersendet. Ich denke für mich ist alles, was von ihm kommt – wie roh es immer sein mag- die perfekte Inspiration. Mir schießen sofort Bilder in den Kopf und die muss ich eigentlich nur „rauslassen“. Insofern hatte ich gar keine Wahl. Er ist die Basis und ich darf Häuser drauf bauen.


DM.DE: Was zeichnet Euer Meinung nach den Stil von Hearhere aus?

HearhereCrystin: Es ist jedenfalls keine am Reißbrett geplante Musik, sie passiert sehr spontan und profitiert glaube ich sehr von dem Vertrauen, was Marco und ich zueinander haben. Jeder ist frei und bringt seine musikalische Welt mit ein, dadurch ist sind einige Grenzen aufgehoben. Vielleicht ist Hearhere deswegen wirklich eine seltsam eigene Hell-Düster-Mischung.

Marco: Crystin hat es raus, aus knappen Fragmenten ganze Geschichten zu basteln. Man „liest“ sich irgendwie. Sie merkt sofort, was bei mir gerade Gefühlsmässig passiert, wenn sie knapp 45 Sekunden Gerumpel hört, und transponiert das auf ihre ganz eigene Art. Das schöne ist die Erdung – ich neige musikalisch in den meisten Fällen eher zum poltern und rumpeln, aber wenn der Gegenpart dann Ruhe in den Lärm bringt, entstehen diese ganz eigenen Dinger. Und Crystin stellt gerne lyrische Bärenfallen. Man denkt immer, das wäre so larifari-Zeugs, wenn man nur auf die Stimme hört, aber inhaltlich tun sich da wahre Abgründe auf. Was uns auch irgendwie anders macht.

DM.DE: Welche Künstler und Bands der elektronischen Musik haben Euch beeinflusst?

Crystin: Orbital, Underworld und Prodigy haben mich zu wildesten Tanzorgien gebracht… und spätestens als die Frauen den Einzug in die Elektronik fanden – bei Portishead, Goldfrapp, Lamb, Moloko oder Everything But The Girl… – habe ich mich auch als Musikerin mit Elektronik befasst. In meinen Alben ist aber auch immer ein guter Anteil Akustik, die klassischen Singer-Songwriter haben eben auch ihre Spuren hinterlassen. Nichts desto trotz denke ich, dass sich die Intensität von Melodien und Stimmen manchmal in kälterem, elektronischen Sound irgendwie besser zeigt als in akustischen Arrangements. – Eine Erkenntnis, die mit Hearhere gewachsen ist.

Marco: Mich ganz klar Depeche Mode, auch wenn ich das seit dem Ausstieg von Alan Wilder gerne leugne. Ansonsten fühl ich mich überwiegend in den frühen 80ern zu Hause, Cabaret Voltaire, Front 242, Throbbing Gristle, Weathermen, der frühe Warp-Kram, eben die üblichen Verdächtigen – das sind glaube ich die wenigen Sachen, die ich immer im Kopf habe, wenn ich elektronische Musik höre. Nine Inch Nails ist natürlich ein Alltime-Favourite. Bei neueren Sachen ganz klar der ganze Ed Banger-Krempel aus Frankreich, was aber eher am Sound liegt. Wie weit das jetzt im Kontext Hearhere einen Einfluss hat, kann ich nicht beurteilen, da die Musik dann doch eher „einfach so“ passiert, und nicht unbedingt aus besagten Einflüssen entsteht. Sonst würden wir ja auch eher EBM machen. Und ja, ich halte Kraftwerk für überbewertet… ;-)


DM.DE: Wie man an Eurer Homepage und Euren Videos sehen kann, legt ihr viel Wert auf Eure visuelle Präsenz. Macht Ihr alles in Eigenregie?

HearhereMarco: Das hat sich so ergeben. Wir sind ja beide dayjobmässig in der Werbung tätig, legen also auch Wert auf einen stilistischen Zusammenhang zwischen der Musik und dem Erscheinungsbild. Das ist dann manchmal schwer, weil man ja auch immer auf Kompromisse eingehen muss, und der Presse zum Beispiel keine obskuren, unkenntlichen Schattenbilder andrehen kann, aber generell soll das alles dann schon ein rundes Bild ergeben, und da legen wir auch Wert drauf. Zumal wir beide in der Vergangeheit die Erfahrung gemacht haben, dass Plattenfirmen einen gerne in ein Korsett zwängen, das gar nicht passt. Sogesehen ist es ganz praktisch, dass wir uns autark präsentieren können.

DM.DE: Hearhere ist bis jetzt ein Studioprojekt. Gibt es Pläne für Liveauftritte?

Marco: Nach dem ersten Album wird’s definitiv eine Tour geben. Zum einen muss das sein, zum anderen sehe ich uns auch irgendwie auf der Bühne -– und zwar als richtige Elektronik-Band. Das war von von Anfang an eine Prämisse, dass Rechner-Playback und vorgefertigte Sachen grundsätzlich minimiert werden, und wir beide in Echtzeit unsere Musik neu nachbauen. Für irgendwas muss das ganze obskure Equipment ja gut sein.

Crystin: Da Marco mir die schönsten, blinkenden Gerätschaften zur Bedienung versprochen hat, kann ich es kaum erwarten, allerdings freu ich mich nun erstmal auf die Fertigstellung unseres Albums.

DM.DE: Was verbindet Euch mit Depeche Mode?

Marco: DM sind ein Grundstein meiner musikalischen Sozialisation. Alan Wilders kurze Emu Emax II Vorführung in „101“– war letztlich schuld, dass ich unbedingt das heimische E-Piano gegen einen Synthesizer eintauschen wollte. Als ich dann über Umwege auch noch Ende der 90er privaten Kontakt zu Alan hatte, und unter anderem an seiner damaligen Website mitgebastelt habe, war natürlich klar, dass der ganze Verein irgendwie die unterdrückte Liebe meines Lebens ist. Ich muss zwar zugeben, dass ich nach SoFaD raus aus dem Thema bin, und mittlerweile Genres fernab der Elektronik für mich entdeckt habe. Dennoch sind DM ein wichtiger Bestandteil meines musikalischen Fundamentes. Und sollte es irgendwann keine physikalischen Tonträger mehr geben: die Platten von „Construction Time Again“ bis „Violator“ werden bis an mein Lebensende einen festen, unverrückbaren Platz im Ikea-Regal haben.

Crystin: Sie waren immer da – hatten großartige Videos und geniale Songs, eine eigene Gemeinde. Sie waren DIE BAND meiner Kindheit. Ich denke keine Alben wurden zu dieser Zeit öfter gespielt als Some Great Reward und Black Celebration. Ok, ich habe später auch die Ultra geliebt und heule bei „Home“ heute noch. Keine Ahnung, ob man das hier sagen sollte, aber ich bekenne mich.

Sven Plaggemeier

Hi, ich bin Sven und betreibe als Gründer die Webseite depechemode.de. Hauptberuflich leite ich ein Team von Content-Spezialisten bei einem Telekommunikationsunternehmen. Vernetze Dich gerne mit mir bei Facebook, LinkedIn oder Xing.

1 Kommentar

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  1. Zitat von Crystin:Ok, ich habe später auch die Ultra geliebt und heule bei “Home” heute noch. Keine Ahnung, ob man das hier sagen sollte, aber ich bekenne mich.

    Hey Crystin,
    Du wärst keine Musikerin,wenn Du Deine Gefühle nicht zeigen wolltest, warum nicht beim Interview mal dies offen zu geben,wir sind alle nur Menschen,blos die einen verstecken sich vor Ihren Gefühlen,das macht sie innerlich krank und das verunsichert sie!Viel Erfolg und Gruß von Doc

Kommentare sind geschlossen.

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