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Zum Tode von Fletch
:
Andy Fletcher – der gute Geist, der alles zusammen hielt

Andy Fletcher ist tot. Wie aus dem Nichts traf uns am Vatertag die schockierende Nachricht. Andys plötzlicher Tod macht uns unendlich traurig. Unvorstellbar, dass ein Teil von Depeche Mode nicht mehr da sein wird. Andy „Fletch“ Fletcher wurde nur 60 Jahre alt.

Auch mit Abstand von zwei Tagen fällt es schwer, den Tod unseres Lieblingskeyboarders zu begreifen. Es fällt auch deshalb so schwer, weil mit Fletch ein Stück in uns selbst gestorben ist. 42 Jahre lang haben uns Andy und seine Bandkollegen von Depeche Mode mit ihrer Musik begleitet. Sie schufen über vier Jahrzente den Soundtrack zu unserem Leben. Dass wir eine Band lieben und verehren durften, die zu jeder Lebenssituation einen Song im Repertoire hatte, der wie für uns gemacht schien, dass wir dieses Band schließlich als ein eigenes Lebensgefühl wahrnahmen, weil längst die passenden Worte für unsere Hingabe ausgegangen waren – das war und ist ein ungeheuer wertvolles Geschenk des Lebens. Ein Privileg, das wir ohne Andy Fletcher nicht erfahren hätten.

Andys Beitrag als Musiker zu Depeche Mode ist formal schnell erzählt: Fletch hat weder einen Song noch jemals einen Songtext geschrieben. Über seine Rolle in der Band sagte 1989 er in einem Interview für den Dokumentarfilm „101“ selbstironisch: „Martin ist der Songschreiber, Alan ist der gute Musiker, Dave ist der Sänger und ich gammel herum.“

An dem mit britischen Humor gewürzten Understatement stimmt eigentlich nur, dass Fletcher vor allem im Hintergrund wirkte. Er organisierte, kümmerte sich ums Business und sorgte dafür, dass alle Fäden zusammen liefen.
Seine weitaus gewichtigere Rolle war jedoch die des Vermittlers. Auf der Beziehungsebene der Band sorgte er für den Ausgleich zwischen dem extrovertiertem Sänger Dave Gahan und dem introvertiertem Songwriter Martin Gore, der über viele Jahre hinweg seinen langjährigen Schulfreund Fletch als Sprachrohr beanspruchte.
Depeche Mode hatten im Laufe ihrer Karriere einige Stationen, die beinahe das Ende der Band bedeutet hätten: eine zerfleischende Welttour, an deren Ende Alan Wilder die Gruppe verließ, die massiven Drogenprobleme von Dave Gahan und später dessen Anspruch, als zweiter Songswriter neben Martin Gore zu agieren. Andy Fletcher brachte immer wieder alle an einen Tisch. Er war der gute Geist, der alles zusammen hielt und Depeche Mode erneut in See stechen ließ.

In Gedenken an Andy Fletcher legten Fans am Freitag Blumen vor den Türen des Berliner Hansa Studios nieder, wo Depeche Mode eine Alben einspielten. Foto: Andreas Veith

So wenig sichtbar sein Beitrag zu Depeche Mode hinter den Kulissen für Außenstehende blieb, so unprätentiös gab sich Fletch auf der Bühne. Während Dave Gahan im Rampenlicht und von Tausenden Fans frenetisch bejubelt, raumfüllend und mit ausschweifenden Posen die gesamte Aufmerksamkeit auf sich zog, stand Fletch eher unscheinbar und etwas ungelenk hinter seinen Keyboards. Ein Anti-Star, geradezu der Gegenentwurf zu Gahan. Ein Normalo, wie Du und ich, der während der Live-Shows auch gerne einmal eine Banane zur Stärkung aß – als wenn er sich gerade auf einem Betriebsausflug befunden hätte.

Vielleicht war diese bodenständige und nahbare Art mit ein Grund dafür, dass die Fans nicht immer wertschätzend mit Fletch umgingen. Geäußerte Zweifel, ob die Keyboards bei den Live-Shows überhaupt angeschlossen seien, waren noch einigermaßen witzig gemeint und seit den 80ern ein Running-Gag. Fletch begegnete ihnen mit seinem großartigem Humor, indem er sich selbst als „bester Ein-Finger-Keyboarder der Welt“ bezeichnete. Ans Eingemachte ging jedoch der Vorwurf, dass sein muskalischer Input bei Depeche Mode eigentlich nicht auszumachen sei – was im Grunde seine Rolle bei der Band insgesamt in Frage stellte.

Das beschäftigte Andy Fletcher. In einem Interview mit Electronicbeats erklärte er 2013: „Innerhalb der Band bringe ich das Element des Pop ein. Martin L. Gore […] liebt den amerikanischen Blues und Country. Und Dave hat den Jazz für sich entdeckt. Ich aber werde wohl auf ewig den einfachen Pop-Melodien und der Leichtigkeit, für die sie stehen, treu bleiben.“ Und weiter: „Weil ich mich nicht in den Vordergrund dränge, halten mich viele für das fünfte Rad am Wagen. Manchmal ist es frustrierend, nicht ernst genommen zu werden. Man könnte ja auch sagen, mein Job ist der wichtigste, ohne mich gäbe es keine Band mehr“.

Seit Donnerstag ist die Depeche-Mode-Familie nun nicht mehr vollständig. Depeche Mode sind ohne Andy Fletcher eigentlich kaum denkbar. Und dennoch würde es in seinem Geiste sein, wenn die verbleibenden Bandmitglieder Dave Gahan und Martin Gore weitermachten. Wenn sie ein weiteres Mal das große Schiff Depeche Mode in Bewegung setzten und ein letztes Album von Depeche Mode veröffentlichten. Ein Album für ihren lieben Freund Andy Fletcher. Das würde Fletch sicher gefallen.

Du fehlst uns, Andy.

Sven Plaggemeier

Hi, ich bin Sven und betreibe als Gründer die Webseite depechemode.de. Hauptberuflich leite ich ein Team von Content-Spezialisten bei einem Telekommunikationsunternehmen. Vernetze Dich gerne mit mir bei Facebook, LinkedIn oder Xing.

307 Kommentare

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  1. Danke

    Es ist unfassbar traurig das Fletch so früh und unerwartet gegangen ist.
    Wir werden ihn nie vergessen, ich hoffe das es weiter geht auch wenn es unvorstellbar ist. R.I.P

  2. Tom

    Ich denke das war es mit Depeche Mode ohne Andy…hoffte nochmal auf eine Abschieds Tour, nach 5 Konzerte erstes 1985.
    Sehr Traurig.

  3. Es ist immer noch sehr schwer zu verstehen und zu begreifen.
    Bin fassungslos. Schöne Worte von Sven.
    Wir werden Mister “ Fletch “ Fletcher vermissen. Und ich weiß jetzt schon das falls Depeche Mode nochmal Touren werden, ich das ganze Konzert weinen werde.

    Fletch du fehlst

  4. Nicht nur am Vatertag...

    …sondern gleichzeitig auch an Ch.Himmelfahrt, verloren wir das Rückgrat der Band.
    Lieber Sven, ich danke dir vielmals für die treffenden Worte, als Fan von Depeche Mode tut es gut sowas zu lesen, auch wenn die Trauer immer noch überwiegt.
    LG aus der Schweiz

  5. …In your room
    where time stands still…

    …ich denke es wird weitergehen…Fletch würde das definitiv so wollen…
    Er war der Ruhepol für die gesamte Band….Vermittler und Bobachter…

  6. Ich denke mal das wars mit Depeche Mode. Dave und Martin werden jeder für sich noch bissel solo weitermachen.

  7. Danke für diese tollen Zeilen ??
    Es ist unbegreiflich und so traurig.

  8. Danke Fletch

    Was für tolle Zeilen, Sven. Danke dir für diese Gedanken. Meine Gedanken dazu sind: Contruction Time Again war mein ersten Mode-Album was ich damals als grad 14jähriger Rotzer Anfang 1990 auf „Westbesuch“ mit dem Geld von meinem Papa in einem Geschäft in Grafenau als Musikkassette käuflich erwerben durfte und mit nach Sachsen nahm, ich kannte bis dahin nur die Amiga Veröffentlichung als Cassette aus der Bibliothek zum leihen – heute ist Contruction Time Again als Album-CD die ich in Gedenken an Fletch hören darf und es immer wieder gerne tu – jetzt ist ein Teil von Mode weg, viel zu früh und doch passiert – in meinen Gedanken wird Fletch immer da sein.
    Die Musik von Depeche Mode ist für so vieles verantwortlich was heute durch meine Gehörgänge rauscht und da trägt Fletch seinen Teil dazu bei – Danke dir Fletch dafür – See you.

  9. Mich zieht das genauso runter wie damals als mein Vater starb.
    Dabei ist das völlig normal das Menschen sterben.
    Ich mag noch mehr Musik als nur DM, klar hauptsächlich DM, aber ich denke wenn Campino, Bela, Farin oder Robert Smith sterben wird mich das nicht so runterziehen.
    Vielleicht sollte man an was lustiges denken.
    So noch dem Motto, “er starb an Himmelfahrt, alles richtig gemacht“.
    “Nur Karfreitag wäre noch genialer gewesen.“

  10. Ist das das Ende?

    Ich bin immer noch voll fertig vom Tod von Andrew Fletcher.
    Ich kann es immer noch nicht fassen. Schrecklich!
    Wie geht es irgendwann weiter frage ich mich?
    Löst die Band sich auf und gibt das Ende bekannt? Oder springt Peter Gordeno ein und spielt das Keyboard? Wir werden es irgendwann hören.
    Mein Wunsch wäre das Vince Clark
    wieder zurück kommt. Es soll im März 2022 ein geheimes Treffen mit Vince in England gegeben haben. Das macht mich neugierig.
    Alan Wilder könnte alle DM Fans vielleicht auch überraschen?
    Es wäre ein Traum wenn ich die Band noch mal live sehen würde.
    Aber der Tod von Fletsch sitzt aber sehr sehr tief.
    Ich denke aber es liegen noch einige Songs bei Martin und Dave in der Schublade die raus wollen.
    Auf jeden Fall läuft bei mir im Moment „Speak and Spell“ im Auto. Und das volles Rohr.
    Danach folgt „A brocken Frame“. Usw… !

  11. Warum........

    Es ist so verdammt schwer zu verstehen. Diese Trauer wird auch nicht weniger, wenn ich die ganzen Alben rauf und runter spiele. DM ohne Fletcher kann ich mir nicht vorstellen. Wenn Bandmitglider freiwillig gehen, ist das nun mal so. Vince o.k Alan war damals ein Schock. Aber das jetzt tut einfach nur scheiß weh. Die Musik von DM jetzt gerade zu hören ist irgendwie anders. Ich kanns nicht richtig beschreiben Dieses Gefühl der Dankbarkeit all die Jahre wenn die Jungs ein neues Album rausgehauen haben werde ich sicher so nicht mehr haben.Wenn ich daran denke mein erster visueller Kontakt mit DM in der Musiksendunng Bananas Martin mit Huhn auf dem Arm.Ein kleiner Trost seid ihr mit euren Kommentaren auf dieser Seite.
    Fletch machs gut

    • Ja...

      Stimme zu. Wenn ich jetzt die Musik höre, werde ich noch trauriger :( das ist sooo traurig …

  12. sabinedm

    Die Nachricht vom Tod von Fletch hat mich soo getroffen und es ist immer noch nicht zu begreifen, dass er nicht mehr da ist.
    Depeche Mode waren einfach unsterblich..
    Es ist ein Schock.

  13. DM in der DDR

    auf MDR kommt heute um 20:15 Uhr eine Sondersendung zum Tode von Andrew Fletcher über das legendäre Konzert in Ost Berlin

    RiP

    • Danke für den Hinweis!
      Bin auch geschockt und so unendlich traurig ? über den plötzlichen Tod von Andy, es wird wohl einige Zeit dauern bis man das wirklich glauben kann!
      Mein Mitgefühl gilt seiner Familie, Freunde und Weggefährten ??

  14. Ich denke, alle Fans sind am Donnerstag ganz brutal und mit einem Schlag erwachsen geworden. Immer war die Band mit unserer Kinder- bzw. Jugendgeschichte eng verbunden. Immer gab es beim Hören und auf den Konzerten Flashbacks in die Vergangenheit, nie mit dem Gedanken, dass das jemals ein Ende haben könnte. Und dieses Ende, das jeder Band leider irgendwann – aus welchen Gründen auch immer – zuteil wird, ereilte uns nun so unerwartet und rücksichtslos. Niemand wusste, was uns bevorstehen würde, wenn es einmal so weit ist. Wahrscheinlich wären wir in 15-20 Jahren dafür eher bereit gewesen, altersbedingt. Nun ist es da, viel zu früh, dieses letzte Kapitel von Depeche Mode, noch nicht ganz fertig geschrieben, aber auf jeden Fall der Anfang vom Ende einer Ära, unserer Jugend. Wie umfangreich dieses letzte Kapitel sein wird, noch weiß es niemand. Ich persönlich hätte mir für eben dieses ein geplantes Ende gewünscht, mit letztem Album, einer Farewell-Tour, ganz offiziell und offen kommuniziert. Aber wie so oft gehen Wünsche oftmals nicht in Erfüllung.
    Die Vergänglichkeit, die man so gerne ignoriert, weil sie immer mit unerträglichen Gefühlen der Trauer verbunden ist, wurde uns mal wieder unmissverständlich vorgeführt.
    Auch ich bin heute noch immer nicht richtig zurechnungsfähig, weiß nicht wohin mit meinen Gefühlen. Aber, wie man hier wundervoll lesen kann, niemand ist allein mit seiner Trauer. Das hilft ungemein!
    Ich wünsche Euch allen (und mir) viel Kraft.
    Und danke für alles, Fletch, vor allem, dass Du die Band zusammengehalten hast.

    • richtig, du bist nicht allein damit – und – im Universum geht nichts verloren ….

      sehr schön und treffend geschrieben von dir.

  15. 8. Dezember 1984.....

    …mein erstes Konzert in der Kieler Ostseehalle. Von diesem Tag an wurde alles anders. Von diesem Tag an bestimmte Musik mein Leben. Und den größten Anteil trug dazu mit weitem Abstand Depeche Mode bei. Ich singe heute noch die Lieder fehlerfrei mit, die ich vor knapp 40 Jahren vom LP-Cover auswendig gelernt habe. Jeder Moment meines Lebens wurde durch die Musik von Depeche Mode begleitet. Freude, Trauer, Schmerz… Alles hat seine Melodie… Es ist nicht nur der „Soundtrack einer Generation“, es ist DER Soundtrack einer Generation!
    Auch wenn Martin, Dave und auch Alan vielleicht eine deutlichere Präsenz an den Tag legten, werden die Klänge von Fletch von nun an fehlen. Der Fokus auf „seine geliebte Elektro-Popmusik“ ist seit ein paar Tagen nur noch in den alten Liedern zu hören… Bleibt zu hoffen, dass der Geist, den Fletch immer wieder in die Band hineintrug, auch weiterhin ein elementarer Bestandteil von Depeche Mode bleiben wird.
    Danke Andrew John Leonard Fletcher für jeden Minute, die Du bei uns warst. Wir werden Dich vermissen!

Kommentare sind geschlossen.

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