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Review: Placebo – Never Let Me Go

Neun Jahre. So lange hat es bisher nie bis zu einem neuen Placebo-Album gedauert. Nicht mal ansatzweise. Doch das Warten hat sich gelohnt, die Musik der Herren Molko und Olsdal hat endlich wieder den nötigen Biss.

Denn seien wir mal ehrlich, die beiden Vorgänger „Battle For The Sun“ (2009) und „Loud Like Love“ (2013) haben wir doch nach der anfänglichen Freude über neues Material schnell ad acta gelegt. Einzelne Höhepunkte, aber sehr viel Mittelmaß und auch ein bisschen Songmalen nach Zahlen. Kein Vergleich mit den frühen Großtaten vom rohen 1996er Debüt („Placebo“) über das unsterbliche Trio „Without You I’m Nothing“ (1998), „Black Market Music“ (2000) und „Sleeping With Ghosts“ (2003) bis hin zum immer noch überzeugenden „Meds“ (2006).

Nun sind Placebo nach einigen Wechseln auf dem Schlagzeugstuhl auch offiziell das, was sie eigentlich schon immer sind: ein Duo. Bestehend aus dem stets etwas unberechenbaren Genie Brian Molko und dem coolen Sympathieträger Stefan Olsdal. Und sie haben nach der Tour zum letzten Album und der gleich anschließenden Tour zur Best-Of-Platte einen Schnitt gemacht und sich Zeit für einen inneren Befreiungsschlag genommen.

Mit einer ungewöhnlichen Arbeitsreihenfolge – erst kam das Albumcover, dann die Songtitel, und erst dann wurden die Songs dazu geschrieben. Die letzlich typische Placebo-Songs geworden sind, aber eben wieder mit mehr Spielfreude und Liebe zum Detail. 13 Stück davon, ohne viel Füllstoff, dynamisch, druckvoll, mit einer Menge Elektronik (Molko ist mittlerweile ein echter Synthesizerfan) und deutlich mehr memorablen Momenten als auf den beiden Alben davor. Hier einige davon:

Der scheppernde Einstieg mit „Forever Chemicals“ mit einem „verzerrten Harfen-Loop, der als programmierter Drumbeat begann“ (Brian Molko).

Der fast schon penetrante Synthie, der sich durch „Beautiful James“ zieht und dem Molkos melodiöser Gesang die Käsigkeit nimmt.

Das knackige Tempo von „Hugz“ mit der markanten Zeile „A hug is just another way of hiding your face“, die wie ein Pandemiekommentar anmutet, aber eigentlich ein Zitat aus „Doctor Who“ ist (was den Rezensenten als alten Whovian freut).

Das sphärisch-melancholische „Happy Birthday In The Sky“, mit dem Zeug zu einem künftigen Placebo(live)klassiker.

Die fröhlichen Streicher in „The Prodigal“. „Wir haben das Streicherarrangement von ‚Eleanor Rigby‘ von den Beatles immer geliebt, in dem ein einfaches Quartett so kraftvoll und rhythmisch ist.“ (Stefan Olsdal)

Die eindringliche Paranoia von „Surrounded By Spies“, die so richtig in einen hineinkriecht.

Das Soundfeuerwerk im seltsam betitelten, aber mitreißenden Albumhöhepunkt „Sad White Reggae“.

Die pure Energie (bestimmt 5G-verseucht, hihi), die sich durch das dynamische Doppel „Twin Demons“ und „Chemtrails“ zieht.

Das würdige, von einem The-Cure-Gedächtnisbass getragene und zum Nachdenken anregende Finale „Fix Yourself“.

Und wenn der Brian jetzt auf der kommenden Tour wieder etwas mehr mit den Fans kommuniziert, lassen wir ihn nie mehr gehen.

Depechemode.de-Wertung:
★★★★★ (4/5)

„Placebo – Never Let Me Go“ bestellen:

PS: Placebo live:

01.10. Frankfurt, Festhalle
06.10. Berlin, Mercedes Benz Arena
22.10. Hamburg, Barclaycard Arena
29.10. CH-Zürich, Samsung Hall
07.11. Köln, Lanxess Arena

www.placeboworld.co.uk

www.facebook.com/officialplacebo

Thomas Bästlein

Thomas Bästlein schreibt (früher unter dem Spitznamen Addison) seit Anfang 2007 für depechemode.de. Hauptberuflich arbeitet er im öffentlichen Dienst. Du kannst Thomas online bei Facebook treffen.

4 Kommentare

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  1. Neues von meiner Zweitlieblingsband

    Moin allerseits,

    tja, da isse nu. Die Neue von Placebo.

    Die vier Vorboten, in vorsichtigen Dosen ab September 2021 kredenzt, ließen die Erwartungen an das neue Werk der nunmehr zwei Herren doch ein hohes Level erreichen.

    Und, mich haben sie nicht enttäuscht, ganz im Gegenteil.

    Das Album wird wohl bei mir (auch eingedenk der Tatsache, dass von meiner Lieblingsband Nr. 1, Depeche Mode, 2022 nix erscheinen wird) Album des Jahres.

    Lediglich mit „Hugz“ hab ich noch so meine Probleme. Dafür gibts tatsächlich noch keine „hugz“ von mir. Alle anderen Tracks sind für meinen Geschmack mal richtig klasse.

    Da ich zu den rund 1.000 Leutchen gehörte, die am 25.03.2022 im Metropol beim Releasegig waren, kann ich sagen, dass die neuen Sachen live richtig gut kommen. Leider wurden da weder „Twin demons“ noch „Chemtrails“ gespielt. Das ist aber Jammern auf ganz hohem Niveau. Der Gig umfasste neun frische und acht ältere Sachen. Sollten die „richtigen“ Konzis im Herbst dann um die zwei Stunden dauern, ist ja noch Platz für sieben bis acht Stücke. Vielleicht haben die beiden dann Platz für die beiden Sachen.

    Als Opener wurde der Opener der Platte gespielt. Schön drauf auf die 12. Hat auf alle Fälle gebockt.

    Tja und textlich würde ich teilweise sagen, dass so manches Stück („Happy birthday in the sky“ oder „The prodigal“) vor 15 …. 20 Jahren von Herrn Molko so nicht geschrieben worden wären. Dazu brauchts wohl doch ein wenig an den unangenehmen Erfahrungen im Leben, wie den Verlust von Freunden etc..

    Ein kleiner Lesetip zum Schluss noch: Das Telefoninterview von Herrn Steffen Rüth, veröffentlicht am 27.03.2022 in der Frankfurter Rundschau. Überschrift: „Ohne meine Wut gäbe es diese Platte nicht“. Kann aber nicht garantieren, ob das inzwischen hinter einer Bezahlschranke verschwunden ist.

    Herr Molko läßt hier ein klein wenig die Tür zu einigen Songs des Album für uns offenstehen.

    In diesem Sinne: … possessed by demons …

    Grüße & schönes WE
    Jens

    P.S.: auf Youtube meinte auch jemand (insofern verweise ich auf mein(e) Vorschreiber(in) ), dass er sich fürs nächste DM-Album solch ein Comeback wünscht, wie es Placebo gelungen ist. Dem ist nichts hinzuzufügen.

  2. Nach so einer langen Zeit war nicht mehr unbedingt mit solch einem Album von Placebo zu rechnen, das Album ist ein Brett vom ersten bis zum letzten Track ein Meisterwerk,
    bin absolut begeistert, bin mal gespannt obs Depeche Mode nach 5 Jahren Pause (oder länger) noch schafft sowas abzuliefern…

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