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Review: dÁrc – Collider

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Ida Long kennen wir bislang solo: Mit skandinavischem Indie-Pop, darin Nuancen, die an Kate Bush erinnern. Nun wagt sie sich tiefer in den Elektronik-Wald hinein. Kraftvoll exploriert sie gemeinsam mit David Lehnberg als dÁrc ihren härteren Sound, taucht vollständig hinein in die Welt der Elektronik.

„Mein letztes Album „Rainbows & Teardrops“ trug viel Herzschmerz und Trauer in sich – „Collider“ stellt nun eine gute Balance dazu her“, beschreibt Ida ihr aktuelles musikalisches Projekt mit David Lehnberg (bekannt als LEHNBERG), ebenfalls aus Schweden.

Ich bin überzeugt, dass es gut tut, mehr als nur eine Seite von sich zu be- und verarbeiten.

Ida Long (dÀrc)


Mit Duo-Partner David entstand ungeplant eine äußerst kreative Zusammenarbeit. „Organisch“, beschreibt Ida Long ihre kreative Beziehung. „Alles begann damit, dass David und ich gemeinsam für ein Festival gebucht wurden. Wir fanden es nur passend, dazu einen gemeinsamen Song zu schreiben. Da wir uns kaum kannten, ergaben sich daraus tiefgründige, lange Gespräche. Anschließend Zuhause, war ich oft so aufgekratzt, dass ich sofort einen neuen Song schreiben musste. Meine Vocals schickte ich dann an David und bereits am folgenden Tag bekam ich den fertigen Track zurück.“ So entstand ihr gemeinsames Werk „Collider“ binnen weniger Monate.

Ida Long, David Lehnberg.

Gleich der erste Track „Human“ (live) nimmt uns mit auf eine sehnsüchtige Reise nach Verbindung, nach dem vielgesuchten „Mehr“. Idas Stimme beginnt mit einer Verletzlichkeit, die an ihr bekanntes Gary Jules-Cover „Mad World“ erinnert. Fragil, getragen von einem treibenden Rhythmus, appelieren dÁrc an unsere Menschlichkeit.

„Was sind wir wirklich, wenn wir nicht hinschauen?“, fragt Ida im Interview. Inspiriert von der Surrealität Stanley Kubricks und David Lynchs suchen dÀrc in „When You’re Not Watching“ nach den zahllosen Arten, in denen unser Geist und unser Herz, unsere Sorgen, Hoffnungen und Glück wie unsichtbare Fäden miteinander verwoben sind. Wie verbinden wir uns (menschlich) miteinander? Eine Hommage ans Unterbewusstsein.

In einer Zeit, die von Zukunftsbewegungen geprägt ist, könnte „For The Young“ die dazugehörige Hymne sein. Für Ida ist es eine Zeitreise: Das glückserfüllte Gefühl, am Anfang von allem zu sein, voller Aufregung und Möglichkeiten. Ein passender Zufall, dass Ida aus dem selben Land wie Klimaaktivistin Greta Thunberg stammt. Eine Parallele, die unterstreicht, wie wichtig es ist, den ersten Schritt in die Welt zu gehen, den Anfang zu wagen. Eine Bewegung zu starten, frei zu werden.

„You Better Run“ ist einer der stärksten Songs auf „Collider“. Zu klaustrophobisch pulsierenden Bässen entsteht das Gefühl, eingeschlossen zu werden, zu ersticken. Idas Stimme ist glasklar und in diesem Song diamanthart. Zähnefletschend angriffslustig und kühl kontrolliert. Musikalisch hervorragend umgesetzt beschreibt „You Better Run“ den Durchbruch an die sprichwörtliche Oberfläche. Eine Kampfansage: „And when I get out/ You better run“ (!).

„I Am Water“: Es beginnt wie einer von Idas „Rainbows & Tears“- Songs, mit Idas purer Stimme. Doch dann legt David Lehnberg seine Elektronik wie einen langsam aufkochenden Lavasee darunter. Ida ist das Wasser, ihre Stimme ein sinnlicher Fluss, eine Urgewalt wie die Natur, über die sie singt. Jene Natur, die auch in uns ist. Wir sind Teil einer „spiral of creation“, erklärt Ida. Wir müssen zusammenbrechen, um aufzustehen und wieder zu erstarken.

Das bringt uns zu „Hysterical Female“ (Lyric Video). Es geht um, klar, Female empowerment – ’nuff said. dÁrc halten viel davon und provozieren: Hysterisch ist frau, die ihre Wahrheit spricht? Sie weist auf vorherrschende Ungerechtigkeiten hin, wenn sich andere nicht trauen? Wir sollten sie alle feiern und an ihre Seite treten.

„Slay Them All“ (Live Video) ist der finale Kracher der Platte. „Wir [Frauen] sollen uns fühlen wie Uma Thurman in Kill Bill“, so Ida. Sie folge einem Impuls, der sie Songs schreiben lasse, die Frauen Auftrieb geben, sie stärken. Nicht sanft, sondern mehr im Vibe „Eye of the Tiger“. Neben „You Better Run“, liefern dÁrc hier ihren stärksten Song ab. Es entstehen Assoziationen zu Beyoncés ikonischen Satz „I slay“, ihrer eigenen Hinwendung zur Figur der starken, farbigen Frau. „Slay Them All“ passt in seiner Vielseitigkeit ebenso gut zur Geschichte einer Lisbeth Salander. Vielleicht gar zu jeder Geschichte.

In dÁrcs „Collider“ wohnt eine scheinbare Düsternis, und zugleich strotzt es vor positiver Kraft. Es vereinigt die vermeintlich kühle Elektronik mit einer Unmenge Emotionen, die in Idas markanter, glasklarer Stimme wohnen. „Collider“ fühlt sich frisch an, aufgeladen. Ein Elektrizitätswerk voller Emotionen. Eine Kollision aller Energien.

Eleni Blum

"The only truth is music" (Jack Keruac)

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