Mit ihrem sechsten Studioalbum haben sich die drei Hamburger von Sono selbst übertroffen. Sie ziehen ihre eigene Art von Electropop konsequent durch und landen damit zehn satte Volltreffer.
Der frühe Hit „Keep Control“ wird bereits volljährig, und in dieser Zeit ist viel passiert, nicht zuletzt quasi die Implosion der Musikindustrie. Lennart A. Salomon, Florian Sikorski und Martin Weiland hätten bestimmt einige Geschichten zu erzählen (mehr demnächst in unserem Interview), haben aber mittlerweile beschlossen einfach ihr Ding zu machen. Das umzusetzen, was man sich musikalisch vorstellt, ohne faule Kompromisse.
Und es ist gut geworden. Ein akustischer Auftakt, sanfte Pianoklänge, Lennarts sofort wiedererkennbare Stimme, gemächlich einsetzende Elektronik – „Trip“ ist ein geschickter Opener, der sich in der zweiten Hälfte ganz auf die sich allmählich steigernde Elektronik konzentriert. Doch gleich mit Song Nummer Zwei ist man dann mittendrin im Fluss – oder eher im Mittelmeer, mit der großartigen aktuellen Single „Somewhere Beyond The Sea“. Der Text dazu zeichnet ein düsteres Bild unserer zynischen Gesellschaft: „With twenty people in a boat for three, such a romantic kind of holiday, I just can’t tell if you’ll make it today“ (alle Einnahmen der Single gehen an Sea-Watch, mehr dazu hier).
https://youtu.be/UuCP0lLvr9s
Das von zackigen Drum’n’Bass-Sounds angetriebene „Catastrophe“ hat es dagegen geschafft, als einziger Song des Albums einen „Explicit“-Sticker bei den entsprechenden Musikplattformen zu ergattern. Wofür ein F-Wort allein so gut sein kann. Zeiten sind das… Ansonsten: Fetter Track! Weiter geht es mit „Let Go“, vorab bereits bekannt und einer dieser Sono-Ohrwürmer mit einem unwiderstehlichen Refrain (hinter dem wunderbar so eine kleine, irgendwie bekannt klingende Synthiemelodie versteckt ist). Auf der zugehörigen Remix-EP sind u.a. Komplement (der aktuelle Tour-Support), Torul und Rotoskop vertreten.
Die beim letzten, ansonsten ja auch gelungenen Album „Backyard Opera“ an ein paar Stellen etwas zu gewollt-radiotauglich polierten Stücke sind übrigens verschwunden, am ehesten in Richtung „moderne Chartsounds“ mag noch die Refraingestaltung von „Top Of The World“ deuten, hier aber nicht unangenehm – obwohl die Strophe in diesem Fall mal eher der bessere Teil des Songs ist. Es folgt das atmosphärische „Amplify“, das der erste Albumvorbote war und mit einem leicht anderen Sound überraschte. Hierzu gibt es übrigens eine schöne Akustikversion sowie einen flotten Remix von André Winter.
Doch zurück zu „Human“. Wir müssen nämlich über den „Ghost In The Machine“ reden. Jede Wette, dass der Song, zumindest in der ersten halben Minute, bei einer Blindverkostung so manchem ein „Huch, das sind doch Muse, oder?“ entlocken würde. Sehr schön! „Good Enough“ dagegen ist wieder Sono, wie man es erkennt, z.B. von „Always Something Missing“, dessen Beat man hier leicht verlangsamt wiederfindet (danach entwickelt sich aber ein ganz eigener Song, keine Sorge).
Ja, und bis zum Schluss fällt hier kein Stück ab. Weder das düstere „Behind These Eyes“ mit seinen Gitarrenelementen, noch der entspannte Abschluss „One More Before We Go“, an dem HOSH mitgewirkt hat (dessen Remix von „Keep Control“ übrigens mittlerweile die Millionengrenze an Streams überschritten hat). „Human“ wird somit letztendlich zum besten Sono-Album seit (mindestens) „Panoramic View“.
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P.S. Sono live (unbedingt zu empfehlen!):
12.10. Leipzig, Moritzbastei
13.10. Berlin, Frannz Club
24.11. Frankfurt, Das Bett
29.11. Oberhausen, Kulttempel
30.11. Dresden, Eventwerk
01.12. Erfurt, Club From Hell