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"Ein Album ist wie eine Galerie für mich."

Jakuzi: Remixpremiere und Interview

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Fotocredit: Aylin Gungor

Wir haben mal wieder eine exklusive Premiere für euch: Jakuzi, deren zweites Album „Hata Pay?“ im Frühjahr bei uns Album des Monats war, veröffentlichen mit „Ne Teselli Ne Avuntu“ eine weitere Single (mit Video) daraus – und wir dürfen den großartigen Remix von The Soft Moon präsentieren. Außerdem haben wir Bandleader Kutay ein paar Fragen gestellt.

Doch zuerst natürlich die Premiere. Dass Jakuzi irgendwann auf den von allen Postpunk-Jüngern verehrten Luis Vasquez treffen würden, war irgendwie klar. Schön, dass dabei gleich noch etwas künstlerisch Wertvolles herausgekommen ist. Viel Spaß mit diesem feinen Remix:

Nun zum Gespräch. Der sympathische Kutay Soyocak wird von der ebenso sympathischen Managerin Ula? ?algam begleitet (die ihn zum Teil auch als Dolmetscherin vom Türkischen ins Englische unterstützt).

depechemode.de: Ich weiß leider nicht so viel über die Synthiepop-Dark-Wave-Szene in der Türkei. Gibt es da so etwas wie eine Szene?

Kutay Soyocak: Nicht wirklich, nein.

Ula? ?algam: Vielleicht jetzt ein bisschen mehr dank Jakuzi.

Ich kenne nur eine Band, die so halbwegs in die Richtung geht, wenn auch eher etwas rockiger: She Past Away.

Kutay: Ja, stimmt. Die sind so ein bisschen artverwandt.

Wie kamt ihr dazu, diese Art Musik zu machen?

Kutay: Ich habe ein paar Demos aufgenommen. Dann traf ich Taner [Yücel, Anm. d. Red.], meinen Partner und Produzenten bei Jakuzi. Er ist ein großer Synthiepop-Fan. Ich zwar auch, aber er ist als Produzent effektiver.

Mit welcher Musik bist du aufgewachsen?

Kutay: Mit ganz unterschiedlichen Sachen. Postpunk, natürlich Joy Division. Amerikanischer Punk-, Garagen- und Surfrock.

Ihr spielt ja hier noch auf etwas kleineren Bühnen, seid aber zu Hause schon etwas bekannter. Wie groß sind da so eure Konzerthallen?

Ula?: Zwischen 400 und 600 in Istanbul, die sind dann immer ausverkauft. Es gibt aber auch nicht so viele Auswahlmöglichkeiten an Venues.

Ich finde ja, wenn die Zeiten düsterer werden, wird die Musik undergroundiger. Das ist in Deutschland, in Großbritannien, den USA usw. zu beobachten. Ist das in der Türkei ähnlich?

Kutay: Definitiv! Die Leute sind deprimiert, wie überall auf der Welt. In der Türkei ist das vielleicht spezifisch noch etwas dunkler. Nicht nur politisch und ökonomisch.

Ula?: Auch wegen der kulturellen Unterschiede. Die Stadt [Istanbul] ist sehr kosmopolitisch und viel zu riesig. Im Vergleich mit anderen europäischen Hauptstädten ist Istanbul wie ein ganzes Land. Es hat seine eigene Dunkelheit.

Gibt es manchmal Probleme mit den Texten? Denkt ihr an so etwas, wenn ihr sie schreibt?

Ula?: Die Texte sind ja eher nicht politisch, sondern sie drehen sich um Menschen.

Kutay: Selbst wenn sie teilweise politisch sind, interessiert sich von der Regierung keiner dafür. Erst dann, wenn man im Mainstream unterwegs ist, Millionen einen hören und man im Fernsehen auftritt.

Das zweite Album ist größer produziert, hat aber auf der anderen Seite etwas weniger Popelemente. Wie kam das?

Kutay: Das erste Album ist mehr wie ein Mixtape, das verschiedene Genres enthält. Es heißt ja auch „Fantezi Müzik“. Beim zweiten Album wollten wir einen spezifischeren Stil haben.

Ula?: Außerdem hat Kutay immer wieder gesagt: „Es muss dunkler werden, es muss dunkler werden!“ [beide lachen]

Zufrieden mit dem Ergebnis? Ist es dunkel genug?

[Ula? lacht schallend]

Kutay: Ich wollte jetzt nicht, dass diese Dunkelheit wie ein Hashtag vor dem Album hergetragen wird. Es passt aber einfach besser zu meinem täglichen Leben. Vielleicht ist es nicht richtig, große Zukunftspläne zu machen, aber ich würde als Nächstes gerne mehr Industrial-Elemente hinzufügen.

Zur ersten Single „?üphe“ habt ihr ein eindrucksvolles und intensives Video gedreht. Wo kam die Idee her?

Kutay: Der Regisseur ist ein enger Freund. Er wollte etwas Natürliches, aber auch Gefährliches kreieren. Die Bedeutung sollte dabei auch offen bleiben.

Nun gibt es ja auch noch ein Video zur eingangs erwähnten neuen Single:

Dazu hatte Kutay vorab auch noch etwas zu sagen:

Kutay: Es wird auf jeden Fall auch ein Video zum letzten Song auf dem Album, „Ne Teselli Ne Avuntu“, geben. Das ist derzeit mein Lieblingssong auf dem Album. Der ist so ein bisschen ein Hinweis darauf, was wir in der Zukunft machen wollen. Darum ist er von großer Bedeutung für mich.

Der ist auch einer meiner Favoriten. Ich mag aber auch das Instrumental in der Mitte …

Kutay: „Hâlâ Berbat“?

Genau. Mit seinen tollen Synthies. Wie kam es zu dem, und wann habt ihr entschieden, ihn instrumental zu belassen?

Kutay: Den habe ich allein mit Taner aufgenommen. Ich mochte die Demoversion schon, habe Vocals dazu probiert, aber dann festgestellt, dass der Track die nicht braucht. Und ich mag auch, dass er in der Albummitte so eine Art Ruhepol darstellt.

Wie hast du dir die Trackorder überlegt?

Kutay: Ein Album ist wie eine Galerie für mich. Eine sonische Reise, wo alles am richtigen Platz sein soll.

Mir kamen bei ein paar Songs auch andere Künstler in den Sinn. Bei „Yang?n“ und „Kalbim Köprü Gibi“ zum Beispiel Gary Numan.

Kutay: Ja, „Yang?n“ ist sehr numanesk. Das ist kein Zufall.

Zum Schluss die Tourbusfrage: Was hört ihr auf Tour oder habt ihr so während der Aufnahmen gehört?

Kutay: Wir hören sehr viel Drab Majesty, außerdem auch Selofan aus Griechenland. Gerne auch She Past Away. Und immer John Maus.

Vielen Dank für das Gespräch!

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www.facebook.com/jakuz1




Thomas Bästlein

Thomas Bästlein schreibt (früher unter dem Spitznamen Addison) seit Anfang 2007 für depechemode.de. Hauptberuflich arbeitet er im öffentlichen Dienst. Du kannst Thomas online bei Facebook treffen.

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