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LIVE: Ein Interview mit den Buchautoren
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„Depeche Mode-Konzerte sind ein Jungbrunnen für Band und Publikum“

/ 4 Kommentare

Vor einigen Wochen erschien mit „Live“ ein umfangreiches Buch, das die Karriere von Depeche Mode aus der Perspektive von Live-Auftritten und Tourneen beleuchtet. Redakteur Janos Janurik sprach mit den beiden Buchautoren.

Seit Jahrzehnten begeistern Depeche Mode ihre Fangemeinde auf der ganzen Welt. Drei der mehr als einhundert Konzerte der „Memento Mori World Tour” führte die Band im September nach Mexico City, wo die Fans als besonders wild und emotional gelten. Laut Gerüchteküche wurde in der mexikanischen Hauptstadt eine „unbetitelte Depeche-Mode-Dokumentation” gedreht.

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Bis Dave und Martin Mitschnitte ihrer noch laufenden Tournee für den Heimvideomarkt veröffentlichen, müssen wir bestimmt noch ein bisschen länger warten, aber der Durst der Fans wird – mindestens auf deutschsprachigem Gebiet – mit einem bildgewaltigen Buch über die Konzert-Erlebnisse der vierzigjährigen Bandgeschichte gestillt. Die Live-Geschichte von Depeche Mode präsentieren euch Dennis Burmeister und Sascha Lange in diesem umfangreichen Überblick von 1980 bis heute. Tolle Fotos, Stories und Interviews – in diesem 424-seitigen Werk gibt es alles, was das Herz begehrt.

(Dennis und Sascha zu Gast bei den radioeins Elektro Beats, Fotocredit: Olaf Zimmermann)

dm.de: Wenn man ein ganzes Buch den bisherigen Live-Konzerten von Depeche Mode widmet und sich auf die Bands umfangreiche Gigography konzentriert, ist doch logisch, dass ich nach eurem ersten Konzerterlebnis frage. Habt ihr übrigens Depeche Mode zum ersten mal live gesehen oder war das eine andere Band?

Sascha: Depeche Mode Live war tatsächlich das erste richtige große Konzert, das ich erlebt hatte, 1988 als 16-Jähriger Teenager in Ostberlin. In der Zeit war ich sonst nur bei kleineren Punk- und Indiebands in Leipzig, das waren also zwei völlig verschiedene Welten. Unvergesslich. Deswegen haben wir ja auch 2018 das Buch „Behind The Wall” gemacht.

Dennis: Unabhängig davon, dass ich vom Konzert in der Werner-Seelenbinder-Halle erst Tage später aus der damaligen Pionierzeitung „Trommel” erfahren habe, war ich 1988 gerade erst 13 Jahre alt. Ich war also weder mobil, noch hätte ich mir das Ticket auf dem Schwarzmarkt leisten können. Und ob meine Eltern mich einfach mal über Nacht nach Berlin gelassen hätten, wage ich auch zu bezweifeln. Anfang Oktober 1990 starb mein geliebter Großvater, ein Verlust der mich sehr getroffen hat, da ich mehr oder weniger bei meinen Großeltern aufgewachsen bin. Die World Violation Tour 1990 war mir dementsprechend egal, denn ich hatte andere Probleme. Mein erstes Konzert fand also erst im Rahmen der Devotional Tour 1993 statt.

dm.de: Das erste Depeche Mode Konzert ist ein Abend, der einem ewig in Erinnerung bleibt. – Mindestens bei mir – Sommer 1993, frisch maturiert vom Gymnasium – war damals so. Welche Konzert-Erinnerungen sind euch im Gedächtnis geblieben?

Sascha: 1988 alleine in Ostberlin war natürlich alles sehr aufregend und exotisch. 1993 auf der Festwiese in Leipzig zusammen mit Freunden hatte das dann einen viel entspannteren Happening-Charakter. Mir gefällt es immer wieder – egal auf welchem Depeche Mode-Konzert – wenn die Band einen meiner Lieblingssong spielt, da werden Erinnerungen geweckt und manchmal singe ich dabei auch ganz leise mit...

Dennis: Mein erstes Konzert am 16. Juni 1993 in der Berliner Waldbühne werde ich natürlich nie vergessen, allein wegen der zahlreichen Umstände, die das Konzert einzigartig gemacht haben. Es regnete in Strömen und die Crew versuchte mehrfach, den nassen und dadurch viel zu schweren Vorhang an der Bühnentraverse zu befestigen. Jeder Versuch scheiterte, wurde aber vom Pulikum angefeuert und lautstark gefeiert. Das Konzert begann schließlich mit „Higher Love”, allerdings ohne Vorhang. Während Dave sang, wischten Bühnenmitarbeiter um ihn herum das Wasser von der Bühne. Kurz vor „World in My Eyes” zog sich Dave schließlich die Schuhe aus, schlitterte wie ein Teenie über die Bühne und hatte ganz offensichtlich Spaß. Ohnehin war Dave auf diesem Abschnitt der Tour gut drauf. Jedes Konzert war anders, immer passierte irgendetwas unvorhersehbares.

dm.de: Vor mehr als 40 Jahren hatten Depeche Mode ihren ersten – nicht unbedingt spektakulären – Konzertauftritt in einem Schulhaus in Basildon und jetzt treten die vor Zehntausenden Zuschauerinnen und Zuschauern auf. Mehrere Generationen sind schon mit ihrer Musik aufgewachsen. Dieses Jahr hat mich auch meine 13-jährige Tochter zum Konzert in Bratislava begleitet. Depeche Mode sind noch immer eine Wunder auf der Konzertbühne. Aber was ist wirklich dran? Warum können die noch immer so viele Fans bezaubern? Habt ihr euch schon mit dieser Frage befasst?

Sascha: Ich glaube, Depeche Mode-Konzerte sind immer auch ein Jungbrunnen für Band und Publikum gleichermaßen. Jedes Mal, wenn Martin Gore „A Question Of Lust” singt, bin ich wieder 15 Jahre jung und mental in der Schuldisco – ein herrliches Gefühl. Depeche Mode stellen mittlerweile für viele Menschen einen kulturellen Lebensentwurf dar, weshalb die Konzerte bis heute so etwas Magisches haben, das man eigentlich nicht beschreiben oder erklären kann.

Dennis: Ich denke, dass viele Besucher – die nicht zwingend Fans der Band sind – das Phänomen Depeche Mode mindestes einmal live gesehen und erlebt haben wollen. Ich höre öfter im Bekanntenkreis: „Ja, die will ich auch unbedingt nochmal sehen.” Und bei uns, den jahrzehntelangen Fans, ist es eine aufrichtige Liebe, wie man sie nur bei wenigen anderen Künstlern erlebt. Für die meisten Fans ist jedes Depeche Mode-Konzert ein nostalgischer Rausch, ein großes Familientreffen. Viele Freunde kennen sich aus den sozialen Netzwerken, treffen sich aber nur auf den Touren. Und mittlerweile spielt auch Angst eine wichtige Rolle, es könnte wohlmöglich die letzte Tour sein.

dm.de: Jeder Fan hat eine oder mehrere Lieblings-Tourneen(n) aus der Bandgeschichte. Wie sieht das bei euch aus?

Sascha: Die „Tour For The Masses” ganz klar, denn da konnte ich auf einem Konzert dabei sein. Ansonsten hätte ich natürlich gerne auch die anderen Touren in den 1980ern besucht, was aber aufgrund der Mauer nicht ging. Mir hat später besonders die Singles 86-98-Tour gefallen, da alles etwas kleiner und überschaubarer gehalten wurde. Dort war man an der Band so nah dran, wie später nie wieder.

Dennis: Die „Devotional Tour 1993” natürlich und die „Exciter Tour 2001”, auch wenn die Band uns mit dem Album damals sehr viel abverlangte. Rückblickend betrachtet – auch wegen Fad Gadget im Vorprogramm – eine schöne Tour voller guter Erinnerungen.

dm.de: Es gibt eine Menge Fanseiten im Internet, auf Social Media Plattformen, wo die Fans ihre Erinnerungen und Fotos mit der Welt teilen. Haben die euch bei eurer Sammelarbeit mitgeholfen? Wie viele „Devotionalien” im Buch stammen aus eurer privaten Sammlung?

Sascha: Besonders solche großartigen Datenbanken wie „Depeche Mode Live-Wiki” waren natürlich ein unverzichtbares Nachschlagewerk.

Dennis: Ich kenne viele großartige Fans und Sammler, die mir mit ihrem Wissen rund um die Uhr zur Verfügung standen. Markus aus Dresden z.B. oder meine Freunde Norman und Erik aus Potsdam und Berlin. Dazu gibt es eine sehr gute internationale Facebook-Gruppe, in welcher Fans Fotos und Daten zu allen Live-Aktivitäten der Band zusammentragen, auswerten und sortieren. Und es waren nicht wenige Fans, die mir Bildmaterial zur Verfügung gestellt haben. Unser Ansatz war ja, keinen Hochglanzkatalog abzuliefern, sondern das Feeling der Fans aufzunehmen. Da durten Fotos auch mal verwackelt oder unscharf sein. Andere Fotografen ließen sich nach all den Jahren gar nicht mehr feststellen.

dm.de: Die Fans mögen auch die Backstage-, und Insider-Stories, was alles hinter den Kulissen abspielt. Wolltet ihr in diesem Buch auch solche veröffentlichen, erzählen?

Sascha: Wir haben mit dem Buch in erster Linie einen dokumantarischen Ansatz und keinen journalistischen, wir wollten keine Skandale oder Geheimnisse ans Licht bringen. Wir sehen Depeche Mode als ein künstlerisches Projekt und deshalb interessieren uns die Bandmitglieder auch in erster Linie als Künstler und nicht als Privatpersonen. Dennoch haben wir mit einigen Interviews, vor allem mit Dan Silver, Karsten Jahnke und Gaby Meyer einige tolle unbekannte Geschichten aus den Bandalltag erfahren.

Dennis: Wichtige Zeitzeugen und Wegbegleiter der Band wie Dan Silver oder Karsten Jahnke dürfen sich natürlich an intimere Momente mit der Band erinnern. Wir haben ihnen nie Enthüllungsfragen gestellt. Vieles von dem, was unsere Interviewpartner preisgaben, wurde spontan in kurzweiligen Gesprächen geäußert. Wir haben nie gesagt: „Moment, also das geht jetzt zu weit.” Da gab es immer dieses gewisse Fingerspitzengefühl, was man über die Band erzählen kann, bzw. was besser unerwähnt bleibt.

dm.de: Zu Wort gekommen sind in eurem Buch die Bandmitglieder zwar nicht, trotzdem wird hier alles Interessante aus der Karriere der Band erzählt. Interessante Fakten für Neugierige – erzählt von bedeutenden Personen, Schlüsselfiguren, die in enger Kooperation mit Depeche Mode standen. Besonders interessant sind zum Beispiel die Hintergrund-Geschichten von Dan Silver oder von Laszlo Hegedüs. Nanü, der Letztere – ein Ungar, ganz wie ich selbst – hat doch zum ersten Mal Depeche Mode hinter den Eisernen Vorhang für Konzerte gebracht. Er war ein Konzert-Mogul im Wilden Osten. Habt ihr die Herrn Hegedüs persönlich getroffen oder habt ihr mit ihm ein Online-Interview geführt?

(Porträt von Laszlo Hegedüs, Fotocredit: György Gati)

Sascha: Mit Laszlo Hegedüs hatten wir ein Online-Interview geführt, das war einfacher zu organisieren, als nach Budapest zu fliegen. Jüngeren Menschen kann man heute kaum die Umstände erklären, wie das alles in den 1980er Jahren im Ostblock ablief, wie verrückt und absurd aus heutiger Sicht das ganze System war. Umso schöner ist, dass Laszlo so viele Erinnerungen an die Zeit hatte und wir mussten bei einigen Anekdoten wirklich sehr lachen.

Dennis: Hätte mich jemand gefragt, ob Laszlo Hegedüs uns ein Interview über seine Zeit mit der Band gibt, hätte ich wahrscheinlich verneint. Umso glücklicher sind wir mit den Interviews. Sascha hat hier wiklich sehr gute Arbeit geleistet.

dm.de: Peddy von neuwerk Music Management und seine Künstler, Nitzer Ebb erzählen auch ihre Geschichten über das Touring mit Depeche Mode. Dank der engen Freundschaft mit Douglas und Bon haben die mir auch solche nette Stories erzählt, wie zum Beispiel in welcher Routine die Konzertabende während der „World Violation Tour” verliefen, dass sie sich einen Hotdog gekauft hatten und sahen sich „Stripped” an, um die Bühnenshow und die Reaktion des Publikums zu beobachten. Seid ihr übrigens auch Fans von Nitzer Ebb?

Dennis: Na klar bin ich Ebb-Fan. Das war ja der Grund, warum mein langjähriger Freund und damaliger WG-Kollege Malte und ich die Band 2009 als Headliner zur „Convention Of The Universe” einfliegen ließen. Die Band hing auf einem riesigen Poster überm Küchentisch, wo auch die irrwitzige Idee entstand, die Band einfach mal nach Berlin zu holen? Am Ende spielte die Band eine legendäre Show im Berliner Postbahnhof, an welcher neben Martin Gore und Daniel Miller auch Anne Haffmans von Mute Germany, Christian Eigner und Peter Gordeno teilnahmen. Ein legendärer Abend.

dm.de: Die aktuelle Etappe der „Memento Mori World Tour” führt die Band zurück in die USA und Depeche Mode kommen dann Anfang nächsten Jahres wieder nach Europa. Betrachtet ihr diese Konzerte schon als letzte Chance, unsere Lieblinge auf der Bühne zu verabschieden? Machen Depeche Mode Feierabend oder ist diese Tournee nur in eurem Buch das letzte Kapitel?

Sascha: Depeche Mode haben nie große Zukunftspläne gemacht, sondern immer im Hier und Jetzt gelebt und gearbeitet und das schätze ich an der Band außerordentlich. Darum ist es eher müßig, darüber zu spekulieren, was die Band nach der Tour machen wird. Ich für meinen Teil lass mich da einfach überraschen. Schließlich gibt es noch unzählige andere spannende Bands und Künstler – auch und vor allem jüngere –  die man unbedingt mal auf Konzerten sehen und deren Platten man kaufen sollte.

Sascha: Die Buchpremiere am 6. Oktober im Berliner Pfefferbergtheater war ganz ausverkauft und für einige andere Termine sind ebenfalls die Karten knapp. Der Ticketverkauf läuft über die örtlichen Veranstalter. Die mehr als 20 bundesweiten Termine sind hier einsehbar: www.scherbelberg.de Und ich lese auch erstmalig in der Schweiz. Ich freue mich jedenfalls wahnsinnig auf die Tour und wer schon mal auf einer der vorherigen war, weiß, dass es in jedem Fall nostalgisch, informativ und sehr, sehr fetzig werden wird.

„Depeche Mode : Live“ von Dennis Burmeister und Sascha Lange ist bei Amazon* erhältlich.

4 Kommentare

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  1. Dankeschön...

    für das Interview und den Artikel hier.

    Ich bin Fan seit den späten 80igern und verneige mich vor Sascha und Dennis, die ihre Leidenschaft mit uns zu teilen und mit so viel Herzblut und Engagement die bisher erschienen Bücher veröffentlicht haben.

    Gleichermaßen gilt meine höchste Anerkennung Sven, dem Webmaster dieser Seite.

    Frohe Weihnachten allen Devotees und einen guten Rutsch.

  2. hier sicher KEINE Abzocke!

    ich kenne zwar das aktuelle Buch der Autoren (noch) nicht, aber dafür ein Vorgängerbuch der Autoren.
    Schon der Verlag „Blumenbar“ zeigt den aufwendigen, hochwertigen, Zustand.
    Es gibt für mich 3 Bücher wo ich jedem Zureden kann, es zu kaufen:
    Monument, AC, und sicherlich auch dieses Buch, LIVE, hier. Hier hat der Fan eine liebevolle zusammengestellte Recherche, und keinen zusammengestellten Schrott, den jeder schon kennt.
    Sicherlich seinen Preis Wert!
    Danke für das tolle Zusammenstellen einer tollen Band.
    Meine Meinung.

  3. Ich war zur Buchlesung in Dresden. Es war ein super Abend und das Buch ist einfach klasse.

  4. Die Überschrift kann ich genau so unterschreiben. Wenn man verfolgt, mit welcher Spielfreude die Jungs immer wieder auf der Bühne stehen, macht das einfach nur glücklich. Und das Buch ist klasse!

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