Einer der Urväter der deutschen Technoszene. Einer, von dem man – pardon – nicht mehr allzu viel erwartet hat. Einer, dem es dafür gelingt, mit seinem neuen Album auf ganzer Linie positiv zu überraschen. Westbam. Götterstraße.
Maximilian Lenz ist nun tatsächlich auch schon ungefähr 30 Jahre dabei. Er hat miterlebt und zum Teil mitgeprägt, was in der Technoszene hierzulande so los war. Von den ersten kleinen Raves bis zu Massenveranstaltungen wie Mayday und Love Parade. Dass seine eigenen Platten mitunter zwischen den erfolgreichen Tracks so einiges an Mittelmaß boten – geschenkt. Dass von ihm schon länger gar nichts wirklich Relevantes kam – schade. Doch dafür ist der Überraschungseffekt nun um so größer.
Denn „Götterstraße“ ist dem Altmeister ganz prima gelungen. Zunächst fällt einem beim Lesen der Gästeliste die Kinnlade herunter: Bernard Sumner (New Order), Iggy Pop, Brian Molko (Placebo), Hugh Cornwell (The Stranglers), Kanye West, Lil Wayne, Richard Butler (Psychedelic Furs), Inga Humpe und einige mehr. Donnerwetter, auf dieser Straße herrscht echt Verkehr!
Noch besser ist, dass diese Gäste nicht nur reines Namedropping darstellen, sondern den elektronisch pumpenden Tracks auch ihren Stempel aufdrücken, ohne dass das Album aus dem Fluss gerät. Westbam hat sich stilistisch weniger für Großraumtechno als für coole Sounds zwischen 80er Wave und modernem Club entschieden und das verleiht dem Album lässige Eleganz.
Eine Spur Ironie ist ganz sicher auch nie verkehrt. So fleht Richard Butler gleich im ersten Highlight: „You Need The Drugs“ und in vielen Augen werden bunte Smileys aufleuchten. Dem ewig arschcoolen Iggy Pop macht auf „Iron Music“ sowieso keiner etwas vor. Ebensowenig verwechselbar sind die markanten Stimmen Bernard Sumners („She Wants“) und Brian Molkos („Sick“). Mit Kanye West geht es in „Radio Siberia“ gleichsam in Richtung Kraftwerk und Klassik.
Während die beiden Beiträge mit Frau Humpe gemischte Eindrücke hinterlassen (einmal gut, einmal belanglos, ähnlich wie bei ihren sonstigen Aktivitäten also), gefallen dafür die beiden Tracks mit der weniger bekannten Katt Rockell besonders gut. Und Hugh Cornwell erlebt mit Westbam „A Night To Remember“ – passend dazu lief auf Arte gerade eine Folge „Durch die Nacht mit…“ (derzeit noch in der Arte-Mediathek nachsehbar) mit genau diesen beiden Herren.
Kurzum, man sollte Künstler niemals vorzeitig abschreiben, auf der „Götterstraße“ ist gut was los, vielen Dank dafür, lieber Westbam!
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