Wow! Diesen ersten Höreindruck muss man erst einmal verarbeiten. Diese verwinkelten Songverläufe. Dieses offensichtliche musikalische Fachwissen. Diese Songs! Aber: Man verarbeitet es gut, und das Wichtigste ist: Man kann sich an diesem Album auch einfach nur erfreuen.
„An Awesome Wave“ schlich sich vor zwei Jahren bei vielen Hörern (so auch diesem hier) erst allmählich in die Gehörgänge. Zusammen mit Bands wie Django Django brachten Alt-J tatsächlich eine neue Art von Popmusik ins Wohnzimmer. Die sich dann aber dank Hits wie „Tesselate“ oder „Breezeblocks“ – und dank eines durchgehend interessanten Albumverlaufs als sehr nachhaltig erwies.
Dies dürfte Joe Newman, Gus-Unger Hamilton und Thom Green (Gwilym Sainsbury, Bandmitglied Nummer Vier ist nicht mehr dabei) mit „This Is All Yours“ erneut gelingen, das wird mit jedem wiederholten Hördurchlauf klarer. Einen faszinierenden Trip hat die Band aus Leeds da aufgenommen.
Man hat viel, worüber man da nachdenken und diskutieren kann. Die japanische Stadt Nara, die gleich drei Songs ihren Namen gibt, M.C. Escher, englische Mittelalterklänge, schräge sexuelle Fantasien (Ich sage nur: Chipstüte!), Miley Cyrus… es ist eine Menge geboten, inhaltlich, wie auch musikalisch, wo Bläser, Streicher, diverses Schlagwerk, Flöten und Pfeifen gar sowie jede Menge vielseitig verwendete Elektronik vermischt werden.
Und das Schöne ist: Alt-J gelingt (erneut) das Kunststück, dass der eine Hörer ganz tief in die Musik und all ihre Hintergründe eintauchen und sie erforschen kann, der andere Hörer sie aber auch ganz entspannt nur ob ihrer Eingängigkeit genießen kann.
Vom „Intro“ an, das eher ein vollwertiger Song mit schönem Chorgesang und groovenden Sounds ist, lässt das Album nicht los. Die ersten beiden „Nara“-Stücke steigern sich von der Folkballade bis hin zur Hymne. „Every Other Freckle“ lässt den Sex frei und erfreut mit verspielten Soundbasteleien. „Left Hand Free“ überrascht dagegen als geradlinige Rocksingle (für den amerikanischen Markt). Nach einem mittelalterlich geflöteten Zwischenspiel im „Garden Of England“ schwirren im zurückhaltenden „Choice Kingdom“ Synthiesounds durch die Luft, bevor der Hit „Hunger Of The Pine“ mehr Druck aufbaut und sogar ein Miley-Cyrus-Sample geschickt und unnervig unterbekommt.
„Warm Foothills“ lebt von seinen vielen Stimmfragmenten und wunderschönen Melodien, „The Gospel Of John Hurt“ hat einen einladenden, federnden Beat, der in der Mitte plötzlich den Rhythmus ändert, „Pusher“ belässt es bei einer fast unbearbeiteten Ballade und „Bloodflood, Pt. II“ schlägt den Bogen zum Debütalbum, bevor „Leaving Nara“ zu knisternden Soundeffekten den Abschluss bildet.
Ein durch und durch beeindruckendes Album, das den Mut zur Weiterentwicklung nach einem starken Debüt zeigt und das womöglich in den nächsten Jahren immer mal wieder als Referenzwerk auftauchen wird.
Die depechemode.de-Wertung: 9,5 von 10 (mit Tendenz zur vollen Zehn)
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P.S. Alt-J live:
07.02.2015 – Stadthalle Offenbach
08.02.2015 – Palladium Köln
09.02.2015 – Sporthalle Hamburg
11.02.2015 – Columbiahalle Berlin
13.02.2015 – Eishalle Deutweg Winterthur (CH)
16.02.2015 – Gasometer Wien (A)
17.02.2015 – Zenith München
Um Gottes Willen! Vom ersten bis zum letzten Song einfach nur nervig. Ein neues Referenzwerk für „geht garnich“.
Meine Wertung 0,5 von 10 Punkten (mit Tendenz zur vollen Null).
Mehr Worte sind nicht nötig.
klingt spannend, was Du dazu schreibst – höre ich direkt mal rein :)