Da wir uns gerade durch die Monatsrückblicke hören, ergibt sich die Gelegenheit, die eine oder andere Platte noch etwas ausführlicher zu besprechen. Heute zum Beispiel The Slow Readers Club, Fritz Kalkbrenner und Moaning.
Wir starten gleich mal mit einer dicken Empfehlung für Fans der Editors (oder auch Anhänger von Everything Everything): The Slow Readers Club. Ja ja, die Checker nicken und sagen, wissen wir schon seit ca. 2009, Boomer. Pfff. Wir helfen trotzdem gerne dabei, diese außerhalb des Vereinigten Königreiches immer noch nicht so bekannten Mancunians um die Welt zu tragen. Musik ist schließlich ein gutes Virus. Ähem.
Also: Aaron und Kurtis Starkie, James Ryan und David Whitworth haben ihr Debüt unter diesem Bandnamen bereits 2011 veröffentlicht, mit dem dritten Album ging es im UK endlich in die Top 20 – und dessen Nachfolger hier, „The Joy Of The Return“, knackte nun auch die Top 10. Mit Recht, denn hier erreicht der Club der langsamen Leser seinen bisherigen Karrierehöhepunkt.
Da muss man sich nur all diese Hymnen anhören: Zu „All I Hear“ oder „Problem Child“ möchte man irgendwann wieder über die Tanzfläche oder durch den schwitzigen Konzertsaal hüpfen, die walls of „Jericho“ erklimmen, zu „No Surprise“ eigene oder fremde Gänsehäute streicheln, zu „All The Idols“ Fäuste in die Luft recken oder zu „The Wait“ den Luftbass tiefer stimmen. Bonusempfehlung: Die kreativen Säfte flossen offenbar so gut, dass man in Zeiten des pandemischen Abstandes gleich noch das feine Minialbum „91 Days In Isolation“ nachschob.
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Fritz Kalkbrenner macht schon eine ganze Weile die spannenderen Platten der beiden Kalkbrenners. Zuletzt hatte sich aber auch bei ihm ein bisschen zu viel Routine eingeschlichen, und das Instrumentalalbum „Drown“ riss ebenfalls nicht die ganz großen Bäume aus.
Auch „True Colours“, Album Nummer sechs, verlässt die Trademark-Sounds jetzt nicht wirklich, sein Schöpfer ist also sofort zu erkennen. Nun aber genug kritisiert, denn das Gute ist: Das Songwriting ist wieder deutlich stärker hier. Die Integration „echter“ Instrumente (bzw. von deren Samples) in die elektronischen Sounds gelingt wieder bestens, und des Fritzens Stimme (die auf sieben der 13 Tracks ihre Rückkehr feiert) ist eben sowohl markant als auch eine der angenehmsten in diesem Bereich der Clubmusik.
So landet er mit „Good Things“, „Kings & Queens“ oder „Golden“ einige seiner bisher eingängigsten Stücke. Mit „White Plains“ gibt es aber auch basslastige Atmosphäre, mit „A Change Is Gonna Come“ einen feinen Neuneinhalbminüter (der Rest ist dieses Mal sonst eher kompakt gehalten) und mit „Just The One“ ein wunderschönes Finale. Da muss der Fritz gar nicht so regentropfenbedröppelt durchs (sehr schicke) Plattencover schauen.
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Wir hingegen schauen zum Abschluss über den großen Teich. Genauer: Ins sonnige Los Angeles, von dort stammen Moaning. Und die liefern mal wieder den Beweis, dass auch aus Gegenden des permanenten Sonnenscheins (egal ob vom Himmel herab oder durch Reflexionen rundumgebleachter Ortsansässiger) abgrunddüstere Kunst kommen kann.
Obwohl natürlich selten alles dunkel ist. Auch ein „Uneasy Laughter“ ist immerhin ein Lachen. So heißt das zweite Album von Sänger/Gitarrist Sean Solomon, Bassist/Keyboarder Pascal Stevenson und Schlagzeuger Andrew MacKelvie nämlich. Das mit „Ego“ (ja, hat ein bisschen Ähnlichkeit mit Lea Porcelain) gleich ein fast euphorisch klingendes Highlight zum Auftakt liefert. Schillernde Synthies, perlende Gitarren, treibende Drums, schön. Doch mit „Make It Stop“ wird es direkt danach schmutzig und paranoid, und das sind dann so die Pole, zwischen denen man unterwegs ist.
Musikalisch wären das dann grummeliger Post-Punk und etwas freundlicherer New Wave. Klingt interessant? Jawohl! An Höhepunkten und Reinhörködern mangelt es auch nicht. Bitte selber testen: „Stranger“ (Synthieschönheit), „Running“ (Waveperle), „Connect The Dots“ (Electric Dreams), „Fall In Love“ (Synthiepop!). Aber da kann man eigentlich nahezu jeden der elf Songs hier nehmen.
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