Home > Magazin > Interviews > Our Banshee im Interview: “Du weißt nie, von wo es einschlägt”
- Anzeige -

Our Banshee im Interview: “Du weißt nie, von wo es einschlägt”

/

Wer sich ein Vierteljahrhundert kennt und gemeinsam an Songs feilt, der hat zum Release seines Debütalbums bestimmt einiges zu erzählen. So haben wir uns Our Banshee geschnappt und heute, am Tag der Veröffentlichung von „4200“ einmal nachgehakt, wie sie ihren musikalischen Werdegang einschätzen und was typisch griechisch und typisch deutsch ist. Das Duo bestehend aus dem in Athen lebenden Agi Taralas und dem im Ruhrgebiet ansässigen Stefan Böhm ( den mal wohl aus der härteren elektronischen Ecke für Nullvektor und Pzychobitch kennen dürfte) haben Rede und Antwort gestanden. Was das alles mit dem Sandmännchen und Bio-Tomaten zu tun hat, lest ihr hier:

Hallo Agi, wie ist denn das Wetter in Griechenland. Ich weiß, du wohnst in Athen, was ist denn das Schönste an der Stadt und hat sie dein Bandkollege Stefan schon besucht?
Hi an alle. Also Athen hat sicher ne Menge Sehenswürdigkeiten und liegt auch gleich am Meer, deshalb kann man hier viel unternehmen, wenn man Lust dazu hat, bzw. wenn das Wetter mitspielt. Damit ist gemeint, dass hier von April bis November T-Shirt Wetter ist. Stefan hat mich hier leider noch nicht besucht, aber ich hoffe dass das auch, in naher Zukunft passiert.

Du hast ja eine ganze Weile in Oberhausen gewohnt: Was ist für dich typisch griechisch und was typisch deutsch?
Der krasseste Unterschied zwischen Griechen und Deutschen ist sicher folgender: Deutsche nörgeln über alles und jeden. Wenns keinen Grund gibt, wird einer gefunden, um des nörgelns Willen. Neulich erst am Düsseldorfer Bahnhof erlebt. In einer völlig überfüllten Bahn, jammerten alle, dass die Bahn so voll ist. Also wurde noch ein Wagon angehängt, damit die Leute besser aufgeteilt werden. Daraufhin nörgelten alle über die 4 min. Verspätung, um den Wagon anzukoppeln. In Griechenland hätte das übrigens 4 Stunden gedauert, wenn überhaupt was passiert wäre… Dafür ist der Grieche von Grund auf unzuverlässig. Wenn man sich verabredet oder einen Termin macht, der eine Woche im Voraus geplant wird, braucht man sich keine Illusionen zu machen, dass sich jemand daran erinnert, meist heißt es, “ach, wusste nicht, dass das klar geht, hast ja nicht eine Stunde vorher angerufen”. Das alles natürlich mit einem Augenzwinkern, aber ich spreche aus jahrelanger Erfahrung. Ich empfinde mich selbst allerdings als Ruhrpott Original, also ein echtes “Pottblach”!

Wo wir gerade bei deiner Zeit in NRW sind: Erzähl doch mal, wie du deinen Bandkollegen Stefan Böhm kennengelernt hast.
Stefan ist mir 1991, zwei mal ins Auge gestochen, weil er doch, für damals und für Oberhausen, ein recht aussergewöhnliches Äusseres an den Tag legte. Gesprochen hatten wir uns da noch nicht, aber er ist aufgefallen. Wie der Zufall es so will, sind wir beide dann aber anschließend zusammen zur Berufsschule gegangen. Stefan kam natürlich auch zur Einschulung zu spät, aber es wurde eben noch ein Kerl außer mir aufgerufen. Wir waren die einzigen Jungs im Jahrgang! Um so größer war die Freude, als er dann doch noch auftauchte und es war der “seltsame Grufti” den ich ja schon zwei mal bei Events gesehen hatte. Der Rest ist Geschichte…

Was ist die lustigste Geschichte aus der gemeinsamen Lehrzeit? Und womit könnt ihr euch auch heute noch gegenseitig aufziehen?
Es gibt sicher ne Menge Anekdoten, aus dem Berufsschulalltag, aber was für mich persönlich unvergessen bleiben wird, war Stefans charmante Art, bei mir Zigaretten zu schnorren. Er hatte da eine ganz spezielle Herangehensweise. Das hat vorher noch nie jemand gemacht und danach auch nicht… das ist 110% Stefan.

Was macht deinen Bandkollegen so besonders?
Stefan ist einfach ein Unikat. Ich könnte jetzt stundenlang referieren, schließlich haben wir mehr als die Hälfte unseres Lebens miteinander verbracht, aber um es auf einen Nenner zu bringen: So unberechenbar er auch ist – und man weiss nie so recht, was als nächstes passiert, wenn man mit Stefan was unternimmt oder arbeite- am Ende kann ich sicher sein, dass er nen perfekten Job abliefert, auch wenn sich mir der Weg dahin nie so recht erschließt.

Ihr seid ja nun schon ziemlich lange gemeinsam musikalisch unterwegs, warum hat es ein Vierteljahrhundert gedauert bis euer Debütalbum fertig war?
Naja, wir haben ja in den 25 Jahren nicht ständig was zusammen gemacht. Die ersten zehn haben wir mal sporadisch was zusammen aufgenommen. Danach kamen eine ganze Reihe von Projekten, bei denen Stefan full time involviert war. Da war nicht viel Zeit für “nebenbei”. Erst Ende der 90-er haben wir uns, unter anderen mit andere Leuten, ernsthaft zusammengesetzt und was zusammen aufgenommen. Aus den diversen Projekten wurde meist nichts, weil immer jemand kurz vor Vollendung das Gefühl hatte, was anderes machen zu müssen. Also hat sich Stefan komplett auf seine anderen Bands konzentriert. Erst nach dem endgültigen Ende von Pzychobitch, war wieder Platz, etwas ernsthaftes in Angriff zu nehmen uns vom Ergebnis kann sich jetzt jeder selbst sein Bild machen.

Warum ist „4200“ DAS Album, was man in diesem Herbst hören sollte?
Naja, ich denke, jeder sollte sich selbst sein Bild davon machen, ob er das Album mag oder nicht. Von unserer Seite, kann ich nur sagen, dass auf dem Album für jeden was dabei ist und ich denke, gerade die Vielfalt macht es so besonders.

Erzählt das Album persönliche Geschichten, die über die letzen 25 Jahre gesammelt wurden?
Es ist sicher einiges persönliches in “4200” zu finden, nicht nur aus unserer Zusammenarbeit, oder Freundschaft der letzten 25 Jahre, sondern eher eine ganze Portion Lebenserfahrung. Einige der Songs sind empirischer Natur. Dabei geht es um Erlebtes oder Beobachtetes Wie z.B. “Christ” oder “You Had It Coming”. Erlebt heißt dabei nicht zwingend, dass ich das selbst durchlebt habe, sondern eher, dass es sich um Erfahrungen handelt, die ich gemacht habe. Andere Songs wiederum sind sehr persönlich und da krame ich ganz tief im eigenen Nähkästchen. Wieder andere sind rein fiktiv und sollen nur eine Geschichte erzählen oder ein Bild malen.

Was kann Stefan, was andere Produzenten nicht können und wie hat sich das auf „4200“ ausgewirkt?
Die Frage ist nicht sehr fair den “anderen Produzenten” gegenüber, weil so viele kenn ich ja nun nicht, bzw. ich hab noch nicht mit all zu vielen gearbeitet. Was ich aber sagen kann ist, das Stefan schon ne Menge drauf hat und mich immer wieder beeindrucken kann, mit dem, was er leistet. In Griechenland gibt es eine Redensart, die genau darauf passt… Frei übersetzt: “Du weißt nie, von wo es einschlägt”.

Viele haben deinen Gesang bisher mit dem von Steffen Keth verglichen. Stört dich das oder siehst du das als Kompliment?
Nun, ich sehe nicht so viele Gemeinsamkeiten, aber ich bin da sicher nicht der, der das beurteilen sollte. Aber mit Steffen Keth verglichen zu werden, ist definitiv ein Kompliment. Ich bin mit De/Vision aufgewachsen und ich bin auch ein riesen Fan, seit ich die Jungs 1992 zum ersten mal live gesehen habe. Steffen Keth ist ein großartiger Sänger, und so wie ich ihn bisher kennengelernt habe, auch ein super Typ, und vor allem ein Vollprofi. Über derartige Vergleiche kann ich mich nur freuen.

Der Opener „Christ“ haut einem ja schon in die Fresse, worum geht’s in dem Song?
„Christ“ ist kein religiöser oder moralischer Song, wie der Titel vielleicht vermuten lässt. Es geht hierbei um jemanden, der zur Besinnung kommt und reflektiert, was er selbst alles falsch gemacht hat in seinem bisherigen Leben. Dabei ist der name Christ, also “Jesus”, und der Teil, “was my guest tonight” eher als Metapher zu verstehen, für die “Erleuchtung” die man hat, wenn man plötzlich feststellt, wo man angekommen ist und wer daran Schuld hat.

Wer kam auf die Idee, die Spieluhrmelodie vom Sandmännchen zu sampeln und wie viel Wein war da im Spiel?
Die Spieluhr war komplett meine Idee und den Anfang von „B2B“ hab ich komplett selbst gebaut. Der Song war ursprünglich nicht für Our Banshee gedacht. Wir haben den Song aber im Laufe der Zeit adaptiert. Als ich beim Einsingen der Vocals festgestellt habe, dass der Part “These might going down…” wie ein Kinderreim klingt, wenn man ihn anders betont, war schnell beschlossen, dass die Idee mit in den Song einfließen soll. Dabei kam die Spieluhr ganz gelegen, weil man im Anschluss auch den Kinderreim hört. Das es nun grade das Sandmännchen war, ist wahrscheinlich eine nostalgische Anlehnung, an die ehemalige DDR, die auch Ihren Platz, bei Our Banshee hat.

Kann man es mit einer 25jährigen Bandgeschichte und in einem mittleren Lebensalter als unbekannte Band mit bekannten Vorprojekten (Nullvektor, Cascade Falls, Pzychobitch….) überhaupt in die Szenecharts schaffen?
Ich bin überzeugt, dass Erfolg, wie auch immer man den definieren will, nichts mit dem Alter zu tun hat. Wenn man den Spieß umdreht, können wir, im Gegensatz zu jungen Bands, auf eine Menge Erfahrung zurückgreifen. Man sagt ja nicht umsonst, “alte Besen kehren gut”.

Wie sehr wurdet ihr dafür belächelt jetzt erst ein Album zu veröffentlichen und was war eure Reaktion gegenüber den Kritikern?
Ich kann mich nicht erinnern, dass uns jemand belächelt hat… ganz im Gegenteil. Die landläufige Reaktion ist eher: “Wow, super! Ihr bringt ein Album raus, und das in EUREM Alter”. (lacht)

Da Stefan vermutlich während unseres Gesprächs schon fast eingeschlafen ist, hier noch eine Spezialfrage an ihn: Um mal auf deine anderen Projekte zu sprechen zu kommen- wie war das Konzert von Nullvektor bei der Rewemarkt-Eröffnung in Duisburg Hochfeld im Jahr 2010? Und schweben euch für Our Banshee ähnliche Konzerte vor?
Genial. Besonders die Szene, als die Omis ihren Rollator wegschmissen und alle nach vorne gestürmt sind. Leider musste ich vorzeitig abbrechen, weil grad eine neue Lieferung Bio-Tomaten angeliefert wurde und wir den Eingang versperrt haben…

Wo sieht man euch das nächste Mal live?
Stand von heute: Am 12.01.2018 in Leipzig, auf dem Planet Myer Day.

Letzte Worte an die (zukünftigen Fans) bevor gleich die Schleichwerbung kommt….
So weit ist es noch lange nicht …

Josie Leopold

Ich bin die kleine Schnatterschnute vom Dienst: bunt, glitzernd, voller verrückter Ideen. Wenn ich nicht gerade Interviews führe, Beiträge verfasse oder versuche Wordpress davon zu überzeugen doch bitte nett mit mir zu sein, versuche ich die Welt ein bisschen besser und bunter zu machen.

- Anzeige -
Consent Management Platform von Real Cookie Banner