Während die meisten unserer Leser seit Wochen von der aktuellen Tournee von Depeche Mode schwärmen, werfen wir einen Blick auf die jüngste Tournee der französischen Pop-Größe Mylene Farmer, die am 3. Juni im benachbarten Frankreich begonnen hat.
Es ist das achte Mal seit 1989, dass die Kultsängerin auf der Bühne steht, und wer sie kennt, weiß, dass jeder Auftritt oder jede Tournee ein echtes Ereignis für ihre Fans ist. So auch dieses Mal: Die französischsprachige Presse schwärmt bereits in den höchsten Tönen von der neuen Bühnenshow, obwohl das Eröffnungskonzert gerade erst hinter uns liegt.
Diese Premiere fand im Stade Pierre Mauroy in Lille vor 45.000 Zuschauern statt. An dem gigantischen und höchst spektakulären Bühnenbild haben mehrere Personen mitgearbeitet, darunter Laszlo Zsolt Bordos, Gründer und Leiter von BORDOS.ARTWORKS, der von unserem Redakteur, Janos Janurik vor der Generalprobe und der ersten Konzertaufführung interviewt wurde. Ihr könnt das ganze Interview mit dem weltberühmten Lichtmaler und 3D Videomapping-Künstler weiter unten lesen.
Farmer ist für Perfektionismus bekannt
Bei den Konzerten von Mylène Farmer haben das Spektakel, die einzigartige Kulisse, die Beleuchtung, die visuellen Elemente, die Kostüme und natürlich die Choreographie immer eine herausragende Rolle gespielt. Die Sängerin ist für ihren Perfektionismus bekannt, und ihre Konzerte wurden von Künstlern wie Hubert Monloup, Thierry Mugler, Fred Peveri, Paco Rabanne, HR Giger, Mark Fisher, Alain Escalle, Jean-Paul Gaultier und Dimitri Vassiliu inszeniert, um nur einige zu nennen.
Zu dieser beeindruckenden Liste gesellt sich nun Bordos Artworks hinzu. Laszlo Zsolt Bordos, der auch als „Großmeister der Illusion“ bezeichnet wurde, begann als Maler, doch mit dem Aufkommen der 3D-Software wandte er sich der Digitaltechnik zu und ersetzte den Pinsel durch eine Maus. Er trat auch als VJ in der Budapester Underground-Party-Szene auf, und seine bahnbrechenden architektonischen 3D-Gebäudeprojektionen und Lichtgemälde machten ihn weltberühmt.
So kam er in das Kreativteam von Mylène Farmer und wird zum dritten Mal die Konzerte des französischen Superstars unvergesslich machen. Da die Vorbereitungen für die „Nevermore“-Tournee unter strenger Geheimhaltung stehen, habe ich Zsolt nur vorsichtig gefragt, um zumindest einen Eindruck von seiner Arbeit mit Mylène Farmer zu bekommen.
Interview mit Laszlo Zsolt Bordos
dm.de: Mein Herz machte einen Sprung, als ich Ihren Namen auf dem Tourneeplan 2013 meiner Lieblingssängerin („Timeless“) entdeckte. Dieses Projekt war eine weitere ungarische Verbindung, neben den beiden früheren ungarischen Videodrehs von Mylène Farmer („Désenchantée“ + „Regrets“ (1991) und „Q.I“ (2005)). Wie bist du mit ihr in Kontakt gekommen? Kanntest du sie schon vorher oder hast du ihren Namen und ihre Musik zum ersten Mal im Zusammenhang mit ihrer Arbeit gehört?
BORDOS.ARTWORKS: Ich erinnere mich daran, ein paar Musikvideos von Mylène gesehen zu haben, als ich ein Teenager war, also ja, ich kenne ihre Musik noch von früher. Sie kontaktierten mich zum ersten Mal 2013 im Zusammenhang mit der „Timeless“-Konzerttour, und natürlich fragte ich, warum sie mich ausgewählt hatten, und sie sagten, dass sie sich in der Branche umgehört hatten, weil „Timeless“ ursprünglich als 3D-Mapping-Projektion begann und sie sich erst in der zweiten Runde schließlich für die LED-Wandlösung entschieden, die man auch heute noch sehen kann. Trotzdem bin ich bei dem Projekt geblieben. Ich kann jedoch mit Sicherheit sagen, dass Mylène und ihr Team froh waren, 1991 nach Ungarn zu kommen, und ich bin sicher, dass das positive Endergebnis des damaligen Projekts dazu beigetragen hat, dass ich darum gebeten wurde, Intro und Outro für das Konzertprojekt zu machen. Aber es gibt noch eine ergänzende Geschichte dazu. Als ich meinen guten Freund Ivo Kovács wegen des Mylène-Projekts anrief, erzählte er mir, dass er als Kind ein Statist in dem in Budapest gedrehten „Désenchantée“-Clip gewesen sei. In der einen Rebellion-Szene des Clips hat er die Lampe und die Glühbirne zerschlagen. Natürlich habe ich auch Mylène diese Geschichte erzählt und sie war sehr beeindruckt davon.
dm.de: Die „Timeless“-Tournee war die letzte Tournee mit einem Bühnenbild von Mark Fisher entworfen. Der große Architekt und Designer, dem Künstler wie Pink Floyd, Rolling Stones, U2, Metallica, Peter Gabriel, Genesis, Tina Turner, Madonna und Lady Gaga ihre fantastischen Bühnenbilder zu verdanken haben, ist vor Beginn der Tournee verstorben. Konntest du ihn noch persönlich treffen?
BORDOS.ARTWORKS: Ich konnte Mark kennenlernen. Er war ein Mann von beeindruckendem Wissen und Format. Ich bedauerte sehr, dass wir nur bei seinem letzten Projekt zusammenarbeiten konnten. Wir trafen uns zweimal während der Vorbereitung des Projekts, und obwohl wir nur sehr wenig Zeit im selben Raum verbrachten, hat mich dieser Mann völlig verändert, ich war sehr beeindruckt von seiner Direktheit, seiner respektvollen Art, seiner unendlichen Bescheidenheit. Schon von weitem konnte man spüren, dass er ein Mann von ernsthaftem Intellekt war. Ich werde nie vergessen, wie wir nach dem letzten Treffen mit Mylène in Paris aus dem Sitzungssaal herauskamen und uns gesagt wurde, dass die Autos ankommen würden, um uns abzuholen. Eine Limousine kam zuerst an und Mark sagte mir, ich solle zuerst einsteigen, aber ich sagte ihm, nein, ich würde auf den nächsten Wagen warten, in dem er mitfahren könne. Schließlich überredete er mich, zuerst einzusteigen, da ich es eilig hatte, zum Flughafen zu kommen. Ich stieg in den Luxuswagen ein, und als ich mich umdrehte, um Mark zuzuwinken, sah ich das andere Auto kommen, natürlich auch ein eleganter Wagen, aber ein normales Taxi. Das hätte mein Auto sein sollen. Traurigerweise war das „Timeless“-Projekt der Schlussakkord von Marks Werk. Glücklicherweise konnten seine fantastischen Set-Ideen noch realisiert werden. Was nur wenige Menschen über Mark wissen, dass die Figur von dem Professor in dem Pink-Floyd-Zeichentrickfilm „The Wall“ auf Mark basiert. Seitdem ich das weiß, denke ich jedes Mal, wenn ich diese Animation sehe, gerne an Mark.
dm.de: Das Intro zu „Timeless“, unter dem Titel „Genesis“, wurde von Bordos.ArtWorks erstellt. Ich hatte die Gelegenheit, die Show beim Tourstopp in Brüssel live zu erleben, und die Bilder des Konzertstarts haben sich für immer in meine Netzhaut eingebrannt. Die Ouvertüren bildeten schon immer den einen Höhepunkt der Konzerte von Mylène Farmer, es ist also eine große Verantwortung, diese Momente zu planen und unvergesslich zu machen. Durftest du deine eigenen Ideen für die von Laurent Boutonnat komponierte Musik entwerfen, oder wurde dir strikt vorgeschrieben, wie die atemberaubenden Momente der Konzerteröffnung auf einer gigantischen Kulisse (660 m2) auszusehen hatten?
BORDOS.ARTWORKS: Ich wurde zu dem ersten Meeting nach Paris eingeladen. Sie erklärten mir das Konzept, dass das Set einem Teilchenbeschleuniger ähneln sollte, und von da an war es keine Frage mehr, dass die visuelle Welt auf Teilchen basieren würde. Sie hatten ein paar Wünsche bezüglich der Struktur des Storyboards, aber die visuelle Gestaltung überließen sie ganz mir. Das Drehbuch wurde natürlich mit Mylene und Laurent, also uns dreien, geschrieben und entwickelt. Sie waren immer offen für alle Ideen und visuellen Lösungen.
dm.de: Das Konzertfilm von „Timeless“, der in Lyon gedreht wurde, lief in französischen, schweizerischen und belgischen Kinos. Er wurde sogar in Russland, Kanada und Lettland gezeigt. Wann und wo hast du deine eigene Arbeit zum ersten Mal auf der großen Leinwand gesehen?
BORDOS.ARTWORKS: Auf jede Tournee folgt ein Konzertfilm, der etwa ein Jahr lang in den Kinos gezeigt wird. Ich war zur Premiere in Paris eingeladen, und da habe ich den Film gesehen. Es hat Spaß gemacht, alles noch einmal anzuschauen.
dm.de: Die nächste Zusammenarbeit war eine noch speziellere Konzertaufführung von Mylène Farmer: eine Show für eine nicht transportierbare Bühne, die das kreative Team für die La Défense Arena in Paris kreieren musste. Der künstlerische Leiter war Laurent Boutonnat und diese einzigartige Show wurde im Juni 2019 neunmal aufgeführt. Du warst wieder für die Backstage-Projektionen der Show verantwortlich, die 235.000 Zuschauer anzog. „Blade Runner“ von Ridley Scott war eine der Hauptinspirationen für das Bühnenbild. Um den Fans einen Eindruck davon zu vermitteln, wie viel Arbeit hinter einer solchen Show steckt, wurde eine dreiteilige Dokumentation namens „L’Ultime Création“ auf Amazon Prime veröffentlicht. Was sind deine Erinnerungen an dieses Konzert? Hast du einen Lieblingsmoment, auf den du besonders stolz bist?
BORDOS.ARTWORKS: Das La Défense-Projekt war unsere zweite Zusammenarbeit. Wir waren keine „Fremde“ mehr, sondern haben als Freunde zusammengearbeitet. Ich war natürlich stolz, dass sie wieder mich riefen, denn eine bessere Bestätigung, dass sie mit meiner vorherigen Arbeit zufrieden waren, brauche ich nicht. Laurent – der mein Hauptansprechpartner war – und ich haben uns sehr gut verstanden und wir haben reibungslos zusammengearbeitet. Auch in diesem Fall haben wir das Storyboard zu dritt geschrieben: Mylène, Laurent und ich.
dm.de: Die neue Tournee, die am 3. Juni begann, wurde vor zwei Jahren von TSProd – der Produktionsfirma, die für die Konzerte von Mylène Farmer verantwortlich ist – angekündigt. Die Konzertreihe unter dem Motto „Nevermore“ wird in 7 französischen Großstädten, darunter Paris, sowie in den größten Stadien der Schweiz und Belgiens stattfinden. Ursprünglich wurde sogar über eine Tournee durch Russland geredet, die aber „aufgrund der internationalen Lage nicht realisiert werden kann“, wie Thierry Suc, der Manager von Mylène Farmer sich zu diesem Thema geäßert hatte. Welche Rolle spielst du bei der aktuellen Produktion? Ohne die Vertraulichkeitsvereinbarung zu brechen, was für eine Bühnenshow können die Besucher eines der 13 Konzerte erwarten? Da ich Mylènes Perfektionismus kenne, ist eins sicher, dass sie ihre Fans mit einer weiteren denkwürdigen Show begeistern wird.
BORDOS.ARTWORKS: Mylène und das gesamte Team sind extrem professionell, konsequent von der ersten Idee bis zur Umsetzung. Ein solches Projekt erfordert eine Menge Planung und Vorbereitung, allein schon die Logistik und der Transport der riesigen Bühne und des Bühnenbilds mit 88 Lastwagen. Erstaunliches Kaliber, erstaunlich professionelle Organisation. Ich darf mich nicht zum Inhalt des Konzerts äußern, aber ich kann euch sagen, dass es ein professionell zusammengestelltes Konzert sein wird, sowohl in Bezug auf die Qualität als auch in Bezug auf die Optik, und dieses Mal wird es ein Konzert sein, das Mylènes Vision voll und ganz widerspiegeln wird. Sie ist eine beeindruckende Persönlichkeit!
dm.de: Ich nehme an, du bist beim jeweiligen Eröffnungskonzert immer und unbedingt dabei. Wirst du die gesamte Tournee begleiten oder nur bestimmte Shows? Mischst du dich unter das Publikum und beobachtest von da die Reaktionen, oder bleibst du in der VIP-Loge und siehst du dir alles aus einer professionellen Perspektive?
BORDOS.ARTWORKS: Normalerweise besuche ich das erste Konzert, und dieses Jahr war Lille der Veranstaltungsort. Aber derzeit sieht es so aus, dass ich auch in Genf dabei sein werde. Normalerweise bekomme ich eine VIP-Karte, aber ich bevorzuge es, das Konzert im und mit dem Publikum zu erleben. Manchmal kann man da auch direkte Meinungen zu seinem eigenen Werk hören.
dm.de: Wenn eine Produktion das Publikum erreicht, arbeitet das kreative Team bereits an einem anderen Projekt. Und wie sieht das bei dir aus? Was ist deine aktuelle Arbeit?
BORDOS.ARTWORKS: Ich konzentriere mich hauptsächlich auf Kunstprojekte, ich mache selten Shows oder Konzerte, aber natürlich freut es mich immer, mit Mylène zu arbeiten. Dieses Jahr habe ich eine Gebäude-Lichtshow in Melbourne und ein längerfristiges Projekt in Hongkong.
dm.de: Wenn du zum Schluss noch einige persönliche Gedanken zu Mylène äußern könntest…
BORDOS.ARTWORKS: Es ist rührend zu sehen, dass man ewig jung bleibt, wenn man sein Leben mit dem verbringt, was man wirklich liebt. Mylène ist ein gutes Beispiel dafür. Ich kann nur hoffen, dass dies nicht ihr letztes Konzert sein wird…
Für die „Nevermore“-Konzerte wurden bisher mehr als 550.000 Karten verkauft. Die Tournee, die am 3. Juni in Lille begann und am 29. Juli in Nizza enden wird, ist fast vollständig ausverkauft und wurde von der französischen Presse mit den folgenden Worten bejubelt: „Die Ikone hat gezeigt, dass sie immer noch die Königin ihres Reiches ist.„
Der Verfasser dieser Zeilen wird diese ikonische Sängerin am 22. Juli in Brüssel live erleben. Wir werden unsere Leser natürlich darüber auf dem Laufenden halten. Und wenn sich jemand von Euch ein Last-Minute-Ticket kaufen möchte, kann man hier versuchen, Restplatzkarten zu bekommen:
Ticket für Brüssel z uverkaufen
Hallo liebe Musik-Fans, bitte nicht wundern.. das ist meine erste Nachricht auf http://www.depechemode.de. Gestern erst in München gewesen, heute hier ;-)
Und ich freue mich auch wahnsinning auf MF in Brüssel.
Habe ein Ticket abzugeben für den Innenraum. Es hat EUR 125 gekostet. Näheres gerne per E-Mail. Ich komme mit dem Zug an und wie es scheint, ist das Ticket nur auf dem Handy verfügbar. Eine Rückgabe über ticketmaster.be scheint nicht zu gehen.
Bitte meldet euch bei Interesse. LG, Alex
LILIAN
freue mich riesig auf das konzert von mylène farmer den 25.06.23 in Lyon
Die deutsche Parallele scheint mir auch eher Helene Fischer, allerdings muss man wirklich sagen, dass Mylene trotz der formalen Ähnlichkeiten einfach tausendfach mehr Spirit und Inspiration hat – sie steht halt in einer Tradition französischer Song/Chanson-Künstlerinnen, während Helene letztlich nur den Schlager im Rücken hat.
Ich finde es ein sehr interessantes Phänomen – bei einem Mylene Farmer-Konzert könnte ich mich schon vorstellen, bei Helene Fischer never ever no way ich renn davon
Einfach nur idiotisch. Ohne Bühnenshow würden alle einschlafen. Sieht aus wie am Eurovision Song Contest.