Manchmal sollte man sich von mittelmäßigen Covern nicht abschrecken lassen. Sonst würde man hier womöglich – und der Albumtitel deutet Ähnliches an – klassischen Klischee-Gothic befürchten und sich schaudernd abwenden. Doch dann liest man die Songtitel, erkennt Brecht und Weill und hört zum Glück doch interessiert hinein.
Mona Mur und En Esch sind beide alte Hasen. Sie hat in den 80ern mit den Einstürzenden Neubauten und später mit den Stranglers, Yello oder den Warschauern Philharmonikern gearbeitet sowie drei Stücke zu Fatih Akins preisgekröntem Film „Gegen die Wand“ beigesteuert. Er war Gründer und Frontmann der Industrial-Legende KMFDM.
Was die beiden hier zusammengerührt haben, ist ein giftig rauchender Cocktail aus Elektronik, Industrial-Rock und Chansonkunst, der eine überaus spezielle Note und einen ureigenen morbiden Charme entwickelt.
Die elf Songs teilen sich im Prinzip in drei Gruppen auf – vier neue, gemeinsame Stücke, vier neue Versionen älterer Stücke von Mona Mur und drei Neuaufnahmen von Brecht/Weill-Klassikern. Erfreulich ist schon einmal, dass das Album trotzdem sehr geschlossen wirkt. Die Neukompositionen umklammern mit dem finsteren Industrialbrocken „Candy Cane“ (Den Text bitte nur mit robustem Magen genießen!) und dem schmutzig-elektronischen „The Wound“ das Album, dazu gesellen sich „The Thin Red Line“ (langsam, rockig) und „Visions & Lies“ (tanzbar, elektronisch). Einen schönen Kontrast liefern sich die Stimmen der beiden Akteure – sein düsteres Grollen und ihr theatralischer und enorm vielseitiger Gesang.
Die neu eingespielten Mona Mur-Stücke passen sich gut in den Gesamtsound ein, doch verlieren wir lieber ein paar Worte über die Brecht/Weill-Lieder. Man weiß, wie argusäugig die Erben das musikalische Werk beschützen und dessen Verwertung längst nicht jedem gestatten. So wie hier hat man diese berühmten Stücke sicher noch nicht gehört. „Die Ballade vom Ertrunkenen Mädchen“ ist sogar erstmals in einer nicht klassischen Aufnahme – und das gleich als brachialer Industrial-Chanson – zu bestaunen. „Der Song von Mandelay“ kommt nahezu punkig daher, während „Surabaya Johnny“ fast als Ballade durchgeht (wären da nicht die immer wieder lärmenden Gitarren).
Insgesamt ein interessantes Album eines interessanten Pärchens, das mal eine ganz andere Art Hörerlebnis bietet. Mitunter hätte die eine oder andere Gitarre zugunsten der großartigen Stimme Mona Murs zurückbleiben dürfen, nichtsdestotrotz eine gute, nicht alltägliche Platte.
(Addison)