Ein letztes Album des Monats schulden wir euch noch für 2020. Und da wollen wir unsere Leser mit klassischem Synthiepop mit ordentlichem Post-Punk-Anteil erfreuen. Aber zur Abwechslung kommt der heute mal aus Belarus.
Doch von Anfang an: Erst seit drei Jahren veröffentlichen die Minsker Egor Shkutko, Roman Komogortsev und Pavel Kozlov ihre Musik der schweigenden Häuser (um gleich den Bandnamen ins Spiel zu bringen). Seitdem sind sie sehr fleißig unterwegs, 2017 erschien das Debüt „S Krysh Nashikh Domov“ (an die Schreibweise muss man sich kurz gewöhnen, aber mit Kyrillisch hätten wir WordPress überfordert), im Folgejahr der Nachfolger „Etazhi“.
Und plötzlich ging es ab – ausgerechnet dank der unsäglichen Plattform TikTok (aber auch über YouTube und Bandcamp). Dort entwickelten sich zahlreiche Filmchen, die User mit dem Song „Sudno (Boris Ryzhy)“ unterlegten, zum viralen Hit. Dank eines internationalen Plattenvertrages mit dem renommierten Label Sacred Bones Records erschienen die ersten beiden Alben in diesem Jahr weltweit (ja, auch hier, Achtung, ihr Jäger da draußen, die verschiedenen Vinylausgaben sind bereits begehrte Sammlerstücke).
Nun ist mit „Monument“ also Album Nr. 3 da, und so, wie das Trio mit dem Albumtitel und dem Artwork – auf Letzteres wäre sicher auch Kim Jong-il stolz gewesen – bei den architektonischen Anspielungen bleibt (nach den Dächern im Debüt und den Etagen beim Nachfolger), bleibt man auch musikalisch beim etablierten Stil. Der sich sehr geschickt zahlreicher Vorbilder aus Post-Punk, Synthiepop und New/Dark Wave bedient.
Zwischen Bauhaus (sic!), Joy Division, den russischen Kultband Kino oder auch dem türkischen Längst-nicht-mehr-Geheimtipp She Past Away findet sich garantiert noch ein Plätzchen für Molchat Doma. Gitarre, Bass, Drum Machine, ein paar Synthies, dazu die dunkel belegte Stimme von Egor Shkutko – fertig ist der Sound der Dystopie.
Man könnte jetzt natürlich sagen, hm, die drei Alben unterscheiden sich jetzt aber nur marginal. Das ist sicher auch den kurzen Abständen zwischen den Platten geschuldet. Trotzdem erkennt man, dass auf „Monument“ mittlerweile mehr ins Feintuning investiert wurde. Die Stücke sind ein bisschen tanzbarer, ein bisschen eingängiger, fast ein bisschen fröhlicher. Die Inhalte bleiben jedoch düster.
Und die neun Songs sind durchweg gut, da war kein Platz für Füllmaterial. Während der Opener „Utonut“ die Synthesizer perlen lässt, folgt auf „Obrechen“ der Einstieg von Gitarre und Bass ins Album, und mit dem dritten Stück gibt es einen richtigen Hitanwärter, zumindest in der Keller-„Discotheque“. Mit „Ne Smeshno“ wird es dreckig, „Otveta Net“ erfreut den Joy-Division-Fan. Zu „Udalil Tvoy Nomer“ lässt sich schwelgen, der „Leningradskiy Blues“ bringt Interpol und ein Augenzwinkern ins Spiel, und „Lubit y Vypolnyat“ ist ein zauberhaftes Finale zu einem durchweg starken Album. Spasibo!
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hört sich gut an, gleich mal über spotify hören :)