Am Freitag, den 4. August erscheint das neue Album, „We Travel The World“, von X-Perience.
Mitte der 90er Jahre erschien die Band X-Perience plötzlich auf der Bildfläche der Pop-Welt, lieferte einen veritablen Top-Hit ab („A Neverending Dream“) und konnte mit den ersten drei Alben souverän in die Top 50 der deutschen Charts einziehen. Das Erfolgsrezept: Lupenreiner Synthie-Pop und die einprägsame Stimme von Sängerin und Frontfrau Claudia Uhle.
Zum Beginn des neuen Jahrtausends haben sich dann in der Band die Prioritäten verschoben, das Privatleben und die Familie wurden wichtiger. Sängerin Claudia betrieb nebenher ihr Soloprojekt Angelzoom. So dauerte es ganze 14 Jahre, bis 2020 die Comeback-Platte „555“ von X-Perience erschien, die prompt bis auf Platz 23 der Albumcharts kletterte.
Nun steht mit „We Travel The World“ der insgesamt sechste Longplayer in den Startlöchern. Die Vorab-Singles machen deutlich: X-Perience haben noch immer das Händchen für Synthie-Pop in Reinkultur.
depechemode.de hat X-Perience zum ausführlichen Interview getroffen.
Die Veröffentlichung Eures neuen Albums, „We Travel The World“, steht unmittelbar bevor. Seid Ihr aufgeregt oder gar nervös?
Alex Kaiser:
Aufgeregt oder angespannt würde ich nicht sagen. Es ist ja nicht das erste Album, das wir machen. Da sich die Musikindustrie permanent verändert, ist es heutzutage total schwer einzuschätzen, wie neue Musik ankommt. Da wir alles selber machen, vom Komponieren über das Produzieren und sogar das Drehen der Videos, haben wir gar keinen Kontakt zur klassischen Musikindustrie. Und wenn ich dann mal kurz Kontakt zur klassischen Musikindustrie habe, dann bin ich froh, dass ich mit denen nicht mehr verbandelt bin. (lacht) Die machen immer noch die gleichen Fehler wie vor 20 Jahren. Da wir alles alleine machen, ist es echt schwer einzuschätzen, wie ein neues Album so ankommt. Mich interessiert da vielmehr das Album an sich. Das ist sehr schön geworden, hat viele Facetten, vielleicht auch ein paar neue. Es ist aber letztlich konsequent X-Perience.
Ohne vermessen sein zu wollen: Ich bewundere Depeche Mode dafür, dass die mit über 60 noch so coole Musik machen, sich selber treu bleiben und trotzdem nicht altmodisch klingen. Wenn wir sowas in unserer Welt erreichen könnten, wäre das toll. Wir wollen immer frisch klingen, aber natürlich uns treu bleiben. Die Leute kommen ja zu uns, weil sie „A neverending dream“ hören wollen. Und natürlich bekommen die das auch. Das sind nunmal wir. Wir haben kein Problem mit unserer Vergangenheit.
Es gibt bereits fünf digitale Singles vom neuen Album. Die Fans kennen also einige Songs der neuen Platte bereits. Wie sind die Reaktionen?
Claudia Uhle:
Die Reaktionen sind sehr gut. Ich poste ja oft was bei Instagram oder TikTok, da kommen viele positive Reaktionen. Auch bei YouTube sieht man das. Ich musste mich da ein bisschen bremsen, um nicht zu viel zu posten. Ein bisschen aufgeregt bin ich dann aber doch, wie die Fans den Rest des Albums finden. Denn da sind noch viele gute Songs drauf. Einige Sachen wollen wir bis zum Release noch geheim halten.
Alex Kaiser:
Das ist ja auch unsere Bubble. Wäre ja doof, wenn die die neuen Sachen schon scheiße finden würden. (lacht) Wir haben ja unseren Researcher Matze (Matthias Uhle, Anm. d. Red.), der Tester des Wahnsinns (lacht). Der hört jeden Song 300 bis 500 Mal und spielt sie dann anderen Leuten vor.
Claudia Uhle:
Da gibt’s ein richtiges Punktesystem mit Sternen und Listen und so. (lacht)
Matthias Uhle:
Ich finde das total wichtig. Man wird ja gewissermaßen betriebsblind, wenn man mitten in der Produktion ist und einen Titel schon 100 oder 200 Mal gehört hat. Man kann sich zwar einen Titel auch mal schön hören, aber wenn man bei einem Song nach drei oder vier Mal merkt, dass er schon nervt, dann muss man vielleicht etwas ändern. Bei „A neverending dream“ hatten wir von Anfang an das Gefühl, dass der auch nach hunderten Malen noch frisch klingt. Und der läuft ja heute noch im Radio. Den kann man sich nicht schnell überhören.
Bernd Wendlandt (Produzent):
Wir hatten das auch in der Produktion, dass wir diverse Versionen verschiedener Titel hatten. Und dann haben wir Matze gefragt, was halten denn die Leute von dieser oder jener Version? Ist das zu 80er? Ist das zu alt oder zu neu? Danach haben wir dann beispielsweise den Beat oder das Tempo angepasst. Da ist dann auch ein Song, der ursprünglich eine Ballade war, zu einem Song geworden, der richtig nach vorne geht. Wir haben deutlich auf Feedback reagiert.
Wie ist der Entstehungsprozess der Platte gewesen, nachdem Ihr nach dem letzten Album entschieden habt, weiterzumachen?
Bernd Wendlandt:
Matze und ich haben uns jeden Freitag im Studio getroffen. Wir beide hatten ein paar Ideen vorbereitet. An diesen Ideen haben wir gebastelt, so dass wir eine Art musikalisches Layout hatten. Das haben wir dann immer an Claudia und an Alex geschickt und Feedback eingesammelt. Dann kam zurück: Weitermachen oder einstampfen. (lacht)
Claudia Uhle:
Ich war für den Tonart-Check zuständig. Ich hab dann versucht, die Songs in allen möglichen Tonarten zu singen und herauszufinden, wie das klingt.
Bernd Wendlandt:
Wenn Matthias eine schöne Melodie hatte, dann haben wir erstmal einen Kauderwelsch-Text gemacht, um zu schauen, wie klingt Claudia eigentlich in diesem Song. Dann kamen die Ideen von Alex dazu mit Änderungsvorschlägen, so dass beispielsweise die Melodie einen schöneren Bogen hat oder ein Wort schön aufgeht. Daran haben wir uns entlang gehangelt. Dann kommt das Arrangement und eine fertige Demo wird daraus.
Wie stimmt Ihr Euch untereinander ab? Wie wird bei X-Perience entschieden, in welche Richtung ein Song oder das ganze Album geht?
Alex Kaiser:
Das kommt immer aus dem jeweiligen Song heraus. Manche Songs geben es ja quasi vor, in welche Richtung es geht. Diesmal sind wieder etwas rougher oder traditioneller.
Bernd Wendlandt:
Das kommt durchs Probieren. Wir hatten Songs, wo wir gesagt haben, lasst uns einen Schritt zurück gehen und etwas anders machen. Wir hatten einige Songs in vier oder fünf verschiedenen Versionen.
Claudia Uhle:
Teilweise mit ganz unterschiedlichen Melodien.
Bernd Wendlandt:
Wir denken natürlich komplett in der X-Perience Welt. Wir wollen Synthies! Wir wollten den X-Sound nochmal neu machen ohne die eigene Welt zu verlassen.
Matthias Uhle:
Wir hatten einen Song, da haben wir ewig nach den passenden Wörtern gesucht. Da haben wir verschiedene Versionen eingesungen. Da war der Text viel zu kompliziert. Letztlich heißt der Song „Endless summer“ und hat einen tollen Sommerbeat und klingt tatsächlich nach Sommer. Da hat sich der Song durch den neuen Text nochmal komplett geändert.
Gibt es gerade ein 90er Revival? Da passt Ihr ja ganz gut rein.
Matthias Uhle:
Wir waren musikalisch ja immer schon eine Mischung aus 80er und 90er. Im Fernsehen laufen jetzt große 90er Revival Partys, es gibt plötzlich Cover-Versionen von alten Haddaway-Songs. Kann schon sein, dass die 90er gerade angesagt sind.
Alex Kaiser:
Wir biedern uns nicht dem Zeitgeist an. Wir sind End-Vierziger bis Mitte-Fünfziger, warum sollen wir uns im Mainstream-Radio mit einer 22-jährigen Chartstürmerin messen? Das macht gar keinen Sinn. Wir sind eine Band, die halbwegs in Würde gealtert ist (lacht). Das muss man akzeptieren (lacht).
Bernd Wendlandt:
Wir machen die Musik, die wir mögen. Und es gibt Leute, die diese Musik mögen. Früher waren es vielleicht mehr, weil sie „A neverending dream“ kannten, aber wir machen die Musik für Leute die Synthie-Pop, Dark Wave und die seichteren Sachen von Depeche Mode mögen. Andere Leute, die unsere Musik nicht verstehen, die wollen wir auch gar nicht überzeugen.
Alex Kaiser:
Wenn man die Leute erreicht, die diese Art von Musik mögen, dann ist diese Kerngröße völlig ausreichend. Wir wollen niemandem gefallen, der sonst HipHop hört.
Wenn Ihr heutzutage ein Newcomer sein würdet: Hättet Ihr mit „Circles of love“ und „A neverending dream“ den gleichen Debuterfolg hingelegt?
Alex Kaiser:
Die Vertriebskanäle sind heute völlig andere. Wir haben damals eine Depeche Mode Party organisiert und uns dort als Live-Act selbst zum Headliner gemacht. Und nachts sind wir durch die U-Bahn Stationen und haben Plakate geklebt. Heute muss man Social Media Posts absetzen und seine Musik bewerben. Das ist auf jeden Fall legaler als das, was wir damals gemacht haben (lacht). Wir würden heute also ganz anders agieren. Jetzt klebt wohl keiner mehr Plakate, die wir in einem alten Opel durch die Gegend fahren. Das ist heute etwas klinisch geworden.
Claudia Uhle:
Früher waren CD-Verkäufe eine messbare Einheit für Erfolg. Und natürlich hat man mit CD-Verkäufen auch Geld verdient. Mit Streams verdient man ja quasi nichts.
Matthias Uhle:
Was CD- und Vinylverkäufe angeht, sind wir auch heutzutage gar nicht schlecht. Unsere Fans möchten noch einen Tonträger in der Hand halten. Ich bin auch ganz optimistisch für die Charts, wo die physischen Verkäufe noch eine Rolle spielen. Unsere Vinyl wird wohl noch vor Veröffentlichung ausverkauft sein.
Claudia Uhle:
Deshalb sind Konzerte auch so wichtig. Einen Stream hat man schnell vergessen, aber wenn man auf einem Konzert war, dann holt man sich vielleicht hinterher auch die CD oder streamt die Band mehr. Deshalb freue ich mich aufs nächste Jahr. 2024 wollen wir mehr live spielen. Die ersten Termine kommen schon rein.
Ihr spielt im September in Berlin ein Release-Konzert. Ist das ein Testlauf für weitere Auftritte?
Bernd Wendlandt:
Ja, das ist eine Record-Release-Show mit unseren Fans. Am 7.10. spielen wir in Braunschweig mit Forced to Mode und zeigen dort unser neues Album. Durch Corona wurde so viel verschoben, dass wir mit dem letzten Album nicht live spielen konnten. Für 2024 sind einige Termine in der Pipeline.
Wir sind gespannt. Vielen Dank für das Gespräch.
Schöne Überraschung
Ich habe Matthias Anfang der 2000er in Berlin kennenlernen dürfen.
Er gab mir die coolsten Tips neuester Musik Software, alles super freundschaftlich
und manchmal haben wir die Zeit vergessen, als wir über Plugins gefachsimpelt haben.
Über all dem stand immer ein wirklich toller Mensch, der mir Einblick gab,
in seinen langen Weg als Musiker und das Musikbusiness.
Von daher freut es mich umso mehr, zu sehen und zu hören, dass er mit X-Perience
weiter in der Welt der Musik tätig ist. Viel Erfolg, Matthias mit X-Perience !!!