Es ist immer noch ein Weilchen hin, bis Florence and the Machine ihr lang herbeigesehntes Album „How Big, How Blue, How Beautiful“ am 29.05.2015 verรถffentlichen. Ein weiteres Schmankerl auf dem Weg dorthin ist das neue Video zur Single „St Jude“. Ging es im Vorgรคnger „What Kind of Man“ noch um das apokalyptische Ende einer intensiven Liebesbeziehung, schlรคgt „St Jude“ deutlich ruhigere, ernรผchterte Tรถne an.
Im Hintergrund klingt entferntes Meeresrauschen, es dรคmmert bereits violett am Himmel. Florence steht mit dem Rรผcken zu uns und breitet die Arme aus als ob sie die Freiheit umarmen wolle, die in der Luft schwebt. Sie bewegt sich in Richtung einer Tรผr, hinein in die Trรผmmer und Ruinen eines Dorfes. Ein Mann trรคgt eine erschรถpfte und durchnรคsste Florence dort hinein wรคhrend der Regen auf sie beide hinab strรถmt. Offensichtlich ist „St Jude“ die Weitererzรคhlung einer gescheiterten Beziehung aus „What Kind of Man“: Florence wirkt als habe sie die schwere Schlacht, die drohende Apokalypse um Haaresbreite รผberlebt. Ihr Gesichtsausdruck ist apathisch und sie bewegt sich traumverloren. Sie setzt ihren Weg teilweise allein fort, teilweise wird sie von einem Mann durch die Morgendรคmmerung getragen, vorbei an lachenden Kindern, hin zu einer Kirche.
Tatsรคchlich fasst dieser Ort die Stimmung des Songs perfekt auf. Ein sakraler Moment, ein Zusichfinden. Regisseur Vincent Haycock erklรคrt, dass dieses Video Florence dabei begleitet, wie sie eine Art „Gรถttliche Komรถdie“ nach Dante durchlebt. In Dantes epochalem Werk durchlebt der Protagonist gefรผhrt von den rรถmischen Dichtern Vergil und Statius die drei Reiche des Jenseits – die Hรถlle, das Fegefeuer und schlieรlich das Paradies, indem ewige Seligkeit herrscht. Somit kรถnnte „What Kind of Man“ Sinnbild fรผr die Hรถlle sein wรคhrend „St Jude“ fรผr das Fegefeuer stehen kรถnnte. Florence lรคuft durch die Straรen und singt รผber St. Jude, den „patron of the lost causes“. Die Musik ist ungewรถhnlich ruhig fรผr Florence and the Machine und lรคsst Florences sanfter, doch eindringlicher Stimme den Vortritt. Dennoch transportiert sie eine unverkennbare Wรคrme und Hoffnung. Die Wut aus „What Kind of Man“ weicht einer sakralen Nรผchternheit. Ihre vorlรคufige Reise endet damit, dass sie ihren Weg allein fortsetzt.