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Interview der Woche

Suzie Stapleton: „Es ist wundervoll, Künstler auf der Höhe ihres Schaffens zu sehen.“

Sie war der vorletzte Supportact der Memento-Mori-Tour. In Paris, München, Madrid, Barcelona, Lissabon und Bilbao durfte Suzie Stapleton für Depeche Mode den Abend eröffnen. Dazu, zu ihrem gemeinsamen Song mit Dave Gahan und natürlich auch zu ihrer eigenen Musik haben wir ihr rund um das Konzert in München ein paar Fragen gestellt:

depechemode.de: Nachdem du nun die ersten Shows mit Depeche Mode gespielt hast: Kannst du uns etwas von deinen Eindrücken berichten? Wie war es, vor einem so großen Publikum zu spielen? Waren die Fans nett zu dir? Und konntest du dir DM auch selbst auf der Bühne ansehen?

Suzie Stapleton: Unsere ersten beiden Shows in Paris waren wundervoll. Es war schon seltsam, vor so großen Mengen zu spielen, und ich war nicht sicher, was mich erwartet. Aber das Publikum war sehr unterstützend und einladend, und wir hatten eine tolle Zeit. Ich wurde mit Nachrichten und guten Wünschen überschüttet, was wunderbar ist. Natürlich haben wir uns auch Depeche Mode angeschaut – so wundervoll, Künstler auf der Höhe ihres Schaffens zu sehen, wie sie so kraftvolle Performances abliefern. Es geht nur alles zu schnell vorbei!

Was hast du gedacht, als du festgestellt hast, dass das wirklich DER Dave Gahan ist, der dein Album bestellt?

Obwohl ich schon wusste, dass ein Freund Dave meine Musik gezeigt hatte und sie ihm gefiel, war ich doch überrascht, als ich sah, dass er ein Exemplar von „We Are the Plague“ bestellt hat. Wie die meisten Künstler habe ich mit dem Selbstvertrauen zu kämpfen, da ist es sehr gut, so eine Bestätigung zu bekommen. Ich mache seit langer Zeit alles selbst, da werden solche Momente hochgeschätzt.

Und wie war die gemeinsame Arbeit mit ihm an „Mother of Earth“?

Ich war dabei, die Produktion für das Jeffrey Lee Pierce Sessions Project abzuschließen, an dem bereits viele großartige Künstler beteiligt waren – Nick Cave, Debbie Harry, Mark Lanegan, um nur ein paar zu nennen. Und da dachte ich, es wäre fantastisch, auch Dave an Bord zu haben. Ich hatte am Klavier in meinem Heimstudio an einem Arrangement für „Mother of Earth“ gearbeitet, war aber nicht sicher, ob es das auf das Album schafft oder wer es singen könnte. Ich habe Dave eine Mail geschickt und ihn gefragt, ob er sich an dem Projekt beteiligen möchte. Zufälligerweise stand das „Imposter“-Album der Soulsavers kurz vor der Veröffentlichung, und er erwähnte, dass er mit Rick Machin auch an einer Version von „Mother of Earth“ herumgespielt hatte, die es dann nicht auf ihr Album geschafft hat. Also habe ich ihm meine Version geschickt, mit der Frage, ob er den Gesang beisteuern könne, und dann ängstlich auf die Antwort gewartet. Das Nächste, woran ich mich erinnere, ist, dass ich eine Sprachnachricht von ihm bekam, in der er mit Ideen spielt, wie er den Song hört und wie er ihn performen würde. Er war so relaxt in seinem Herangehen, dass wir von da an sehr schnell vorangekommen sind.

Ich habe den Track mit der Band in London produziert, und Dave hat seine Vocals in New York aufgenommen. Die Files wurden mir zugeschickt, und Dave hat seine Gesangsperformance mit tiefer Verbindung zu Jeffreys Text auf den Punkt gebracht. Aber er hatte noch eine Überraschung im Ärmel. Er hatte eine Idee für einen Leadgitarrenpart, den er aufgenommen hat – und das war die Kirsche auf der Torte. Das brachte ein Element des originalen Gun-Club-Tracks zu meinem Klavier-Arrangement und vervollständigte den Song perfekt.

Schließlich haben wir uns dann auch persönlich getroffen, als wir 2023 in London das Video zu „Mother of Earth“ gedreht haben, während Depeche Mode wegen ihres Gigs im Twickenham-Stadion in der Stadt waren.

Du hast eine Menge Musikvideos für dein erstes Album gedreht, die alle einen bestimmten Look und eine bestimmte Atmosphäre haben. Wie stark warst du in die Ideen und den Dreh involviert – und für wie wichtig hältst du Musikvideos heutzutage?

An all meinen Videos habe ich selbst Hand angelegt – entweder bei der Regie, der Kamera, dem Schnitt oder allen drei Dingen. Beim Video zu „Mother of Earth“ war ich auch für Regie und Schnitt verantwortlich. Dort entschieden wir uns für einen Dreh in Schwarz-Weiß und hatten das Glück, den brillanten Kameramann Matt Hopkins an Bord zu haben. Gavin Jay, der in meiner Band den Bass spielt, hilft bei den Clips auch in verschiedenen Jobs mit. Ich mache die ganze Arbeit meist aus Notwendigkeit, am Prozess des Filmschnitts habe ich aber tatsächlich Spaß. Du fängst mit einer Menge Material an und bringst es langsam dazu, Sinn zu ergeben. Wie, wenn man etwas von einem Steinklumpen abklopft, bis das finale Bild erscheint. Ich denke, Musikvideos sind wichtig, um eine Verbindung mit den Menschen herzustellen – mit einem guten Filmclip kann man das Storytelling ergänzen.

Du wurdest schon mit großen Namen wie PJ Harvey oder Mark Lanegan verglichen. Aber wer sind deine Haupteinflüsse als Künstlerin?

Die beiden sind definitiv dabei, ich wuchs mit 90er-Alternative-Rock auf, also sind sie in meiner DNA, zusammen mit Soundgarden, Smashing Pumpkins, Radiohead usw. Seitdem haben sich meine Einflüsse hin zu mehr zurückgezogener Musik wie Elliot Smith, Chris Whitley und Duke Garwood entwickelt. Ich liebe auch die Klangwelten von Künstler:innen wie Chelsea Wolfe, Anna von Hausswolff, Alain Johannes, The Afghan Whigs, Gallon Drunk … und es gibt immer noch mehr zu entdecken.

Wir – die Menschheit – sind die Plage, und es scheint nicht besser zu werden. Denkst du, unsere geliebte Erde ist noch zu retten? Und was muss zuerst getan werden?

Es sind sicher sehr besorgniserregende und frustrierende Zeiten. Ich bin so leidenschaftlich bezüglich unserer natürlichen Welt, dass es mir das Herz bricht, die anhaltende und in manchen Regionen sogar noch zunehmende Zerstörung zu sehen. Wie auch immer, ich habe Hoffnung. Ich denke, die meisten Menschen kümmert das, man weiß bloß nicht, wie man die Themen, die uns als Gesellschaft betreffen, angehen soll. Große Veränderungen ergeben sich aus vielen kleinen Schritten – manchmal mag es hoffnungslos aussehen, aber Fortschritt wird gemacht. Eine der interessantesten Entwicklungen der letzten Jahre ist die Verwendung des Rechtssystems, um Veränderung zu erzwingen. Gemeinden und Umweltorganisationen bringen große Verschmutzer vor Gericht und gewinnen. Diese Herangehensweise nimmt Schwung auf und bringt Ergebnisse. Es ist frustrierend, den langen Prozess gerichtlicher Abläufe abwarten zu müssen, um geschützt zu bekommen, was offensichtlich und ohne Frage geschützt werden muss, aber diese Herausforderung müssen wir annehmen. Und es gibt mir Befriedigung, wunderbare Menschen diese Kämpfe annehmen und gewinnen zu sehen.

Ich unterstütze vollen Herzens die Taktiken von Gruppen wie Extinction Rebellion. Während ich Empathie für jene fühle, die mit dieser Art von Protest Probleme haben, glaube ich fest daran, dass das Festhalten an diesen temporären Störungen den katastrophalen Konsequenzen vorzuziehen ist, die der Umweltkollaps hätte, auf den wir derzeit zusteuern. Die britische Regierung hat als Reaktion diese Art von Störprotesten verboten, was ich fehlgeleitet und beunruhigend finde. Die meisten Politiker bevorzugen kurzsichtige Politik wegen persönlicher Vorteile. Die Menschen haben seit Jahrzehnten friedlich demonstriert, und es hat nicht die Veränderungen gebracht, die wir so dringend brauchen. Ich denke, es gibt neben Störprotesten nicht mehr viele Optionen.

Außerdem müssen Regierungen proaktive Maßnahmen für gesetzliche Änderungen zum Umweltschutz ergreifen. Zum Beispiel: Verbot bestimmter Bau- und Produktionsmaterialien, Verbot von Einwegplastik, Schutz von Lebensräumen etc. Sie alle verzögern diese Dinge aufgrund von Firmeninteressen. Es ist schockierend, dass sie in Australien immer noch Urwälder abholzen. Es macht mich traurig, solche Nachrichten aus meiner Heimat zu lesen. Es ist noch viel zu tun …

Zum Abschluss: Was sind deine nächsten Pläne, wann wird es einen Nachfolger zu „We Are the Plague“ geben? Hast du schon Tracks geschrieben oder aufgenommen?

Ich habe schon seit einer Weile an Songs fürs zweite Album geschrieben und eine Menge Songs bereit liegen. Während wir auf Tour sind, habe ich sie beiseitegelegt, aber wenn ich danach ins UK zurückkehre, werde ich meinen Fokus darauf legen. Es juckt mich schon in den Fingern, wieder ins Studio zu gehen.

Vielen Dank für deine Zeit!

Jetzt Suzie Stapleton – We Are the Plague bestellen:

www.suziestapleton.com

www.facebook.com/suzie.stapleton

Thomas Bästlein

Thomas Bästlein schreibt (früher unter dem Spitznamen Addison) seit Anfang 2007 für depechemode.de. Hauptberuflich arbeitet er im öffentlichen Dienst. Du kannst Thomas online bei Facebook treffen.

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