Hui, der Mai – ja, den wollten wir euch nicht vorenthalten, bevor der Juni-Rundumschlag aus dem Haus darf – war vielleicht wettertechnisch nicht der absolute Wonnemonat, aber plattentechnisch steckte der mal wieder mächtig voll. U.a. mit Zebra And Snake, Poliça, Squarepusher, 2:54, Phon.O und Still Flyin‘.
Sind das jetzt die finnischen OMD? Warum Matti und Tapio aus Alajarvi von Andy McCluskey in den höchsten Tönen gelobt werden, hört man jedenfalls nach wenigen Takten heraus. Und da wir in der jüngeren Vergangenheit die 80er-Detailbesessenheit bei Bands wie Hurts und Mirrors mehr oder weniger enthusiastisch gefeiert haben, sind wir auch bei Zebra And Snake und ihrer „Healing Music“ dabei. Eingängige Melodien und gute Songs, ein bisschen mehr Originalität und Eigenständigkeit wäre zukünftig aber doch zu wünschen.
Diese junge Dame namens Channy Leanagh und ihre Band Poliça werden ja im Moment von den Feuilletons (und von Musikerkollegen wie Bon Ivers Justin Vernon oder auch Jay-Z) überall in den Himmel gelobt. Und tatsächlich, mit „Give You The Ghost“ liegt hier ein hochinteressantes Werk vor. Wenn man denn mit Autotune zurechtkommt, denn die Frontfrau bearbeitet ihre Stimme nahezu durchgehend mit dessen Verzerreffekten. Dazu spielt die Band allerdings eine so faszinierende Musik, zwischen Trip Hop, R’n’B und versponnenem Electro, dass es eine wahre Freude ist. Faszinierend!
Jetzt schnell etwas für die Anhänger komplizierterer Elektronik. Und/Oder die Fans des Warp-Labels. Der Squarepusher hat Album Nr. 13 draußen. Auf „Ufabulum“ hat er parallel an Musik und Visualisierung gearbeitet und für die Präsentation einen „video-synthesiser“ erfunden. Auf die Livepräsentation darf man also gespannt sein, auf Konserve kommt das wie immer sperrig daher, für Squarepusher-Verhältnisse allerdings fast schon zugänglich. Und natürlich mit diesen klassisch knackigen Breakbeats.
Ach ja, warum nur gibt es immer noch kein zweites Album von The Postal Service? Vor fast einem Jahrzehnt verbanden da Ben Gibbard (Death Cab For Cutie) und Jimmy Tamborello Electropop und Indie zu einem sanften Meisterwerk. Seitdem: nüscht. Aber immerhin lässt Tamborello nun als Dntel endlich wieder von sich hören. Mit einem knisternden Album, das nicht zu Unrecht „Aimlessness“ heißt. Absichtlich ziellos wabert es durch elektronische Welten zwischen Chillwave, wie sich das neuerdings nennt, House und vielen anderen Spielarten. Nur der Pop bleibt weitgehend draußen. Trotzdem schön.
Wer hat eigentlich das Cover von Plastic Operators „Before The Day Is Out“ verbrochen? Zum Glück ist diese Beschwerde des Auges dem Ohr egal, wenn es von diesem kanadisch-belgischen Duo mit fast genau jenem Pop verwöhnt wird, den wir eben von The Postal Service vermissen. Die Songs hier erfreuen Electro- und Indiefreund und sind streckenweise gefährlich ohrwurmig. Mal sanft, mal ordentlich tanzbar, aber immer mit dem direkten Zug zum Tor, äh, zur Melodie. Schööön!
Wie spät ist das schon? 2:54? Echt jetzt, „2:54“? Is‘ ja ’n Ding! Na dann können wir uns auch gleich der somnambulen Musik der Thurlow-Schwestern Hannah und Colette aus London widmen. Deren Sound ist mal wieder etwas für die Verehrer von Joy Division und sonstigem kühlem Postpunk. Die Drums klopfen stoisch, der Bass brummt dazu, die Gitarren tupfen Melodien darüber und der schwebende Gesang gibt der schwermütigen Stimmung den Rest. Schaurig schön!
Hurra, die Apokalypse ist da! Ein Titel wie „Burn The Land And Boil The Sea“ lässt diesen Schluss jedenfalls zu. Auch hier, auf dem dritten Album von Principles Of Geometry ist der Sound also düster. Die Herren Guillaume Grosso und Jeremy Duval haben sich womöglich den tollen Film „Drive“ angesehen und sich von dessen fantastischem Soundtrack inspirieren lassen. Neonkalte 80er-Straßenschluchten, Synthesizer in eingefrorener Extase, da fühlen wir uns doch gleich heimisch.
Nochmal Melancholie, aber mit viel helleren Sounds gibt es beim neuen Album von Phon.O. Auf „Black Boulder“ schwelgt Carsten Aermes in topaktuellem Soundgewand zwischen Dubstep und Dub-Techno. Mit warmen Grooves unterfüttert, verbinden sich futuristische Sounds mit melodiösen Parts (insbesondere in den beiden Vocal Tracks, „Twilight“ mit Bodi Bills Pantasz, und „Leave A Light On“ mit Tunde Olaniran). Achtung, das hier setzt möglicherweise Trends!
Wo wir letztens gerade Joy Division sagten, sind die frühen New Order ja nicht weit. Womit wir bei Still Flyin‘ und ihrem Zweitling „On A Bedroom Wall“ wären. Der Clou ist jedoch, dass die alten Sounds hier nicht nachgespielt oder kopiert, sondern durch andere Stile oder Klänge (wie z.B. Afrobeats) ergänzt werden. Zudem wirkt die Stimmung, nicht zuletzt aufgrund der lässigen Chorgesänge, dermaßen fröhlich und gelöst, als wären The Cure zur bunten Partytruppe mutiert. Macht Spaß.
Schließlich mal wieder ein Nachtrag, weil eigentlich schon seit April draußen: Aber das Gerede über Adam Bainbridge alias Kindness ist so groß, da wollen wir auch mitmischen. Dessen Coverversion des Klassikers „Swingin‘ Party“ war schon einmal einer der Hits des Frühjahrs. Auf „World, You Need A Change Of Mind“ treibt Bainbridge das Spiel mit den 80ern dann weiter, mitunter bis zum Saxophonexzess. Cheesy, retro und enorm verschlurft – aber eben doch irgendwie fetzig.
Und dann gab es im Mai noch jenes Album mit einem Mister Gahan und den Soulsavers – aber das habt ihr ja bestimmt alle längst gekauft! Wenn nicht, selber schuld. Bis in Kürze zum Roundup Juni!
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