Jaja, die rockenden Synthesizer. Derzeit so en vogue, dass es schon fast wieder als uncool gilt, solcherart Musik zu mรถgen. Aber pfeifen wir doch auf die Coolnesspolizei und genieรen stattdessen diesen irren Stilmix von einem Haufen blutjunger Briten.
Erledigen wir das trendige Namedropping gleich am Anfang: Klaxons, Shitdisco, The Faint, New Order, The Whip, Gary Numan, DAF, Franz Ferdinand, Muse, Daft Punk. Hรค? Ja genau, und mehr. Was bringt uns diese Info? Entscheiden Sie selbst! Doch halt, ein Name (mindestens) fehlt noch: Erol Alkan. Der DJ und Producer ist aus der Londoner Szene nicht mehr wegzudenken (und alles fing mit dem Kylie Minogue/New Order Bastard-Pop-Knรผller „Can’t Get your Blue Monday Out Of My Head“ an) und verpasste auch diesem Album hier eine saftige Produktion.
Late Of The Pier also – vier Jungs aus Leicestershire, die alles in den Mixer werfen, was ihnen รผber den Weg stolpert. Dance, Rock, Glam, Electro, Punk. Gitarren, Synthies, Drum(machine)s – alles wird neben-, รผber- und durcheinander gewirbelt, dass es eine helle Freude ist. Sicher nicht fรผr jeden – die bessere Hรคlfte des Rezensenten lรคsst nach einer lauten Autofahrt ausrichten, dass man das Ganze durchaus auch als anstrengend bezeichnen kรถnne. Diese Musik ist definitiv kein Streichelzoo.
Man muss das vielleicht auch mal live gesehen haben. Da konnte man z.B. auf dem diesjรคhrigen Melt! erleben, wie diese Burschen die Zeltbรผhne und das davor springende Publikum quasi in deren Einzelteile zerlegten. Oft ahnt man am Anfang eines Songs nicht mal ansatzweise, wohin die Reise geht. Oder am Ende. Was auch an dem cleveren Mix liegt, der die Stรผcke mitunter wie bei einem DJ-Set ineinander mischt.
Versuchen wir einmal, im gleichen Stil durchzusteigen: Oha, zum Intro entern Queen-Gitarren die Bรผhne („Hot Tent Blues“), wechseln รผber zu Classic Rock meets Tanzbeats nebst Spacesynthies plus Gegniedel („Broken“). Am Ende zerhackt und von Gary Numan รผbernommen („Space & The Woods„, Anspieltipp!). Plรถtzlich kommen tribaldrummende Bรคren (รคh, „The Bears Are Coming„, Anspieltipp!) aus dem Gebรผsch und schleppen Verzerrelektronik auf die Tanzflรคche. Eine kurze melodische Zufรคlligkeit („Random Firl“) wird von einer Zeitreise in die 80er – die Synthieflรคchen, die Gitarren – abgelรถst („Heartbeat“). Apropos fiese Gitarren, das nรคchste Stรผck heiรt gar gleich „Whitesnake“, klingt aber zum Glรผck eher nach Franz Ferdinand (mit einem schรถnen Piano-Break in der Mitte). Dann fรคhrt auch noch ein fahrerlos dahinscheppernder „VW“ รผber den armen Hรถrer drรผbber (nur echt mit Doppel-B), nur um an der Anhรคngekupplung einen Haufen verrรผckter Maschinen und den ganz groรen Hit („Focker„, Anspieltipp!) hรคngen zu haben. Ah, ein ruhiger Moment. Und sechs Minuten soll das Stรผck dauern? Prima, Entspannung. Denkste! „The Enemy Are The Future“ greift einigen vorangegangenen Irrsinn auf dem Weg zur Highspeed-Dance-Hymne nochmals auf. Dagegen ist „Mad Dogs And Englishmen“ tatsรคchlich ein nahezu klassisches Stรผck Dreiminuten-Indierock, bevor mittels DAF-Beats zur Schlussattacke „Bathroom Gurgle“ (Anspieltipp!) getrommelt wird.
„Fantasy Black Channel“ ist sicher Fantasy, irgendwo auch black, aber garantiert nicht kanalisiert. Ein wilder Ritt auf der Musikgeschichte mit viel Spaร, den man sich gรถnnen sollte.
(Addison)
P.S. Live hier zu bestaunen: 3.11. Frankfurt, 4.11. Wien, 5.11. Basel, 20.11. Berlin, 21.11. Kรถln