Nach dreineinhalb Jahren Pause hat das deutsche Synth-Pop Duo !distain erst kürzlich sein neuestes Werk „Raise The Level“ veröffentlicht. Wir haben Alexander und Manfred daher ein paar kleine Fragen gestellt, die sich auch mit dem Nebenprojekt „Sonictune“ beschäftigen. Was uns die beiden sympathischen Musiker alles erzählt haben, lest selbst!
Euer letztes Album, „25 FRAMES A SECOND“, liegt gut dreieinhalb Jahre zurück. Habt ihr diese Art ‚Auszeit‘ benötigt um euch neu zu „orientieren“? Und wie habt ihr diese doch recht lange Pause (mit Ausnahme von ‚Synthphony REMIXed: !distain‘) selbst erlebt?
Alexander: Wir haben die zurückliegenden dreieinhalb Jahre nicht als Auszeit erlebt. Sie waren für uns vielmehr eine Zeit des Komponierens und Aufnehmens. Noch bevor „25 frames a second“ veröffentlicht wurde, entstanden bereits die ersten Song-Ideen für „Raise The Level“. Wir haben also gleich weiter gemacht. Die lange Zeit bis zur Veröffentlichung erklärt sich vor allem mit den Vorbereitungen zum „REMIXed“ Album. Zu fast allen Remixen wurden die Vocals neu eingesungen, wir standen direkt in Kontakt mit den Remixern…. Allein dieser Prozess von der Planung bis zur Veröffentlichung zog sich über ein Jahr hin. Ich sehe diese Veröffentlichung als vollwertiges Album an, die hier in Deutschland leider ein wenig untergegangen ist, da es ja ein US-Release war. Aus diesem Blickwinkel betrachtet gab es eigentlich keine Pause!
„Raise The Level“ klingt insgesamt etwas experimenteller, würdet ihr sagen, dass ihr euch tatsächlich von diversen musikalischen Richtungen beeinflussen habt lassen?
Manfred: Wir sind mit sehr unterschiedlichen Musikrichtungen aufgewachsen. Das fängt bei den Beatles an und endet über Punk, New Wave und Elektro bei Lounge und Filmmusik. Vielleicht haben wir uns mehr Freiheiten erlaubt als zuvor, aber während des Komponierens, Aufnehmens und Produzieren eines Songs/Albums macht man sich darüber keine Gedanken. Da liegt die Konzentration einzig und allein bei der Musik. Das „Analysieren“ ergibt sich zumeist erst nach Fertigstellung des Longplayers, dann auch über die Reaktionen der Fans und Medien.
Alexander: Ich denke dass man bewusst oder unbewusst nie frei von Einflüssen ist. Die Musik, die man gerade hört und mag hat am Ende des Tages natürlich auch entwas mit der Musik zu tun, die man selber kreiert. Ich behaupte sogar, dass man es gar nicht verhindern kann, auch wenn man sich noch so sehr bemüht.
Mit „Mandragore“ gibt es auch einen sehr organischen Song auf der neuen CD, der eigentlich nicht typisch nach euch klingt. Ist das eine Art ‚Experiment‘ oder dürfen wir in Zukunft mehr in diese Richtung erwarten, denn ich finde, dieser Song ist euch wirklich hervorragend gelungen!?
Alexander: Vielen Dank. Natürlich war es ein Experiment, den Song in die Ohren der Elektro-Fan-Gemeinde zu werfen. „Mandragore“ ist schließlich ein sehr untypisches Stück für !distain. Aber dies nur in Hinsicht darauf, dass Synth- und Electro-Pop-Songs grundsätzlich wenig mit verzerrten Gitarren zu tun haben. Aber „Mandragore“ war es uns allemal wert, das Risiko einzugehen. Dein und auch anderes Feedback bestätigt uns darin, dass wir von unseren Fans bzw. Hörern verstanden werden und es freut mich ungemein, dass die Leute offen sind für Neues und eben unvoreingenommen auf die Komposition achten und nicht in festgefahrenen Mustern denken.
Auch sonst scheint es, als ob ihr euch als Duo besser gefunden habt als beim Vorgänger. Wie ist die Arbeitsteilung bei euch und was kommt zuerst? Die Idee oder der Text, um den dann der Track geschrieben wird?
Manfred: Der große Unterschied zu „25 frames a second“ ist, dass wir aus der Fülle an Songs für „Raise The Level“ jene ausgewählt haben, die schlichtweg am besten zueinander passen. Die Arbeit an „25 frames a second“ war wie eine Spielwiese für uns, die wir nicht hinterfragt haben. Zu „Raise The Level“ kam die Frage hinzu: Wie setzen wir all die Songs die wir haben ein? Bei „25 frame a second“ kamen alle auf ein Album. Bei „Raise The Level“ landeten einige Tracks auf der „Mandragore e.p.“.
Alexander: Ansonsten hat sich die Zusammenarbeit kaum verändert. Es gibt auch keine wirkliche Arbeitsteilung, da wir beide ebenso komponieren, texten wie programmieren können. Gesanglich sind wir ebenfalls beide aktiv. So entstehen viele Ideen ebenso getrennt voneinander wie wir sie im Zusammenspiel entwickeln. Auch die Texte entstehen ebenso abseits des Komponierens der Musik wie parallel dazu. Im Grunde lassen wir uns von unseren jeweiligen Stimmungen treiben.
Mit Sonictune hast du, Alex, ja noch ein Nebenprojekt, das sich doch recht stark am so genannten „Bodypop“ orientiert. Wie kam es zu diesem Projekt, was ist in Zukunft zu erwarten und welche Auswirkungen hat Sonictune ggf. auf die Aktivitäten von bzw. bei !distain?
Alexander: Ich habe Remi bei einem Festival in Köln kennengelernt, übrigens am gleichen Abend wie Olaf Wollschläger. Ein Verbindungspunkt war auch der gemeinsame Bekannte Darin Huss (Anm. d. Redaktion: Psyche). Nach der Kooperation mit Remis damaliger Band Nonpoptale kam die Idee auf, mal zusammen Musik zu machen. Das sah dann so aus, dass Remi ein paar Instrumentals hatte, die ich sehr geil fand. Ich hab dann dazu gesungen… anfangs mit Manfreds Texten, später dann mit eigenen. Auch diese Zusammenarbeit stellte sich als äußerst effektiv und harmonisch heraus. Mein Motto dabei war: egal was am Ende dabei rauskommt, es macht tierisch Spaß – und ich würde es mir kaufen (ha, ha). Es ist natürlich nicht leicht, zeitlich alles unter einen Hut zu bringen. Ich wunder mich selbst, dass ich gerade zwei Alben veröffentlicht habe.
Wie seht ihr die derzeitige Situation im Bereich Synthie-Pop – Tod oder geht da noch was?
Manfred: Gute Musik wird immer gehört. Die Frage ist nur, ob eine Stilart gerade im Trend liegt oder nicht, ob ihre Vertreter auf sich aufmerksam machen können oder nicht. Da hat Synthie-Pop sicherlich schon bessere Tage gesehen. Aber so viele Stilarten sind aufgetaucht, wieder verschwunden und doch wieder zurückgekehrt. Ich denke, das gilt auch für die elektronische Pop-Musik.
Betrachtet man heute die Charts, findet man zunehmend auch einige Bands der ‚schwarzen Szene’ darin, denkt ihr, dass dies eine Bereicherung für den Einheitsbrei in den Charts ist oder könnte das sogar zu einer Art Todesstoß für Teile der „Szene“ werden, die sich ursprünglich ja mal gegen den Mainstream ausgesprochen hat.
Alexander: Chart-Musik muss nicht zwangsläufig mainstreamig sein. Das galt z.B. für Massive Attack und ihr „Mezzanine“. Da immer weniger CDs verkauft werden, finden vielleicht gerade jene Bands einen Einstieg in die Charts, deren Fans noch treue CD-Käufer sind. Und da haben vielleicht gerade die Indie-Bands einen großen Vorteil gegenüber den Mainstream-Themen, weil man mit seinen Indie-Bands anders aufwächst und umgeht. Also die Diskussion „hasse ich meinen Lieblingskünstler, weil er in den Charts ist“, die konnte ich noch nie nachvollziehen. Warum soll ich Musik verachten, wenn sie mir gefällt? Ich hoffe ja auch noch immer, dass die Leute ein gewisses Selbstbewusstsein entwickeln, einfach zu „ihrer“ Band zu stehen, egal wie erfolgreich oder eben nicht erfolgreich diese ist!
Was hört ihr privat so an Musik und was waren eure letzten CDs bzw. MP3s die ihr gekauft habt?
Alexander: Natürlich die letzte De/Vision, Dave Gahan, Ich&Ich, Katie Melua…
Manfred: Meine Lieblingsbands kommen teilweise aus sehr unterschiedlichen Musikrichtungen. Dazu zählen: the stranglers, Frankie Goes To Hollywood, And Also The Trees, Skinny Puppy, Front Line Assembly, Joy Division, New Order, Thievery Corporation, a-ha, Simple Minds, … Zuletzt gekauft habe ich mir „An End Has A Start“ von den Editors.
Eure letzten Konzerte in Deutschland liegen gut eineinhalb Jahre zurück. Werdet ihr uns in nächster Zeit mit Auftritten überraschen?
Alexander: Leider nicht vor 2008.
Danke für eure Zeit und viel Erfolg weiterhin und bis 2008!
Manfred: Vielen Dank!
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