Schon die Vorabsingle „In This Together“ (VÖ: 22.08.05) ließ erahnen, dass Stephan Groth und Co. die drei Jahre Pause zwischen dem letzten Album „Harmonizer“ und der am 12.09.05 erscheinenden neuen LP „You And Me Against The World“ dazu genutzt haben, um den wohl prägnantesten Stilwechsel in der Karriere von Apoptygma Berzerk zu vollziehen. Standen „APB“ bis zuletzt für ausgepfeilte Electro-Sounds, müssen sich die Fans der Band nun wohl umorientieren. Auf dem neuen Album dominieren Gitarren und Indie-Rock der frühen 90er Jahre. Trotz allem sind die elektronischen Wurzeln von Apoptygma Berzerk durchaus zu erahnen, wenn auch nur dezent.
Nach nunmehr 4 Studioalben und 2 e.p.’s präsentieren sich Apoptygma Berzerk, die mittlerweile wieder auf 5 Mitglieder angewachsen sind, in einem rockigen Gewand á la Placebo oder HIM. Nicht zuletzt dürfte hierbei auch die Rückkehr des ehemaligen Gitarristen Anders Odden eine Rolle spielen.
Apoptygma Berzerk war seit jeher eine Band der Veränderungen und Gegensätze. Startete man im Jahre 1986 noch mit den Ambitionen einer EBM Band, ließen sich später auch Einflüße aus der Industrial Music in den Soundstrukturen von Apop wiederfinden. In den späten 90er Jahren kombinierte APB wiederum Electro-Music mit Elementen der Techno-Bewegung und kreierte so einen eigenen, unverwechselbaren Sound. Anfang des neuen Jahrtausends mündete dies wiederum in das wohl wegweisenste Album der Electro-Szene „Welcome To Earth“. Im Jahr 2002 folgte die House- und Futurepoplastige „Harmonizer“ LP, das bereits die ersten Spaltungen im Fanlager hervorrief.
Mit „You And Me Against The World“ präsentieren die 5 Norweger nun ein Album, dass, wenn man es genau betrachtet, einen musikalischen Neuanfang für die Band bedeutet.
Das ausgesprochen melodische und hitverdächtige In This Together erinnert schon beim ersten Hören recht stark an die Musik von Placebo und zum Teil auch an HIM. Die Single läuft derzeit im Radio und das Video dazu auf einigen Musikkanälen.
Ganz in Stephan Groths Tradition Coverversionen von Künstlern zu fertigen (u.a. Metallica, Kraftwerk, The Cure, OMD), die ihn und seine Musik beeinflußt haben, gibt es auf der neuen LP mit Cambodia eine Neuauflage des Kim Wilde Klassikers in einem modernen Rockgewand.
Cambodia ist gleichzeitig einer der besten und elektronischsten Songs auf dem neuen Album und dürfte mit Sicherheit ein Singleaspirant sein, der gleichzeitig für eine Menge Spaß auf den Konzerten der kommenden Tour sorgen wird!
Back on Track beginnt mit einem C64 ähnlichen Sound und wird durch einen verträumten Synthiesound getragen. Gesanglich dürfte es sich hier um einen der besten Songs von Stephan handeln. Sehr catchy, ein wenig retro aber dennoch frisch, dürfte dieser Song wohl einer derjenigen sein, den man APB am ehsten zuordnen würde.
Love To Blame ist ein nettes Lied, das durch einen markant gesungenen Chorus zum Schwelgen und Träumen einläd. Vom Sound her erinnert dieser Track doch ein wenig an ältere David Bowie Songs.
How Long gabs bisher nur als Rough Mix, aber dieser ROCKT im wahrsten Sinne des Wortes! Bei diesem Track gibt es nur noch vereinzelte elektronische Klänge, vielmehr dominieren hier Gitarren und Drums. Ein echtes Highlight der LP! (Es handelt sich auf der LP dabei um den Track „Into The Unknown“!)
Mercy Kill beginnt mit einem blubbernden Synthiesound, baut sich aber im Endeffekt zu einem reinen, durch organische Instrumente getragenen Mid-Tempo-Track auf, der erst nach mehrmaligen Hören seine wahren Qualitäten offenbart.
Tuning In To The Frequency Of Your Soul (ein weiterer Rough Mix!) beginnt mit kurzen Sprachsamples und wird im Anschluß durch finster instrumentierte Gitarrenparts und Flächen getragen. Von den düsteren Sounds erinnert dieser am Anfang sehr stark an The Cure, avanciert aber im Refrain zu dem wohl fettesten Track auf dem neuen Album, der mit leicht psychedelischen Sounds ein besonderes Ohrenmerk bieten kann.
Faceless Fear ist ein recht elektronisch gehaltender Track, der (wohlgemerkt vom Refrain her!) an einzelne Stücke der Alben „Soli Deo Gloria“ oder „7“ erinnert!
Maze … purer Rock. Ich glaube, hier ist ein kleiner Klon von Placebo entstanden. Sehr geil! Absolut hitverdächtig!
Das neue Album wird mit Sicherheit bei einzelnen Apoptygma Fans seine Zeit und mehrere Runden im Player brauchen, um die wahren Qualitäten zu offenbaren. Dennoch ist das Album eine logische Konsequenz in der Weiterentwicklung von Apoptygma Berzerk als Band.
Getreu dem Motto „Stillstand bedeutet Rückschritt“ präsentieren Stephan Groth und Band hier ein absolut und durchweg rockendes Album, dass mit Sicherheit neue Anhänger rekrutieren kann, gleichzeitig aber den Fans der ersten Stunde wieder ein wenig von den alten Apoptygma Berzerk (z.B. Ashes to Ashes) Klängen bringen kann. Wer jedoch einen eindeutigen und geradlinigen Spagat zu den letzten Alben erwartet, wird mit der neuen LP wohl den ein oder anderen Kompromiss eingehen müssen.
Mit Sicherheit stellt dieses Album einen markanten Punkt in der Karriere der Norweger dar. Inwieweit sich dieser äußern wird, werden wir ab dem 12.09.05 sehen. Auf jeden Fall sollten alle, die auch Bands wie Placebo, The Cure oder Cocteau Twins mögen in dieses Album reinhören.
Apoptygma Berzerk on Tour:
16.11.05 Hamburg – Markthalle (D)
17.11.05 Mainz – KUZ (D)
18.11.05 München – New Backstage (D)
19.11.05 Dresden – Strasse E (D)
20.11.05 Berlin – Columbia Club (D)
22.11.05 Köln – LMH (D)
23.11.05 Dortmund – Soundgarden (D)
24.11.05 Herford – X (D)
25.11.05 Hannover – Capitol (D)
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