Vereinzelt dringen Sonnenstrahlen durch dichtes Blätterdach. Milchig trüb erhellen sie das Wasser des Sees und geben den Blick auf eine darin schwebende Frau frei. Ida Long weiß mit Licht umzugehen. Für ihr neues Video zu „Woman“ stellte sie sich kurzerhand selbst hinter die Kamera und übernahm die Regie: „Well, actually when I make videos it’s usually a mystery. No one knows the full content, what it’s about, until it’s finished. I tell them a short background story and the emotions I want their character to carry and then I instruct them step by step“. Ida Long singt von einer Liebe, die gefährlich schön ist, die zugleich betörend und zerstörerisch sein kann: „Siren pulled you in/ you better sink or learn to swim“. Ein kraftvolles Wispern: „Sink or learn to swim“ – ist nicht nur eine nüchterne Feststellung, sondern ein Aufruf. Die Sirenen/Wasser-Metapher wird in stimmungsvollen Bildern eingefangen, man wird förmlich mit in den See und gleichzeitig den Song selbst hineingezogen – ganz wie der gesichtslose Mann mit Aktentasche.
Dem gesamten Video unterliegt eine Atmosphäre des Unheimlichen und Unberechenbaren („Snake love affair/ sinks her teeth into my stratosphere“) – etwas, das sich auch in dessen Entstehung wiederfindet, erzählt Ida: „I’m a bit surprised that no one questions or worries about the result. I usually see images and stories while making the music. Short stories with different characters come to life and then I start shooting different scenes. And then it can take months before the whole story emerges“. Dieses Vertrauen, dass am Ende des Filmdrehs eine vollkommende Geschichte aus Idas Ideen erwächst, schafft überhaupt erst den Raum für ihre intensiven Bilder.
Musikalisch dominiert das Piano, abgerundet von einem dezenten Cello. Kraftvoll und kristallklar legt sich Idas Gesang darüber. Zurückhaltend und doch markant: Ida Long beherrscht das Drama ohne ihre Kunst im Kitsch zu ertränken.