Dass aus Schottland, insbesondere aus Glasgow, jede Menge hervorragender Musik kommt, ist ja nichts Neues. Ausgerechnet ein von vorne bis hinten überwältigendes Electro-Album (freilich nicht ohne Gitarren) hätte man von dort aber nicht unbedingt erwartet.
Union Of Knives – das sind Craig Grant aus Aberdeen, Chris Gordon und Dave McClean aus Glasgow. Chris und Dave lernten sich in Glasgows Club Nice And Sleazy kennen, wo der eine als Soundmixer und der andere als Barmann arbeitete. Sie produzierten ein paar Demos, auch für andere lokale Bands, kamen aber erst voran, als der zugezogene Craig zu ihnen stieß. Nach ein paar Probemonaten machte es im Sommer 2004 schließlich ‚Klick‘, und die Band hatte zwei Frontmänner. Chris meint dazu: „Diese Band wird nicht durch eine Persönlichkeit angetrieben, wir sind beide Frontmänner, wir singen auch beide Backgroundvocals.“ Craig ergänzt: „Während der ersten drei Songs sieht das für die Leute immer komisch aus, aber dann gewöhnen sie sich dran.“ Dave hingegen ist der mysteriöse „Mad Professor“, der sich im Hintergrund an den Geräten austobt.
Nun zur Musik: Vielseitige, abwechslungsreiche Elektronik dominiert, Gitarren werden dosiert eingesetzt, die Drums sind zumeist programmiert (das aber durchaus spannend). Dazu die gefühlvollen und wandlungsfähigen Stimmen der beiden Sänger, die bei einzelnen Songs noch durch weibliche Gastvokalistinnen verstärkt werden. Vergleiche hagelt es in der Musikpresse gleich mit Unmengen an Bands – New Order, Radiohead, Massive Attack, My Bloody Valentine, Sigur Ros, Aphex Twin, Archive, The Cooper Temple Clause, ja, auch DM werden genannt. Eine mächtige Bandbreite, alles trifft irgendwie ein bisschen zu und dann doch wieder nicht, zu eigenständig ist der Mix aus kühlen Sounds, warmen Flächen und emotionalem Gesang.
Mit Opposite direction zieht der Opener den Hörer mit einem schleppend-hypnotischen Beat und einem schönen Duett langsam ins Album hinein. Es folgt Operated on, das Tempo wird angezogen, zerhackte, repetitive Beats, verhaltener Gesang, der erst zum Refrain etwas aus sich herausgeht. Mit Evil has never gibt es anschließend einen waschechten Hit. Eine temporeiche Synthiemelodie bohrt sich unwiderstehlich in die Gehörgänge, Männer- und Frauenstimme werfen sich wieder die Bälle zu. In einer gerechten Welt ein Chartsstürmer. I decline wird von flotten Drumbeats eröffnet und dominiert, später gibt es hier noch feines Synthiegestreiche und – wie in vielen anderen Stücken hier – wundervolle Backgroundharmonien. Danach will uns ein hörenswertes Interlude folgendes weismachen: Even machines make mistakes. Sicher, ganz im Gegensatz zu den Musikern auf diesem tollen Werk. Das wunderschöne Taste for harmony macht im Anschluss seinem Namen alle Ehre, inklusive New-Order-Gedächtnisbasslinie. Bei Lick black gold eröffnen tiefe Gesangsfetzen, bevor im Refrain wieder wohlige Wärme einsetzt. Go back to school lässt der Gitarre etwas mehr Raum und entwickelt schließlich mit atemberaubenden Sounds einen hypnotischen Sog. The law is against my heart meint das zweite, erneut gelungene Zwischenspiel, bevor We can’t go wrong das ganz große Gefühlskino auffährt. Derart berührende Elektronik habe ich zuletzt bei Trentemøllers Moan erlebt. Gänsehaut! Das abschließende You better keep me lässt uns dann angenehm beseelt aus diesem frühen Höhepunkt des elektronischen Musikjahres gleiten.
Elektronik, endlich mal wieder abwechslungsreich eingesetzt, starke Songs, tolle Stimmen und Landschaften voller Atmosphäre, alles kann man hier entdecken.
KAUFBEFEHL, äh, KAUFEMPFEHLUNG!
(Addison)