Noch immer sind wir nicht durch mit allen relevanten Alben aus 2013 (Schließlich sollen doch alle ihre Chance haben, in unsere depechemode.de Awards einzufließen, oder?). Heute noch einmal eine ganz hochklassige Rutsche zwischen Bestätigung hoher Erwartungen und starkem Newcomer. Aus England, Neuseeland, Polen und nochmal England.
Einmal noch spielen wir das Lied vom Hype. Also einmal noch in diesem Jahr. London Grammar wurden monatelang als großes Versprechen gehandelt. Die mächtige Stimme von Hannah Reid, die stark an The XX erinnernden Gitarrenspuren von Dan Rothman, dazu multiinstrumentale Arbeit von Dot Major. Große Talente und große Songs vorab: Das kraftvolle „Wasting My Young Years“ und das intensive „Strong“ sind aber auch fantastische Stücke!
Das Tolle ist: „If You Wait“, das Debütalbum, war jegliches Warten wert. Wer London Grammar mit Lana Del Rey vergleicht, liegt höchstens stellenweise (ab und zu bei der Phrasierung des Gesangs) richtig, doch die Songs hier haben weitaus mehr Substanz. Wer The XX anspricht, trifft den Punkt schon deutlich eher, die Ähnlichkeit ist unverkennbar, vor allem eben wegen der Gitarrenarbeit. Doch die Newcomer bringen vor allem durch den markanten Gesang und durch ein paar Soundfeinheiten genug eigenen Charakter mit. Wenn man nun noch Massive Attack ins Spiel bringt, hat man es bald.
Das Album ist eine an vielen Stellen erstaunlich zurückhaltende, fast ruhige Platte. Trotzdem schwingt oft irgendwo ein Beat mit, was die Verwandtschaft zum Trip Hop betont. Und letztendlich haben die Drei neben dem wichtigen Gespür für die richtige (oft eher düstere) Atmosphäre einfach ein paar Händchen für Melodien. Mit dem echoigen „Hey Now“, dem immer elektronischer werdenden „Metal And Dust“, dem afrobeat-geschulten „Flickers“ oder dem fabelhaften Kavinsky-Cover gibt es da so viel zu entdecken. TIPP! – 9 von 10 gerechtfertigten Hypes
„Young Blood“, „Punching In A Dream“ und ein ganzer Strauß voller weiterer Hymnen. Das war das Debütalbum „Passive Me, Aggressive You“ von The Naked And Famous. Wie sollen die Neuseeländer das bloß auf Album zwei toppen? Nun, mit „In Rolling Waves“ beweisen die Fünf aus Auckland, dass sie nicht nur eine talentierte, sondern auch eine schlaue Band sind.
Sie machen nämlich einen Schritt beiseite. Sie liefern durchaus die eine oder andere eingängige Hymne – die Single „Hearts Like Ours“ beweist das eindrucksvoll. Aber sie verwenden keineswegs die Brechstange oder wiederholen sich bis zur Überreizung. Stattdessen setzen Alisa Xayalith und ihre Jungs auf Vielseitigkeit und Haltbarkeit. So schleicht sich der Opener „A Stillness“ genau wie manch anderer Song erst allmählich ins Gedächtnis.
Dafür – und das beweist der Selbstversuch wiederholten Hörens – bleiben die Stücke dann auch hängen. Der opulente Titeltrack, das ab der Mitte plötzlich loslärmende „The Mess“, das elektronische „Waltz“, das verzauberte „We Are Leaving“ oder das von der Akustikballade zum epischen Albumfinale anschwellende „A Small Reunion“. Hätte der Rezensent die Kritik pünktlicher verfasst, wäre das Album hinter dem Debüt gelandet. Mittlerweile ist es sogar knapp vorbei gezogen. Und das spricht für eine Band mit Zukunft. – 8 von 10 tanzenden Hobbits
Jetzt, hoppla, ein polnischer Beitrag hier. Denn aus unserem Nachbarland kommen ja nicht nur besonders leidenschaftliche Fans von Depeche Mode, sondern gelegentlich auch interessante Musiker. Wie Maurycy Zimmermann aus Poznan, der sich Mooryc nennt und auf seinem Debütalbum „Roofs“ beweist, dass er ein sehr begabter elektronischer Musikbastler ist.
Wer von musikbegeisterten Eltern abstammt und zwischen Vinylschallplatten aufwächst, hat natürlich schon einmal gewonnen. Irgendwann kam bei Maurycy das Interesse an elektronischen Sounds und Geräten dazu – er beherrscht seine Instrumente von außen und innen, und das merkt man. Vielseitige Sounds umschwirren die melodischen Stücke des seit Kurzem auch im Schmelztiegel Berlin ansässigen Künstlers.
Das Tempo ist dabei oft eher im mittleren Bereich unterwegs, dazu wird ein warmer Soundteppich aus Downbeats und Dubstep-Elementen gewoben, und obendrüber bettet Mooryc seine Melodien und seinen Gesang. Um die Ecke gedachte Hits wie „Jupiter“, verschleppte Schleicher wie „Bless Me“ oder „Say No More“, Kopfhörergenüsse wie „Powerless“, Tanzbares wie „Turtle“ oder Experimentelleres wie im letzten Albumdrittel – den Burschen sollte man im Auge behalten! – 8 von 10 Selbstbaukeyboards
Lange keinen Vergleich mehr mit Joy Division gelesen? Na dann aber jetzt: Das, was The KVB auf ihrem ungefähr (komplizierte Entstehungsgeschichte) dritten Album namens „Minus One“ fabrizieren, hätte vor roundabout über 30 Jahren in und um die berühmte Hacienda in Manchester auch funktioniert.
Die Nebel wabern am Boden zu den gerade mal acht Stücken, die die beiden Londoner Nicholas Wood und Kat Day hier in einer reichlichen halben Stunde aus dem Keller lassen. Ja, das ist Dark Wave und ja, das passt vom Soundbild über die Atmosphäre bis hin zum Gesangsstil zu Ian Curtis & Co., Bauhaus, The Mission und vergleichbaren Düsterkünstlern.
Und immer, wenn man gerade im Dunkel seines Rotweines (oder Kellerbieres) vor sich hin sinniert, lassen die beiden unvermittelt einen kurzen Lärmanfall vom Stapel. Ein Album, das sicherlich nicht mit Originalität punktet, aber neben guten Songs mit Stil und Stimmung eine Menge herausholt. – 7 von 10 Langmänteln
The KVB – Live or Die from Kat Day. on Vimeo.
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