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Im Soundcheck: Breton, Wild Beasts, East India Youth und Dena

wildbeasts_tenseManche Platten finden sofort den Zugang zum Hörer, manche benötigen Geduld und belohnen dann schließlich doch. Andere wiederum kommen überraschend aus dem Nichts. Und noch andere bieten Hörerlebnisse in Genres, die man sonst eher seltener kontaktiert. Von allem ist hier und heute etwas dabei.

breton_warDas Debüt dieser fünf jungen Londoner, „Other People’s Problems“, war vor zwei Jahren eine der Überraschungen der Saison. Außerirdische Sounds, unberechenbare Tracks mit wilden Samples und ordentlich TripHop-Einschlag, dazu fabelhafte Videos – schließlich sahen Breton sich als audiovisuelles Kollektiv. Dann wurde die künstlerische Heimstatt – die Breton Labs – abgerissen und die Bande zog es für den Nachfolger wie so viele nach Berlin.

In der Nalepastraße, in den von vielen Künstlern geschätzten Studios des ehemaligen Funkhauses der DDR, fanden nun in aller Ruhe die Aufnahmen für „War Room Stories“ statt, und das Ergebnis zeigt eine Band, die sich weiterhin nicht kategorisieren lässt. Was allerdings dieses Mal nicht ausschließlich positiv gemeint ist. Denn das Album braucht lange um Zugang zu gewähren, gerade, wenn man das Debüt großartig fand. Die TripHop-Elemente sind beispielsweise zu großen Teilen verschwunden (Ausnahme: „S4“), die Zeit vieler Verzerrungen, auch der Vocals, sind ebenfalls vorbei.

Einiges wirkt geradliniger, ohne dabei direkt ins Ohr zu finden. Auch hier gibt es Ausnahmen: Das (wie auch andere Stücke) stark an die Foals erinnernde „Envy“ oder die mit prächtigen Synthies aufwartende Single „Got Well Soon“. Und wenn man das Album dann (wie der Rezensent, daher auch die recht späte Besprechung) eine ganze Zeit sacken lässt und mit Abstand wiederhört, schälen sich plötzlich mehr und mehr Highlights heraus – wie das fast schon warm-gefühlvolle „Closed Category“, die knackigen Beats von „302 Watchtowers“ oder der Afropop von „Brothers“. Letztendlich zwar trotzdem schwächer als das Debüt, aber diese Band bleibt hochspannend. – 8 von 10 DDR-Jugendradios





wildbeasts_tense„Smother“, das letzte Album der Wild Beasts, schlich sich 2011 ganz allmählich immer weiter nach vorn in den Herzen vieler Hörer. Mit dem Nachfolger „Present Tense“ könnte es einigen ähnlich gehen. Es könnte aber durchaus auch passieren, dass diese wunderbare Platte der vier Herrschaften aus Kendal im zauberhaften Lake District dieses Mal viel direkter zündet.

Schon mit dem Beginn und dem erneuten Beweis, dass englischsprachige Künstler geradezu verliebt in das Wörtchen „Wanderlust“ zu sein scheinen, hat Hayden Thorpe einen in der Tasche. Der Mann beherrscht das Fach Gesang in diversen Tonhöhen, gerne im Falsettbereich – und das stets ohne auch nur ansatzweise zu nerven. Stattdessen wirft, nein schmiegt sich diese Stimme perfekt in die Flächen, die die vielseitige elektronische Soundkulisse ihr bietet. Obendrein hat die Band mit Tom Fleming gleich noch einen zweiten begabten Sänger.

Und dann liefert dieses Album einfach einen wunderbaren Popsong nach dem anderen ab. Ob es das glänzende „Mecca“ ist, das mit herrlichen Synthesizern verzierte „Sweet Spot“, die Bassmomente in „Daughters“, das wie ein gelungener Quickie befriedigende „A Simple Beautiful Truth“ oder das euphorisch strahlende Finale „Palace“. Hach. Definitiv eines der besten Alben des Jahres bisher und bis auf weiteres eine Demonstration in Sachen soulful electronics. – 9 von 10 Synthie-Pop-Bienchen





eastindia_totalSo, jetzt purzeln gleich wieder die Verweise. Erstens, die Foals. Auf die verweist aber eigentlich nur die Ähnlichkeit im Albumtitel: „Total Strife Forever“. Zweitens, die Liebe zu zusammengesetzten Wörtern der deutschen Sprache. Eben die Wanderlust, jetzt (als Titel eines Tracks) das „Hinterland“ (bis zum Indie-Rapper Casper wollen wir jetzt mal nicht noch weiter um die Ecke denken). Und das alles hilft beim Einordnen der Musik von East India Youth: Genau, überhaupt nicht.

Außer womöglich, dass es sich bei William Doyle um einen vielschichtig interessierten jungen Mann handeln mag. Der seine irgendwo im Indierock (und in Southampton) dahindümpelnde Band verlässt, sich irgendwo in den Londoner Docklands verschanzt und musikalisch komplett neu erfindet. Mit ganz viel elektronischem Feinsinn und jeder Menge Mut zum Quergedanken. Da lässt Doyle in den ersten knapp zwölf Minuten – oder den ersten beiden Tracks – erst einmal jede Menge kantiger Sounds auf den Hörer einprasseln. Kühl, verdreht, frickelig. Um dann plötzlich aus dem Hinterhalt in „Dripping Down“ mit warmem Gesang und wunderbar tanzbarem Electropop zu schießen.

Das ist nicht der letzte „Hoppla, was ist denn hier los?“-Moment dieser erstaunlichen Platte. Bereits erwähntes „Hinterland“ liegt auf der Landkarte zwischen verspielter Elektronik und wummerndem Technoausbruch. „Heaven, How Long“ entwickelt sich von einem schüchternen Popsong mit einnehmendem Gesang hin zu echten Euphorieschüben. „Looking For Someone“ hat Choralambitionen. Und zwischendurch schieben sich immer wieder die streckenweise krautigen und fast ambienten Teile des Titeltracks. Ein komplett faszinierendes Debüt. – 8 von 10 Wundertüten





dena_flashRap – oder HipHop, wie es ja mittlerweile meistens heißt – kommt hier eher nur ab und zu mal vor. Wenn die zugehörige Platte aber so interessant wie in diesem Falle ist, und darüber hinaus HipHop nur eine teilweise zutreffende Umschreibung ist, drücken wir gerne mal auf Play. Lassen wir uns also von Denitza Todorova, kurz DENA, „Flash“en.

Die gebürtige Bulgarin (in Berlin lebend, wie irgendwie fast alle) hatte vor einer ganzen Weile einen dieser sogenannten „YouTube-Hits“. Das knackige „Cash, Diamond Rings, Swimming Pools“ zählte immer mehr Views und DENA immer mehr Interessenten an ihrer Musik. Bis zum zugehörigen Debütalbum hat es nun etwas gedauert, die Künstlerin ist eben gründlich. Hat sich aber auch gelohnt, irgendwo zwischen der jungen Neneh Cherry und der aktuellen M.I.A. lassen sich diese frischen Sounds einordnen, die mit viel saftigen Beats, leichtem 90er-Einschlag und ordentlich Bass vom Leben in der modernen Großstadt erzählen.

Das Ergebnis trifft vielleicht noch nicht durchgehend ins Schwarze, aber doch ziemlich oft. So besteht die gute Chance, dass die Strandbars und Clubs in der Hauptstadt und anderswo in diesem Sommer auf dem „Thin Rope“ wippen, den Refrain von „You Wish“ mitsingen, „Games“ spielen wollen oder mit Gaststar Erlend Øye „Flashed“ die Gitarre streicheln wollen. – 7,5 von 10 bulgarischen Blitzen





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Thomas Bästlein

Thomas Bästlein schreibt (früher unter dem Spitznamen Addison) seit Anfang 2007 für depechemode.de. Hauptberuflich arbeitet er im öffentlichen Dienst. Du kannst Thomas online bei Facebook treffen.

22 Kommentare

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    • selber hallo :-)

      Danke – schaue ich mal rein!

    • Wo bleibt eigentlich Dein Avatar-Wechsel? Nicht, dass das noch Unglück bringt (schnell!).
      :-)

    • Wie recht du doch haste. Nun ist es fast zu spät und wir sehen was gleich passiert . Konnte leider nicht früher, aber besser spät als nie. Wunderbarer Hut, obwohl ich mir nicht sicher bin ob es eher ein 60er Hut ist ;-)

    • Hat nicht sollen sein. Dann versuche ich´s am Dienstag mal mit einer passenderen Kostümierung. ;-)
      (hatte in Hektik und Unkenntnis nicht bedacht, dass 1860 sowohl den bay. Löwen, also auch den weiß-blauen Himmel für sich gepachtet haben).

    • Hat sich echt gelohnt zu schauen. Das Finalle war fantastisch, eine tolle Band !!!
      Die Sache mit dem Löwnen war schon hart. Als roter Müncher fällt es mir schwer dieses zu verzeihen ;-)

    • In der Tat ein grandioses Finale! Ich konnte gestern erst meine CD abholen und im 2. Durchlauf hat sich dann S4 positiv verfestigt – insofern war die Freude groß, dass das als erste Zugabe kam.

      Ähem, ich warte schon mal vorsorglich mit einem original Münchner Souvenir auf, in der Hoffnung, wenigstens von meiner Seite diesmal alles richtig zu machen. ;-)

    • Na schaun ma mal Frl. Ga(ha)ndalf. Du meinst doch aber jetzt nicht das Herzilein oder etwa doch ? Ich erwarte am Dienstag einen rückhaltlosen Schulterschluss mit dementsprechenden Devotionalien… ;-)

    • Wie Herzilein? Diese umgedeutete Widmung ist mehr, als der FC von mir erwarten kann! Es wurde schließlich auf meinen Wunsch handgefertigt und zwar 25 Meter Luflinie vom Käferzelt (es dürfte daher der Geist des einen oder anderen Bayernspielers auf das Gehölz übergegangen sein. :-D)
      Yours, Schützenfestzelt (haben wir nicht alle Leichen im Keller?) ;-)

      Topic: Wo kriege ich denn verlässliche Songtexte der WRS (:-P) her??

    • Wie FC, Köln oder was ? ;-) Na immerhin kannst du dich überhaupt dazu bekennen, schaffen viele Nicht-Münchner ja nur sehr schwer. Die 25 Meter reißen es natürlich deutlich raus und werden heut Abend entscheidend helfen.
      Habe auch mal nach Songtexten Ausschau gehalten, und musste auch feststellen dass das I-Net dann doch nicht immer allwissend ist. Nur die üblichen Verdächtigen und dann oftmals nicht einmal richtig hingehört…

      MIA SAN MIA

      PS: Ich habe keine Leichen im Keller versteckt, oder weißt du da mehr ;-)

    • Na schade mit den Songtexten; ist aber wie man so einschlägig lesen kann :-) nicht immer so einfach, mit dem Hinhören. Wenigstens das schöne „what have your started? What remaaaaiiins?“ ist ja verifiziert.

      So, noch drei Stunden mit dem Herzilein durchhalten – ich traue mich ja schon garnicht mehr „oben“ was zu posten :-D, dann geht´s wieder per Gravatar zu meiner aktuell zweitliebsten Band. Womit ich grad mal deutlich meine vermeintliche Festkapellenvorliebe widerlegen möchte – das Internet vergisst ja nichts :-)
      http://www.youtube.com/watch?v=u6OLMOylfds

      Nutella-Brote („Stullen“, weeste?!) liegen bereit.
      Auf gehts Buam!
      (was bin ich trotzdem froh, wenn dieses verfängliche Thema „Fußball“ vorbei ist. ;)

    • Da hab ich dir ja schön in was hineingeritten :-) Ich lach mich schlapp !!!

    • Das scheint mir etwas ungünstig gelaufen zu sein (meine Nerven!). Aber soweit ich das beurteilen kann, kann man „das“ anerkennen.

    • “Das“ kann ich NICHT anerkennen, ich muss es aber wohl. Ungünstig gelaufen ist wohl leicht untertrieben :-( Habe aus diesem traumatischen Erlebnis für mich beschlossen, wenigsten drei Wochen in den Hungerstreik zu treten, ooch wenn ick wees dasit noch so leckere Stullen jeben wird ;-) Allerdings gäbe es noch die Möglichkeit der Rehabilitation ! Dazu müssten die Bayern am kommenden Wochenende den HSV vernichtend in die zweite Liga ballern und zum Pokalendspiel in Berlin den BVB für alle Zeiten in ihren Grundfesten erniedrigen um mir ein einigermaßen wohliges Gefühl wiedergeben zu können :-)

    • Und das soll jetzt wohl ein Trauerflor sein? Kreativ! :-)
      Na das war schon gemein gestern.

      Tja – was soll ich sagen. Ich mag ja den Kloppo – von daher bin ich zumindest beim Pokalendspiel zu Neutralität verpflichtet (was jetzt bestimmt dazu führt, dass wir uns künfig wohl doch besser nur noch über Musik und ihre seltsamen Randerscheinungen unterhalten ;-)).

    • Ja ja, ich weiß, der Trauerflor ist mir nicht gelungen und wurde deshalb wieder entfernt. Ich bin nun mal nach dem gestrigen Abend nicht mehr ich selbst und schuf durch eine Art Selbstmeditation ein neues Meisterwerk. Ich behaupte, ein ganz großes Werk meiner späten Schaffensphase ;-)

      PS: Die Sache mit dem Klo…, lass ich an dieser Stelle besser unter den Tisch fallen und tue so, als hätte ich das gar nicht gelesen ;-)

  1. Breton - war Room Stories

    Keine Ahnung, aber ich fand irgendwie super schnell Zugang zu diesem Album. So muss Pop im Jahre 2014 klingen. Voller Kreativität, jeder Song klingt anders aber doch nach Breton. In jedem Song versteckt sich eine zauberhafte Melodie. Die Elektronik kommt auch nich zu kurz. Eine Wahnsinnsplatte.

  2. Die East India Youth hab ich, hat jetzt bis auf den Titel mit den Foals aber eher nichts zu tun.
    Sind auch sehr gute Songs drauf wie Heaven how long, Dripping Down oder Hinterland, aber die hälfte der Songs ist eher der Marke Das-hätte-ich-jetzt-auch-selber-in-Cubase-hinbekommen und da passiert nicht wirklich viel.
    Ich mag die Platte trotzdem sehr, aber die tollen Bewertungen sind doch etwas übertrieben, realistisch sind so 6/10 sage ich mal.

  3. Vielen Dank Mr. Addison für die leicht verspätete aber dennoch niemals zu späten Rezension einer Scheibe die es sich verdient hat auch noch im zweiten Gang Beachtung zu finden. Im dritten Gang war sie für mich sogar schon gleichwertig mit „Other People’s Problems“, mal sehen was im Vierten passiert ;-)

    • Das Herantasten durch den Kauf von „got well soon“ hat sich ausgezahlt und in kürzester Zeit Suchtfaktor entwickelt. Ich gehe jetzt über zu Phase II.
      Danke für den Tipp, Herr XXX! :-)

    • @ F.G.

      Dachte ich mir doch dass ich dich damit bekomme ;-) Auch der Rest der Scheibe ist klasse. Dennoch muss ich zugeben, dass „Other People’s Problems“ nach Phase IV ein wenig darüber steht und absolut extraordinary ist.
      Schade, finde den legal Download von der “Blanket Rule EP“ nicht mehr. Glaube der war sogar auf der Breton FaceBook-Seite zu finden. Muss so irgendwas Anfang 2012 gewesen sein.

Kommentare sind geschlossen.

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