Zum Jahresanfang haben wir gleich einmal vier Sampler in der näheren Untersuchung, die kurz vor Jahresende erschienen, zum Teil aber bereits als Einblick ins neue Jahr gedacht sind und uns allen den Übergang verschönern sollen: Kitsuné Maison 16, Pop Ambient 2015, DJ Koze – Reincarnations (Pt. 2) und Slowly Exploding – 10 Years Of Perc Trax.
Die Besprechung der Maison Reihe des Kitsuné-Labels hat bei uns ja gute Tradition, hier ist nun also „Kitsuné Maison 16 – The Sweet Sixteen Issue“. Hiermit soll quasi virtuell der 16. Geburtstag eines Mädchens (Jungs dürfen aber auch mitmachen) gefeiert werden, wobei die Party sowohl (ein paar) romantisch-verspielte als auch (viele) wild tanzbare Momente haben wird.
Diese Sampler-Reihe ist ja, vor allem in den frühen Ausgaben, bekannt dafür, Newcomer kurz vor dem großen Sprung zu entdecken. Mal sehen, ob dieses Mal etwas für den Jahrgang 2015 dabei ist. Vielleicht Margot aus New York, die diese gewisse Erfolg versprechende Stimme zwischen Amy Winehouse und Adele hat und mit „No One’s Gonna Miss You“ auch den wunderbar federnden Popsong dazu. Oder die Londoner von We Are Shining, die den Blues in die Beats mischen.
Die Partygäste kommen nicht mit leeren Händen: Danglo hat moderne UK-Bass-Sounds dabei, Croquet Club (aus Paris) bringt schicke Synthiesounds mit, die Jungs von Sego schleppen Gitarren an, lassen aber die Beats mit drin, Nimmo And The Gauntletts sorgen bereits für ausverkaufte Häuser (und „Others“ beweist deutlich das Potential) und Kwamie Liv bringt Dänemark, Afrika und Lana Del Rey zusammen. Schließlich lassen die Citizens! als einzige etwas erfahrenere Hasen noch kurz (und vielversprechend) ins demnächst erscheinende zweite Album horchen. Viel Vielversprechendes im Hause Kitsuné, mal wieder.
In ganz anderen Gefilden, aber ebenfalls bewährt und erfolgreich sind die Sampler der Reihe Pop Ambient vom Label Kompakt. Auch für das Jahr 2015 hat Chefkurator Wolfgang Voigt wieder sein Händchen bewiesen und (früher als gewohnt) einen funktionierenden und angenehm den Puls kühlenden Tonträger zusammengestellt.
Der überraschenderweise gleich mit zwei Tracks von einem Neuzugang beginnt. Aber das passt gut, denn Thore Pfeiffer beweist Variabilität, indem er mit „Wie es euch gefällt“ klassisch flächigen Ambient vorlegt, während „Nero“ mit schönen Gitarrenschleifen punktet. Dirk Leyers fährt anschließend elegante Synthesizer auf, was auch Kraftwerkfreunden gefallen dürfte, wohingegen die nächsten drei Tracks (Gregor Schwellenbach, Leandro Fresco und Max Würden) eher wieder etwas für die Anhänger typischer Ambientklänge sind.
Mit den Beiträgen von Ulf Lohmann und dem epischen Klangkosmos von bvdub wird es wieder etwas lebendiger, bevor Jens-Uwe Beyer ein euphorisches Highlight landet und Gustavo Lamas das beruhigende Finale setzt. Ambient vom Feinsten.
Dass DJ Koze Humor (und zwar einen durchaus speziellen) hat, ist bekannt und wird gleich zu Beginn seiner neuesten Remix-Werkschau „Reincarnations Part 2“ verdeutlicht, indem er eine indische Ärztin namens Dr. Mini von seinen göttlichen Fähigkeiten schwärmen lässt.
Auf dieser Compilation hat Koze nach seinem Erfolgsalbum „Amygdala“ also wieder den Remixer in sich nach vorne gekehrt. Und da seine Remixe mittlerweile äußerst gefragt sind, sind es auch einige ziemlich namhafte Künstler, die die Koze-Behandlung erfahren durften.
Da wird Moderats Überhit „Bad Kingdom“ fast komplett entpoppt und bleibt trotzdem großartig. In „Keep It In My Plane“ erkennt man WhoMadeWho erst sehr spät, auch „Found Out“ von Überflieger Caribou wird ordentlich auf den Kopf gestellt. Und aus „Black Water“ von Apparat wird ein ganz verträumtes Stück Musik. Aber auch der Rest (geremixt werden u.a. Matthew Herbert, Gonzales, Ada und Soap & Skin) ist überaus interessant – und das Beste ist, das Ganze funktioniert auch als Album sehr gut.
Zum Schluss gibt es noch etwas härteren Techno auf die Ohren. Das Label Perc Trax, von Alistair Wells (also Perc) ursprünglich nur für die eigenen Veröffentlichungen gegründet und dann doch weit darüber hinaus gewachsen, feiert 10-jähriges Jubiläum und beschenkt sich und uns mit einer knackigen Feierveröffentlichung. „Slowly Exploding – 10 Years Of Perc Trax (2004 – 2014)“ erscheint in verschiedenen Formaten.
Die Szenesammler freuen sich natürlich vor allem über die drei Vinyl-EPs, auf denen Perc und diverse Kollegen auf brandneuen Tracks in die Zukunft blicken. Diese 11 Stücke sind aber auch auf CD 1 eines Doppelalbums enthalten, auf dessen zweiten Teil Perc selbst seinen ersten kommerziell erhältlichen DJ Mix gepackt hat. Da wir bislang nur die neuen Stücke hören konnten, äußern wir uns auch nur zu jenen:
Die haben es nämlich in sich und können bei entsprechender Lautstärke und Basseinstellung ordentlich den Magen oder die Nachbarn erschüttern. Gleich am Anfang setzt Drvg Cvltvre unter dem herrlichen Titel „(I Don’t Want to Die In) James Franco’s House“ ein sattes und vergleichsweise fast eingängiges Highlight modernen Technos. Weitere Höhepunkte sind die Tracks von Truss, Martyn Hare und natürlich von Perc selbst. Knochentrockener Techno für dessen Liebhaber.
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Also der Kitsune Sampler muss wohl als einer der Schwächsten der Reihe gezählt werden. Diese Entwicklung hatte sich ja bereits angedeutet. Leider kann man kaum noch tolle neue Musik entdecken – insgesamt für meinen Geschmack viel zu lame ausgefallen. Schade – die Luft ist wohl raus im Hause Kitsune. Mit Klamotten zu überhöhten Preisen lässt sich halt mehr Geld verdienen.