Das ist schon erstaunlich. Da verliert eine Band eines ihrer Mitglieder an die gemeine Krankheit mit dem groรen K. Und nimmt anschlieรend trotzdem ihr bisher mit Abstand poppigstes, ja am frรถhlichsten wirkendes Album auf. Und was das fรผr Songs sind!
Die New Yorker Band mit den zwei Sรคngern (Tunde Adebimpe und Kyp Malone) und drei Songwritern (auรer den Genannten noch Dave Sitek, der auch fรผr groรe Teile von Sound und Produktion zustรคndig ist), verstรคrkt durch multiinstrumentale Begleitung von Jaleel Bunton und eben โ bis zu seinem Lungenkrebstod 2011 โ Gerard Smith hatte sich auf ihren bisherigen vier Alben Stรผck fรผr Stรผck vom Achtungserfolg zum absoluten Kritikerliebling hochgespielt und v.a. mit dem letzten Album auch zunehmend Erfolg in den Charts (USA: Platz 12) erzielt.
Nun haben sie nach einigen Anlaufschwierigkeiten โ wobei die letztlichen Studioaufnahmen dann allerdings reibungslos und ziemlich schnell funktionierten โ also Album Nummer Fรผnf fertiggestellt. Und โSeedsโ ist, wie bereits angedeutet, eine unglaublich eingรคngige, poppige Platte geworden, ohne dass die Band ihre Indiewurzeln verleugnen oder ihre Neigung zu vielschichtigen Sounds und Arrangements komplett eingestellt hรคtte.
Der groรe Unterschied zu bisher ist, neben einem stรคrker akzentuierten elektronischen Anteil, nur: Die Songs gehen meist ohne Umwege direkt ins Ohr. Die Vorabsingle โHappy Idiotโ zum Beispiel, die ist dermaรen melodiรถs und temporeich, dass man als Videoidee sofort im Kopf haben kรถnnte, einen Typen in einen Rennwagen zu setzen und ihn von schรถnen Frauen am Streckenrand ablenken zu lassen… Hoppla:
http://youtu.be/bvCgff7oNKM
Ja, mit dieser Single haben sie den einen oder anderen Fan vielleicht verschreckt. Und es gibt noch mehr รคhnlich eingรคngiges Futter, im Prinzip ist die ganze Platte voll davon. Gleich die klingelnde Erรถffnung mit โQuartzโ oder die anschlieรende blanke Euphorie im Refrain von โCareful Youโ bezeugen das. Doch keine Sorge, man hat auch immer noch eine Extrakurve drauf. In โCould Youโ sind das fetzige Blรคser, in โTest Pilotโ die melancholische Zurรผckhaltung, in โLove Stainedโ die Mischung aus sanftem Strophengesang, eleganten Synthies und druckvollem Refrain.
รberhaupt, die Refrains. Mit denen werfen TV On The Radio hier um sich, als gรคbe es kein Morgen. Egal, ob โRideโ sich reichlich zwei Minuten Zeit fรผr ein durchpustendes Intro lรคsst, irgendwann kommt die mitreiรende Songmitte und alle mรผssen mit. Da kann man es sich sogar leisten, eine Grรถรe wie Kelis fast unscheinbar im Background des krachigen โLazerrayโ zu verstecken oder mit โTroubleโ und dem Titelsong zwei schillernde Hรถhepunkte ganz am Albumende zu platzieren. Diese Band hat sich und den Hรถrer vollkommen im Griff und liefert einen weiteren Hรถhepunkt dieses daran nicht armen Musikjahres ab.
Die depechemode.de-Wertung: 9/10
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P.S. Live spielen TVOTR am 12.02. in Hamburg.