The Horrors als Album des Monats auf depechemode.de? Unerhört? Nö. Wir kommen gleich noch auf die Querverbindungen zu sprechen. Nicht, dass The Horrors das nötig hätten. Die haben sich längst als Garanten für erstklassige, intensive Platten etabliert und bestätigen das mit ihrem sechsten Album eindrucksvoll.
The Horrors haben musikalisch eine echte Reise bestritten, seit sie vor 18 Jahren mit „Strange House“ und an alten Spukmeistern wie The Cramps geschultem Psychedelic Punk in die Manege polterten. Den sie jedoch bereits auf dem Nachfolger „Primary Colours“ durch düsteren Post-Punk mit gelegentlichen Synthie-Einsprengseln ersetzten. Mit dem dritten Album „Skying“ knackten die Engländer die einheimischen Top Ten, bauten den düsteren Stil aus, integrierten aber auch mehr poppige Momente. „Luminous“ bestätigte diese Entwicklung mit einer Spur mehr 80er-Sounds und erhöhtem Elektronikanteil. Mit „V“ und seinem vielschichtigen Maschinensound wurde dann der bisherige künstlerische Höhepunkt erreicht. Und nun geht es – siebeneinhalb Jahre später – ab ins „Night Life“.
Würde die Band nach dieser langen Zeit die bisherige Entwicklung fortsetzen? Oder etwas gänzlich Neues wagen? Zwei etwa auf halber Strecke zwischen den Alben erschienene EPs erstaunten mit wildem Industrial Noise. Dazu die Informationen über erstmalige bandinterne Umbesetzungen: Sänger Faris Badwan und Multiinstrumentalist Rhys Webb bleiben der Bandkern, Gitarrist Joshua Hayward (bzw. Joshua Third) ist auch noch dabei, für Tom Furse übernimmt Amelia Kidd neben den Synthies auch ergänzende Vocals – was den Songs eine zusätzliche Note verleiht – und an den Drums sitzt statt Joe Spurgeon nun Jordan Cook.
Doch mit der ersten Single „The Silence That Remains“ konnte man bereits aufatmen. Neblig, düster, post-punkig, ein paar herumschwirrende Elektronica, das klingt doch vertraut und knüpft an den großen Vorgänger an. Passend zu Halloween folgte das aggressive und doch eingängige „Trial by Fire“. Die Anhänger eleganter Synthieflächen dürften sich über den dritten Vorboten „Lotus Eater“ freuen, der sich zu wuchtigen Drumbeats beruhigend und doch tanzbar ums Ohr schlängelt.
Als Zwischenspiel gibt es die versprochenen Querverweise zu unserer Lieblingsband: 17.02.2010 – The Horrors sind Vorband von Depeche Mode an einem besonderen Abend. Die Band spielt ein Charity-Konzert in der Royal Albert Hall. Und an jenem Abend gastiert ein gewisser Alan Wilder völlig überraschend für einen Song am Klavier. 13.05.2013 – Depeche Mode veröffentlichen „Soothe My Soul“, darauf der Tom Furse – The Horrors Remix. 27.05.-09.06.2017 – The Horrors supporten Depeche Mode auf sieben Konzerten der Global Spirit Tour, u. a. in Leipzig, London, Köln, Dresden und München.
Und ja, Synthiepop oder Dark Wave beherrschen The Horrors auch. Man höre nur das fantastische „More Than Life“. Das wäre „damals“ ein Hit gewesen … schreiben wir Boomer ja immer gerne. Stimmt trotzdem. Auch das relaxte und sehr schön gesungene „The Feeling Is Gone“ sollte unseren Lesern sehr zusagen. Und für den von spukigen Soundeffekten unterlaufenen Opener „Ariel“ sollte man unbedingt Kopfhörer aufsetzen.
Lärm machen können sie aber schon noch. Durch „Silent Sister“ wummert es wie bei den Nine Inch Nails. Fürs Albumfinale haben Badwan & Co. sich schließlich – guter Tradition der Vorgänger folgend – eines der absoluten Highlights aufgehoben. Bei „LA Runaway“ gehen Sonne, Mond und Herz gleichzeitig auf. Womit „Night Life“ sich ein Plätzchen auf dem Treppchen der Horrors-Platten gesichert haben dürfte.
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Top!
Kiittää… ui, *die* hatte ich so nicht am Radar – das ist, zumindest für mich, eine Top-Empfehlung. Tolle Tracks und der Gesang: way cool!
Nochmals danke für‘s Aufzeigen und Besprechen – und schon geladen und in der Mediathek.