Vor dreieinhalb Jahren beeindruckte Larissa Sirah Herden, kurz Lary, mit „FutureDeutscheWelle“ und einer unerhörten Mixtur aus Pop, elektronisch glitzerndem Neo-R’n’B, dicken Beats, souligem Gesang, Dubstep, Hip- und Trip-Hop und mehr. Mit „Hart Fragil“ folgt nun der kaum weniger fantastische Nachfolger.
Ob es die deutsche Sprache ist, die dieser Künstlerin bislang die ganz große Karriere verwehrt hat? Oder doch eher ihre Konsequenz, das eigene Ding durchzuziehen und sich nicht zu einem formatradiotauglichen Konsenshit (Gastauftritte wie in MoTrips Charterfolg „So wie du bist“ mal ausgeklammert) verformen zu lassen? In jedem Fall ist das musikalische Ergebnis wieder über jeden Zweifel erhaben.
Das beginnt mit dem knisternden und bei der aktuellen Hitzelage geradezu flimmernden „Das neue Schwarz“ (nein, kein Szenehit), das bereits andeutet, was auf diesem Album später mehrfach bestätigt wird – die Trip-Hop-Elemente mit Verweisen auf die Portishead-Massive-Attack-Schule haben an Einfluss gewonnen:
Gleich danach wird sie im sinistren „Wenn ich“ zur Gitarre – und liefert mit dem in der Strophenführung an eine gewisse Tanita Tikaram und ihren „Twist In My Sobriety“ erinnernden „Mond“ dann eigentlich doch einen satten, tanzbaren Hit ab:
Anschließend wird erst die Stadt zum reißenden Strom („Niagara“), dann sehnt sich die melancholische Ader nach „Winter“, bevor es mit dem Highlight „Fremder“ richtig tief hinab geht. Fabelhaft, wie Lary dabei stimmlich in allen Facetten brilliert. Das fragile Moment kommt immer wieder durch, u.a. natürlich in der Klavierballade „Zerbrechlich“. Doch ständig schlägt das Album neue Klangfarben an, plötzlich schweben Retro-Synthies durch „Medizin“ oder taumelt die Seele über den Columbiadamm.
Und wer gedacht hatte, das Veronika-Fischer-Zitat auf dem letzten Album wäre schon weit draußen, der hat nicht mit der alten Legende Frank Schöbel gerechnet, dessen 47 Jahre altes (und großartiges) „Schreib es mir in den Sand“ hier in „Sand“ elegant re-interpretiert wird (okay, um genau zu sein, müssen wir auch Gábor Presser und seine ungarische Band Omega nennen, auf deren 1969er „Gyöngyhajú lány“ schon Schöbels Hit beruhte). Auch das plattenknisternde „Kopf“ und das lässig groovende „Jekyll“ lassen nicht nach mit der hohen Klasse. Am Ende stellt sich nicht die Frage, ob hart oder fragil. Sondern: Beides!
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P.S. Lary live:
06.11. Stuttgart – Keller Club
07.11. München – Ampere/Muffatwerk
08.11. Köln – Club Volta
11.11. Hamburg – Nachtspeicher
12.11. Berlin – Lido