Man wundert sich als Mensch, der Musik nicht nur zur Nebenherberieselung wahrnimmt, doch ein wenig darüber, mit wie wenig medialer Aufregung vor drei Jahren das Comeback einer so aufregenden Band wie Lamb über die Bühne ging. Oder, leider, man wundert sich eben nicht mehr. Egal, dann genießen halt wir wenigen diese großartige Musik und ein weiteres Lamb-Album um so mehr.
Lamb lebten, wie so viele Duos, schon immer von ihren Gegensätzen. Hier die oft entrückt klingende Stimme von Lou Rhodes, der eher klassischem Songwriting nahe stehenden Sängerin. Dort die Begeisterung von Andy Barlow, Songstrukturen aufzubrechen, schräge Beats und alle möglichen Electronica aufzuschichten. Die ersten Alben dachten in den späten 90ern Drum’n’Bass und Trip Hop weiter, mit dem entspannten und gleichzeitig streckenweise enorm zugänglichen „What Sound“ gelang ihnen 2001 ein größerer Erfolg, nicht zuletzt auch dank der Übersingle „Gabriel“. Der Nachfolger fiel wieder etwas dunkler aus und dann gab es die lange Auszeit von fast acht Jahren, in der beide diversen Solo- und anderen Projekten nachgingen. Dann kam das Comeback „5“ und, wie erwähnt, das allgemeine Echo hielt sich in Grenzen. Dabei war das Album gut, man erkannte Lamb und ihre originären Sounds sofort wieder. Aber ja, der große Aha-Effekt fehlte.
Auf „Backspace Unwind“ nun wäre dieser Effekt in einer gerechteren Welt schon mit dem ersten Song sicher. Denn „In Binary“ ist ein wunderbar knarzender Song, der mit seinem überraschend geraden Beat und dem nahezu euphorischen Refrain eigentlich ein astreiner Electropop-Hit sein müsste. Auch das anschließende und sich mit druckvollen Drumsounds steigernde „We Fall In Love“ geht direkt ins Ohr.
Erst danach, bei „As Satellites Go By“ taucht die Lamb-typische Melancholie erstmals auf, die getragenen Piano-Sounds werden von Streichern verstärkt, hier zeigt sich vermutlich der Einfluss des letztjährigen Tourens mit Orchester. Dafür ist der folgende Titelsong blitzsauberer Trip Hop, wie die Fans ihn lieben. Auch im weiteren Verlauf des Albums spielen die beiden ihre Stärken zwischen eigenwillig verdrehten Klängen und seelenvoller Harmonie selbstbewusst aus.
Obendrein gönnen sie sich (und uns) in der ruhigeren zweiten Hälfte noch eine fast jazzige und doch von markanter Elektronik durchzogene Ballade wie „Nobody Else„, ein vertracktes Soundgewirr wie „Seven Sails„, das goldfrappeske „Doves & Ravens“ und ein mehrstimmig-sanftes Finale mit „Only Our Skin“.
Lamb sind also immer noch da und das in Bestform. Und nun, back to Track 1, Rewind!
Die depechemode.de-Wertung: 8,5/10
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P.S. Lamb sind in den nächsten Tagen auf Tour: 28.11. Köln, 29.11. Hamburg, 30.11. Berlin, 06.12. München, 13.12. Leipzig, 14.12. Darmstadt