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Review: John Grant – Love Is Magic

/ 1 Kommentar

Dieses Album macht dem sich zügig für Hopp oder Topp entscheiden wollenden, mithin also modernen, Hörer die Entscheidung, es zu mögen oder nicht, schnell leicht. Beim ersten Stück „Metamorphosis“ trennen sich nämlich vermutlich schon die Gemüter. Mehr Theatralik in der Stimme, aber auch mehr Elektronik in der Hose. Ein schier grenzenloses Album folgt.

Mit dem zweiten Soloalbum hatte sich der bärtige Mann mit der großen Stimme im Jahr 2013 stark stilistisch gewandelt. Vom Folkpop kommend, warf er auf dem fabelhaften „Pale Green Ghosts“ plötzlich die Synthesizer an. Auf dem ähnlich starken Nachfolger „Grey Tickles, Black Pressure“ ging er diesen Weg dann konsequent weiter. Und nun ist es endgültig soweit, die elektronischen Sounds klingen aus allen Songs.

Was nicht heißt, dass Grant nun keine dramatischen Balladen mehr schriebe. Schließlich geht es ja hier um die Magie der Liebe (Huch, ein Reim!). Nur werden jetzt auch diese von den Synthesizern umspielt. Und obendrüber croont, singt, atmet, lebt Grant seine stets wort- und bildgewaltigen Texte über verschiedenste, oft keineswegs allzu sympathische Charaktere.

Der vorab veröffentlichte Titelsong ist da noch eines der am einfachsten zugänglichen Stücke. Melodisch, mit harmonischen Sounds und Herzen öffnendem Refrain. „Love is magic, whether you like it or not“, indeed. Vor diesem steht am Albumbeginn aber das erwähnte „Metamorphosis“, in dem Grant wilde Workkaskaden in extra-überkandideltem Stil zu brachialen Sounds herauswirft.

Und davon gibt es noch mehr auf dem Album. Die Elektronik wird erfrischend kreativ und vielseitig eingesetzt, das kann aber im falschen Moment auch mal zuviel des Guten sein. Durch den „Preppy Boy“ hoppeln Sounds wie im Retro-Computerspiel, „Diet Gum“ stampft siebeneinhalb Minuten mit Roboterstimme durch eine Devo-meats-Human-League-Farce. Dazu nimmt Grant selten ein Blatt vor den Mund. Natürlich ist „Smug Cunt“ über einen „little boy, masturbating with expensive toys“ an die Katastrophe adressiert, die derzeit im Weißen Haus thront.

Wobei unbedingt erwähnt werden muss, dass sich auch immer wieder ein feiner Humor durch all das zieht. Zum Beispiel in „The Common Snipe: „And David thinks the hummingbirds are fascinating. I wonder if they invented the art of speed dating?“ Aber manchmal groovt Grant auch einfach cool durch wie in „He’s Got His Mother’s Hips“ oder er verbindet melancholische Erinnerungen an Zeiten von Atari-Spielen wie „Tempest“ mit atmosphärisch schwebenden, hier fast kraftwerkesken Sounds. Oder er schreibt eben große Songs wie das Chelsea Manning gewidmete Finale „Touch and Go“.

„Love Is Magic“ ist ein faszinierendes Album, das sich vielleicht nicht gleich auf die gleiche Spitzenposition wie die beiden großen Vorgänger schiebt, das wiederholte Hörbesuche aber belohnt.

Depechemode.de-Wertung:
★★★★★ (4/5)

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www.johngrantmusic.com
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Thomas Bästlein

Thomas Bästlein schreibt (früher unter dem Spitznamen Addison) seit Anfang 2007 für depechemode.de. Hauptberuflich arbeitet er im öffentlichen Dienst. Du kannst Thomas online bei Facebook treffen.

1 Kommentar

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  1. Das Video von „He’s got his mother’s hips“ ist mir definitiv zu freaky/ekelig.
    Ansonsten finde ich das John Grant Genre eigentlich echt super <3 Wahrscheinlich gibt es nicht unendlich viele "Queens of Denmark" und "Pale Green Ghosts" – trotzdem freue ich mich jedesmal wenn ich höre John Grant hat wieder was gemacht. :)

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