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Review: Garbage – Let All That We Imagine Be The Light

30 Jahre ist es her, da veröffentlichten drei Amerikaner und eine Schottin ihr bahnbrechendes Debüt. Und das Feuer lodert immer noch heiß, dazu muss man der Band nur auf Social Media folgen. Oder eben ihre Musik hören, was sowieso im Zweifelsfall stets die bessere Wahl ist. Auch auf dem achten Studioalbum weiß der druckvoll-markante Garbage-Sound auf voller Linie zu überzeugen.

Der Vorgänger „No Gods No Masters“ war eine schwere Geburt, vor allem wegen der Entstehung inmitten der Corona-Pandemie (Details dazu findet ihr in unserem damaligen Interview mit Garbage-Mastermind Butch Vig). Das Ergebnis war aber eine gelungene Platte, die gleichzeitig ihre wohl politischste war. Für „Let All That We Imagine Be The Light“ wurden Druck und Wut zwar beibehalten, ansonsten ist der Ansatz aber ein anderer.

Denn die Welt ist kein Stück besser geworden, ganz bestimmt nicht. Über die globalen Probleme brauchen wir euch an dieser Stelle keine weiteren Bücher zu schreiben. Kriege überall, Autokraten auf dem Vormarsch, dem Großteil der Menschheit geht es gar nicht gut, dem Planeten ebenfalls. Auch im Privaten der Band gab es unerfreuliche Ereignisse, unter anderem musste sich Shirley Manson zwei Operationen unterziehen. Aber man kann nicht immer nur verzweifelt gegen Windmühlen rennen. Also hat Butch Vig ein paar herrlich analoge Synthesizer ausgegraben, und die Band nahm in mehreren Sessions zwischen den Studios in L.A. und Mansons heimischem Schlafzimmer ein kraftvolles, aber gar nicht mal so düsteres Album auf.

Denn hier ist nicht alles so, wie es auf den ersten Blick scheint. Der Opener und erste Albumvorbote „There Is No Future in Optimism“ klingt zunächst sicher nicht positiv, und dann geht es auch noch um Los Angeles rund um den Mord an George Floyd und die folgenden Proteste. Doch daraus spinnt Manson einen hoffungsvollen Text um ein Paar, das all dem Elend entflieht und der Liebe folgt. Und so wird auf der Platte häufiger zwar der größere Zusammenhang angedeutet, der Kern und die Energie aber aus dem Zwischenmenschlichen, der Empathie, der Hoffnung gezogen.

Dazu schreibt die Band einfach weiter starke Songs. Das wuchtige und zugleich auch dank Mansons brillanter Gesangsleistung zarte „Hold“ eröffnet ab Song drei die stärkste Phase des Albums. Dahinter folgen nämlich zwei astreine Synthiepop-Songs. Auf „Have We Met (The Void)“, erinnert sich Manson an ein Liebesdrama aus der eigenen Vergangenheit, als sie in einer fremden Stadt – Barcelona – mit einer fremden Frau konfrontiert wurde, mit der ihr damaliger Freund offensichtlich auch eine Beziehung unterhielt. Und die Elektronik schwelgt so schön, noch mehr im folgenden „Sisyphus“, das uns gemahnt, dass wir – egal, wie geschunden der Körper oder der Geist sind, egal, wie kaputt die Welt um uns herum ist – niemals aufgeben dürfen.

Diese Positivität greift das entspannte „Radical“ auf, auch danach nimmt das Album sich noch einen Moment des Durchatmens, bevor Manson, unterstützt von Gitarren, Drums und Synthesizern den ganzen „big dicks“ mit „Get out My Face AKA Bad Kitty“ eine saftige 90er-Breitseite verpasst und mit „R U Happy Now“ gleich noch einen Mittelfinger an all die Buchverbrenner da draußen nachschickt. Doch ganz am Ende findet sie zu Gott. Oder nicht? Nur, wenn Gott ein Schmerzmittel ist. Denn die zentrale Zeile in „The Day That I Met God“ lautet „I found God in Tramadol“, als Erinnerung an die müheslige Zeit der Reha nach der OP. Und dazu entwickelt die Band ein sechsminütiges, ja, himmlisches Klangepos. Humor gehört eben auch zum Leben, immer.

Depechemode.de-Wertung:
★★★★★ (4/5)

Garbage – Let All That We Imagine Be The Light kaufen:

https://www.garbage.com

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Thomas Bästlein

Thomas Bästlein schreibt (früher unter dem Spitznamen Addison) seit Anfang 2007 für depechemode.de. Hauptberuflich arbeitet er im öffentlichen Dienst. Du kannst Thomas online bei Facebook treffen.

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