Wir können es nur wiederholen: Platten von Lieblingsbands zu besprechen fällt oft unheimlich schwer und Objektivität (die einer Plattenbesprechung ja ohnehin grundsätzlich widerspricht) fällt noch schwerer als sonst. Trotzdem behauptet der Rezensent: Viel mehr Alben in dieser Güteklasse wird es in diesem Jahr nicht geben.
Oben in der Kopfzeile steht ja: Gelungene Comebacks, Teil 1. Denn da ist dieser Tage noch eine weitere starke Großtat erschienen, doch dazu erbitten wir noch ein bisschen More Faith. Zunächst zu Damon Albarn, Graham Coxon, Alex James und Dave Rowntree. Da hätte vor nicht langer Zeit wohl kaum noch einer mit einem Album in Originalbesetzung gerechnet, immerhin ist das wunderbare „Think Thank“ bereits 12 Jahre alt – und auch da war ja Coxon schon nur noch an einem Song beteiligt.
Doch dann kam zunächst die irrsinnig erfolgreiche Live-Reunion, vom Hyde Park rund um die Welt, und im Winter platzte dann die Bombe: Ja, man habe während einer Tourpause in Hongkong Songs aufgenommen, und Coxon habe diese später zusammen mit dem alten Stammproduzenten Stephen Street in Albumform getrimmt. Und nun liegt es da, „The Magic Whip“, und es ist eine Eistüte voller wunderbarer Musik geworden.
Keine Anbiederungen, keine offensichtlichen Kompromissstücke, stattdessen bündeln die Macher (also Albarn und Coxon) ihre enormen Potentiale und lassen die Erfahrungen ihrer sonstigen Aktivitäten (Coxon: Soloalben; Albarn: Gorillaz, The Good, The Bad & The Queen, zahllose Kooperationen und dann auch noch ein feines Soloalbum letztes Jahr) reichhaltig einfließen und klingen gleichzeitig geschichtsbewusst und modern, da auch überall feine elektronische Spielereien glitzern.
So gab es vorab mit „Go Out“ eine krachige Single, die klarmachte, das hier nicht nur introspektiv dahin musiziert wird. Mit einer weiteren Single eröffnet das Album, als wäre Britpop nie totgesagt worden: „Lonesome Street“ klingt perfekt nach der Hochzeit in den 90ern, ohne altbacken zu wirken. Und auch das politische Bewusstsein, dass Albarn immer wieder zeigt, klingt schon aus den ersten Zeilen: „What have you got, mass-produced in somewhere hot?“.
Das melancholische „New World Towers“ hätte wie auch „My Terracotta Heart“ bestens auf Albarns Soloalbum gepasst, der „Ice Cream Man“ würde den Gorillaz gut stehen, das quietschig-lärmige „I Broadcast“ führt die lange Blur-Tradition der kurz-knackigen Unter-Drei-Minuten-Kracher fort, während das sechsminütig vom sanften elektronischen Pluckern zu prächtigen Synthiekaskaden anwachsende „Thought I Was A Spaceman“ zeigt, wie sehr sich diese Künstler über die Jahre entwickelt haben.
„There Are Too Many Of Us“ bringt Marschrhythmus, düstere Botschaft und grandiose Melodieverliebtheit unter einen Hut, „Pyongyang“ ist sowieso in jeder Hinsicht eine Großtat, auf die mit „Ong Ong“ als Kontrast ein schlicht-fluffiger „Lalala“-Singalong folgt. Und nach dem würdigen Finale mit „Mirrorball“ ist der Fan glücklich und drückt auf Repeat… Wir können es nur wiederholen…
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Blur ist mit diesem Album ohne Zweifel,
dass zweitbeste Rock-Album des Jahres,
nach Steven Wilsons „Hand. Cannot. Erase.“,
gelungen. Brillant durch und durch, mit einer
Doppel-Vinyl-Ausgabe zum Niederknien.
Nur am Rande, das stimmt. Aber gute Musik (und das ist das Album) darf gerne trotzdem gewürdigt werden.
Hat absolut nichts mit Electro zu tun