Home > Magazin > Reviews > Querbeats – Rückblick 2018: Juli/August
- Anzeige -

Querbeats – Rückblick 2018: Juli/August

/

Weiter geht der Jahresrückblick. Im Sommer herrscht gerne mal Dürre, nicht nur wettertechnisch, wie in diesem Jahr, sondern auch plattenmäßig. Daher fassen wir den Juli und den August zusammen und kommen dann doch auf eine schöne Trefferquote:

Northern Lite gelingt beispielsweise mit dem programmatisch betitelten „Back To The Roots“ eine kleine Überraschung und ihr bestes Album seit Längerem, hier gibt es unsere Review zum Nachlesen. #

 

 

 

 

In Jenn Champion stecken offensichtlich mehrere Persönlichkeiten, daher muss man ein wenig aufpassen, um ihre Diskografie im Auge zu behalten. Mal nennt sie sich Jenn Ghetto, mal ganz schlicht S und nun eben Jenn Champion. Gleichzeitig hat sich auch der Stil deutlich verändert, weg vom Indierock, rein in die elektronische Popmusik. Was uns natürlich gefällt, darum empfehlen wir den Genuss von „Single Rider“. Dazu kann man gut mit dem Rotwein durchs abgedunkelte Zimmer tanzen. #

Unser Album des Monats Juli heißt „Hart Fragil“ und kommt von der wunderbaren Laryhier gibt es die ausführliche Besprechung. #

 

 

 

 

Witch House ist ja auch so eine seltsame Genrebezeichnung der 10er (Oder 2010er? Oder Tenner? Wird langsam Zeit für eine offiziell coole Bezeichnung dieses dem Ende entgegen humpelnden Jahrzehnts). Spukige, gerne leierig eiernde Sounds mit tanzbarer Grundierung, verzerrt-verhuschte Vocals, auch mal urplötzliche Lärmausbrüche. Voila, passt bestens auf „Gate Of Grief“ von White Ring, die aber zwischen (Electro-)Punk, Industrial, EBM und New Wave auch noch zahlreiche andere Einflüsse in den Mixer werfen. #

Mit der Bezeichnung Supergroup wird ja gern mal um sich geballert, und meistens taugt das Ergebnis weniger als die einzelnen Teile. Das trifft durchaus auch auf ShadowParty und ihr gleichnamiges Debüt zu. Trotzdem: Wenn Teile der aktuellen Line-Ups von New Order (Tom Chapman und Phil Cunningham) und Devo (Josh Hager und Jeff Friedl) auf Mute zusammentreffen, hört man schon mal rein. Einige Songs sind dann leider vom Songwriting etwas zu mittelmäßig, andere bieten aber eine schöne Gitarren-Synthie-Wave-Retroparty. #

Kaum sind wir im August angelangt, zieht „Qualm“ auf. Nein, das ist kein Waldbrand, sondern das zweite Album von Helena Hauff. Wie auf dem Debüt „Discreet Desires“ scheinen immer mal wieder die 80er und früher Techno durch den detailreichen Instrumentenpark, doch dieses Mal steht das Experimentelle, das tatsächliche „Spielen“ an den Synthies mehr im Vordergrund, es klingt harscher, Melodien muss man dafür sehr gezielt suchen. #

Gabe Gurnsey ist sonst Mitglied bei den Minimalisten von Factory Floor. Für sein Solodebüt wird er nun „Physical“ und hat sich Erol Alkan zur Unterstützung geholt. Und wie man das von jenem gewohnt ist, gibt es einen knackig-klaren Sound. Der Minimalismus der Hauptband scheint auch hier durch, aber Gurnsey probiert sich an verschiedenen Stilen aus, arbeitet etwas songorientierter und der Plan, eine Ausgehnacht in Albumform zu gießen, geht auf. #

Minimalismus, das ist auch ein Thema bei Tirzah. Die junge Frau hat all ihre „Devotion“ in dieses Debüt gesteckt, nachdem sie in den Vorjahren häufig bereits als Gast und Begleitung bei Künstlern wie Tricky oder Micachu auffiel. An diesem Sound hier ist kein Gramm Fett zu viel, der elektronische Neo-R’n’B, artverwandt zu KollegInnen wie Banks, SOHN oder FKA Twigs, lebt von gezielt platzierten Details, überzeugendem Songwriting und der warmen Stimme Tirzahs. #

Hach, das ist doch mal erfreulich! Death Cab For Cutie, die 2003 mit „Transatlanticism“ (und auch mit dem Nachfolger „Plans“) unzählige Indie-Herzen verzaubert haben, sind auf „Thank You For Today“ so sehr bei sich und damit so stark wie lange nicht (obwohl sie nie schlecht waren!). Ben Gibbards ohrenschmeichelnder Gesang (der auf elektronischeren Songs neuerdings manchmal ein wenig in Richtung Neil Tennant geht), diese perlenden Gitarren, die völlig in Harmonie mit den Synthie-Parts schwingen – und ein Strauß toller Popsongs, schön! P.S. Kurz zu Gast: Lauren Mayberry! #

Was war die Freude groß, als Interpol ihr sechstes Album „Marauder“ ankündigten! Selbst wenn man keinen Geniestreich wie das Debüt „Turn On The Bright Lights“ erwartete. Doch auch alle anderen Alben waren auf ihre Art stark. „Marauder“ ist das leider nicht. Okay, es ist nicht schlecht, besser als viele Konkurrenten und Nachahmer, aber dieser gewollt unproduzierte Rumpelstil, diese mitunter arg schlichten Songs, nee, das ist, von ein paar Highlights abgesehen, zu wenig. Merkt wohl auch die Band, die auf ihrer Herbsttour nur wenige der neuen Stücke spielt (und diese in den Ansagen fast entschuldigend ankündigt). #

Daher kommt das Album des Monats August auch überraschend von anderer Seite, nämlich von Sophie Hunger, die mit dem fabelhaften „Molecules“ sicher auch so einige ihrer Fans erstaunt. Mehr dazu hier. #

 

 

 

Jetzt erlauben wir uns mal einen ordentlichen Sprung über den Tellerrand. Zum Deutschrap. Wobei das, was Marteria & Casper auf ihrem gemeinsamen Album „1982“ (beider Jahrgang) abfackeln, nicht schlicht nur Rap genannt werden sollte. Diese fetten Krauts-Beats, Electro-Sounds, Bläsereinsätze, über die die beiden gleichberechtigt und erstaunlich gut harmonierend ihre gewitzten Texte abliefern, sind vielfältiger als das Übliche. Der Rezensent ist selbst erstaunt, wie oft dieses Album bei ihm rotiert. #

Sexy. Doch, das muss (und darf hoffentlich auch) so formuliert werden. Anna Calvi ist sexy. Vor allem diese Stimme! Aber auch das Gesamtpaket von Ausstrahlung und Außendarstellung, das die Künstlerin gewählt hat, unterstreicht das. Ist ausschließlich positiv gemeint, die Protagonistin nimmt hier ja auch die aktive Rolle (der Jägerin) ein – und selbstverständlich sollte nun noch etwas mehr zur Musik auf „Hunter“ gesagt werden. Die Songs berühren viele Stile, der Sound ist satt, vielschichtig, aber nicht überproduziert, unterstützt von Könnern wie Nick Launay und Adrian Utley. Und Calvis eindrucksvolles Gitarrenspiel setzt wie immer Akzente, dominiert aber nicht mehr zu stark. #

Jack Tatum alias Wild Nothing verzaubert (spätestens) seit seinem zweiten Album „Nocturne“ die Dreampopträumer. Der Nachfolger unterstrich das noch sonnendurchfluteter. Nun ist die Farbe „Indigo“ Mode. Die Songs schweben zwar weiterhin eingängigst auf rosazuckerwatteweichem Sound daher, die Stimmung ist aber trotzdem irgendwie etwas gesetzter. Steht ihm gut, dem Jack. Das Leben kann ja auch kein andauerndes Ponyschlecken sein.

 


Sophie Hunger – Molecules“ oder andere dieser Alben bestellen: Amazon

Thomas Bästlein

Thomas Bästlein schreibt (früher unter dem Spitznamen Addison) seit Anfang 2007 für depechemode.de. Hauptberuflich arbeitet er im öffentlichen Dienst. Du kannst Thomas online bei Facebook treffen.

- Anzeige -
Consent Management Platform von Real Cookie Banner