Hier ist sie wieder, unsere kleine Rundschau über diverse Alben der letzten Wochen. Mit Oscar And The Wolf, Blonde Redhead, Egokind & Ozean, Santè, Spyra, Munk, Miss Kenichi, Kindness, Dan Bodan, Kasar, Museum Of Love und Baxter Dury.
Oscar And The Wolf. Klingt erstmal nach Prokofjew. Sind aber vier Belgier um Sänger Max Colombie, die mit ihrem Debütalbum „Entity“ gut ins Bild aktueller elektronischer Popmusik passen. Nachdenkliche The-XX-Sounds treffen auf gelegentlich flotte Beats, eine Mischung aus minimalistischen Sounds mit eingängigem Electropop. Grüblerischer, seelenvoller Gesang, leichte Folk-Elemente und eine Spur Soul. Fast ein bisschen wie Malen nach Zahlen, wenn man gemein sein wollte. Will man hier aber gar nicht, denn die Musik ist einfach gut.
Blonde Redhead haben einen weiten Weg zurückgelegt, vom eher krachigen Indiesound der 90er Jahre bis zu den luftigen Klängen, die Kazu Makino und die Zwillinge Simone und Amedeo Pace mittlerweile bevorzugen. Doch der Mut zum Experiment war stets dabei. Das ist auch auf „Barragán“, ihrem neunten Studioalbum, so. Nach einem leicht irritierend flötenden Auftakt erfreuen sie den Hörer jedoch mit ein paar ihrer bislang elektronischsten und eingängigsten Stücke („Lady M“, „Dripping“). So locker-leicht geht es natürlich nicht weiter, aber auch auf dem übrigen Album kann der aufgeschlossene Hörer einiges entdecken.
Jan Hammele & Andreas Huber, das klingt als Projektname jetzt nicht so doll, oder? Daher nennen sich die beiden jungen Berliner Studenten und Soundbastler Egokind & Ozean, und mit ihrem Debüt „Transition“ wollen sie hohe Ansprüche erfüllen. Die zahlreichen Sounds, die hierauf zu hören sind, wurden alle per Hand eingespielt (per Gitarre, Fender Rhodes Piano oder mit anderen Instrumenten sowie Stimmen) und erst anschließend am Computer zusammengefügt und bearbeitet. Keine Soundbänke, keine Presets. Dass dabei trotzdem ein funktionierendes Album mit einer guten Mischung aus Techno, Ambient und Downbeat herausgekommen ist, ist lobenswert.
Der Berliner DJ und Produzent Philipp Maier ist House-Fans unter dem Namen Santè zum Begriff geworden – und uns hier vor allem dank seines Remixes von Depeche Modes „My Little Universe“ bekannt. Nun hat er mit „Current“ sein Debütalbum fertig gestellt, und dieses zeigt sich songorientierter, als mancher vielleicht erwartet hat. Unterstützt von Gästen wie J.U.D.G.E., Steve Smith oder Russoul haben die Tracks, die sich zumeist im Bereich Deep House einordnen lassen, oft neben den amtlichen Basssounds auch noch eine gewisse melodiöse Ader und sind daher sowohl clubtauglich als auch eingängig. Gefällt von Mal zu Mal besser.
Der Berliner Wolfgang Spyra hat in den letzten 20 Jahren schon um die 15 Alben aufgenommen, zwischen Klangexperimenten, Soundinstallationen und immer wieder Krautrock. Bei Vergleichen fällt immer wieder der Name Klaus Schulze. Dennoch versucht Spyra stets, moderne elektronische Elemente einfließen zu lassen. Die sechs zwischen sechs und zwölf Minuten langen Tracks auf „Staub“ wurden nun allesamt mitten in der Nacht in verschiedenen europäischen Städten aufgenommen – und zwar mithilfe eines Roland Juno-6. Was zu einer herrlich altmodischen Klangreise führt. Beste Untermalung für Weltraumbilder.
Mathias Modica und sein Münchener Label Gomma, da werden immer wieder Vergleiche mit James Murphy und DFA Records, sozusagen den großen Brüdern im Geiste, gezogen. Auch wenn die musikalischen Ähnlichkeiten eher überschauber sind. Modica hat nun endlich mal wieder ein Album als Munk aufgenommen. Unterstützt von den Sängerinnen Lizzie Paige und Mona Lazette, gibt es auf „Chanson 3000“ gefälligen House-Pop mit Anklängen von Disco und Soul. Leider ist gefällig der entscheidende Begriff, das hüpft alles recht locker durch – und mitunter doch etwas zu seicht am Ohr vorbei.
Zur Strafe wenden wir uns nun ein wenig von elektronischen Dingen ab und lassen der atmosphärischen Musik von Katrin Hahner alias Miss Kenichi (Anime-Fans hier?) Raum zum Atmen. Auf ihrem dritten Album „The Trail„, aufgenommen in den immer häufiger gefragten Berliner Chez Cherie Studios, bekommen die Arrangements mehr Umfang und Weite. Im Kern stehen Klänge aus Orgel, Gitarre und dezenten Percussions, dazu dezente Elektronik und die Stimme Hahners, die mit viel Naturlyrik eine verträumte Stimmung schafft.
Adam Bainbridge nennt sein zweites Album als Kindness nicht umsonst „Otherness„. Der Mann bringt hier Soul, Pop, Funk und einen Haufen andere Einflüsse unter einen Hut und in einen butterweichen Fluss, schafft es, seine Gäste – u.a. Robyn, Kelela und Devonte Hynes – so klingen zu lassen wie nirgendwo anders und verbaut auch noch Zitate zwischen Arthur Russell, Massive Attack und Art Of Noise so geschickt, dass die Kenner sich beim Wiederfinden besonders freuen. Sehr smoothe Platte.
Und gleich nochmal Soul-Pop. Aber bei Dan Bodan mit deutlich mehr Elektronik drin. Auf „Soft“ singt der in Berlin lebende Kanadier mit einnehmend warmer Stimme zu sanft dahinfließenden Sounds und bringt die Erinnerungen an die alte mit den Nächten der neuen Heimat zusammen. Die Songs sind gut, die Produktion bringt die perfekte Temperatur mit und die Stücke haben genug Feinheiten um nicht in seichte Gewässer abzugleiten. Ach so: Dank Sexyness und Kuschelfaktor auch als Beischlafmusik zu empfehlen.
Arnold Kasar hat aufgrund seines Talents (insbesondere am Klavier) schon bei verschiedensten Projekten mitgewirkt. „Walk On“ ist nun aber sein zweites Soloalbum. Eines, das sich von seinem Vorgänger, bei dem – ähnlich wie beim Kollegen Hauschka – das präparierte Piano und dessen Zusammenspiel mit technoiden Sounds im Mittelpunkt stand, stark unterscheidet. Das Klavier ist zumeist unbearbeitet, Kasar singt viel häufiger und stellt das Songwriting in den Vordergrund. Oft eher melancholisch, mit weniger Elektronik, aber ab und zu bricht auch mal ein Beat aus dem Dickicht. Und mit „Dance To The Mallet“ (feat. Lisa Bassenge) und dem poppigen „Dawning“ sind sogar zwei Hitanwärter dabei.
Pat Mahoney wird immer als Ex-Schlagzeuger von LCD Soundsystem bezeichnet, hat aber im DFA-Umfeld auch schon einiges mehr geleistet. Nun ist er, zusammen mit Dennis McNany als Museum Of Love unterwegs. Und bei deren gleichnamigem Debüt hört man die Disco-, House- und Post-Punk-Wurzeln der alten Connections gut raus. Außerdem eine gehörige Liebe zu Synthesizern, den Talking Heads und 80er-Sounds. Ergibt eine gut durchhörbare Platte mit einigen schönen und ein paar richtig erstklassigen Popsongs.
Als Sohn einer Musikerlegende hat es Baxter Dury nie so ganz leicht mit der Anerkennung gehabt. Aber er veröffentlicht seine charmanten Platten trotzdem unbeirrt. Album Nummer Vier heißt „It’s A Pleasure“ und ist genau das. Zusammen mit Co-Sängerin Fabienne Debarre, altmodischen Synthies und einem entspannten Drumcomputer nuschelt Dury sich cool und mit lakonischen Texten durch urbritische Popsongs, dass es einem einfach ein Grinsen aufs Gesicht zaubert.
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