So, bevor der Juli geht, holen wir nochmal den Juni zurück. Ein Sommermonat, in dem wir nur am Badengehen waren, wejen die Hitze. Nicht. Stattdessen gab es aber einige coole Musiken. Nämlich von Liars, Metric, O. Children, PiL, Sébastien Tellier, Para One, dEUS, Monocular und Taragana Pyjarama.
Das neue Album der Liars heißt also „Wixiw“, wie soll man das denn nun wieder aussprechen? Na „Wish You“, ist doch klar. Ebenso klar ist, dass die Liars den Hörer stets herausfordern. Hier, indem sie mal wieder einen kompletten Stilwechsel vollzogen und alles auf Synthesizer umgestellt haben. Und Mute-Gott Daniel Miller übernahm persönlich die Produzententätigkeit! Das muss uns natürlich gefallen – ist mit all seinen versponnenen Klangexperimenten aber weiterhin weit weg von eingängiger Popmusik.
Eingängige Popmusik wird also gesucht? Bitteschön, auf „Synthetica“, dem neuen Album von Metric, gibt’s mehr als genug davon. Die Kanadier um (Immernoch-)Jungmädchenstimme Emily Haines machen kein Hehl aus der musikalischen Ausrichtung – die wird schon im Albumtitel deutlich. Was sich bereits im fabelhaften Vorgänger „Fantasies“ angedeutet hatte, ist nun eindeutig: Die Synthies haben gewonnen. Mit viel elektronischer Power werden die das Ohr umschmeichelnden Popsongs satt unterfüttert. Ganz feiner Electropop.
Schlaflosigkeit oder auch „Apnea“, wer von uns dunklen Gestalten leidet nicht ab und zu daran? Tobi O’Kandi, Sänger von O. Children hatte dieses Problem in jüngerer Vergangenheit vor allem deswegen, weil ihm aufgrund abgelaufenen Visums die Ausweisung aus Großbritannien drohte. Vertont führt das Ganze nun zu einer schaurig-schönen Platte mit tiefem Gesang und Post-Punk-Sounds zwischen Joy Division und Interpol (allerdings eine ganze Ecke fröhlicher).
Von Post Punk gleich noch einen Schritt zurück, da sind die Sex Pistols nicht weit. Von denen wieder zwei Schritte vor und wir sind bei PiL, Public Image Ltd., der nächsten Band von John Lydon, die in den 80ern mit Stücken wie „(This Is Not A) Love Song“ Geschichte schrieb. Nach 20 Jahren gibt es mit „This Is PiL“ tatsächlich neues Material. Die quengelnd-nörgelige Stimme ist unverkennbar, der Sound rumpelt zwischen Pop, Dub und anderen Punk-Alternativen dahin – das ist zwar längst nicht immer spannend, aber stets unpeinlich und manchmal sogar toll.
Mit Gott hat John Lydon vermutlich eher wenig am Hut. Sébastien Tellier dagegen behauptet neuerdings: „My God Is Blue“. Dieser Franzose hatte jedoch schon immer den Schalk im Nacken, und dementsprechend locker darf man sicher sein Gewese um eine mysteriöse Blaue Allianz und weitere Visionen einordnen. Die Musik dagegen ist herrlichste Disco, glitzernde Synthesizer untermalen mit breitem Pinsel schicke (oder chic’e?) Popsongs. Und letztlich geht es doch wieder um Sex, oder (das enorm freizügige Video zu „Cochon Ville“ vimeo’en Sie bitte selbst)?
Wir bleiben in Frankreich, aber musikalisch bietet „Passion“, das zweite Studioalbum (plus einem Soundtrack) von Para One ganz was Anderes. Jean-Baptiste de Laubier, sonst eher als Remixer (Boys Noize, Daft Punk, Bloc Party etc.) oder DJ/Produzent unterwegs, lässt hier zwischen Techno und House auch verstärkt R’n’B-Einflüsse zur Geltung kommen. Dabei gelingt es ihm, zwischen abstrakteren und aktuell extrem angesagten Sounds zu vermitteln und sich somit womöglich für viele als „Next-Top-Producer“ zu positionieren.
Eins weiter, nach Belgien. Dort haben dEUS mit „Following Sea“ überraschend nur wenige Monate nach dem letzten Album, dem feinen „Keep You Close“ eine komplett neue Platte aufgenommen. Weil das so schnell ging, wollte man auch nicht groß auf die Vermarktungsmaschine warten, sondern ließ das Album einfach fix raus in die Welt. Ein locker-leichtes Werk, mit dEUS-typischen Momenten, aber auch neuen Elementen wie dem Franzosenthriller „Quatre Mains“.
Nun aber noch ein deutscher Beitrag hier! Allerdings mit schwedischer Prägung, denn dort entstand das zweite Album von Monocular. Das aus Dortmund stammende Ehepaar Nic und Jan Koray hat dort ein Landhaus und lässt auf „Pine Trees“ auch die skandinavische Melancholie zum Zuge kommen. Ansonsten ist der (mittlerweile durch Bassist und Schlagzeuger verstärkte) Sound aber recht kräftig und pendelt zwischen eingängigem Pop-Rock, Electropop und Trip Hop. International absolut konkurrenzfähig und empfehlenswert.
Zum Abschluss kann etwas chillig Elektronisches ja oft nicht schaden. Bei Kompakt hat man nach WhoMadeWho offensichtlich Geschmack an Dänen gefunden und mit Nick Eriksen oder Taragana Pyjarama gleich den nächsten unserer nördlichen Nachbarn unter Vertrag genommen. Dessen Debüt „Tipped Bowls“ wabert manchmal vielleicht etwas zu entspannt dahin, bietet aber in der richtigen Stimmung eine geschmackvolle Herunterkommdosis. Relax!
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