Ein neues Duell in unserer losen Reihe streng pazifistischer Musik-Kloppereien steht an. USA gegen Großbritannien oder, genauer, New York gegen Glasgow heißt es heute. Zwei junge Bands treten mit ihren zweiten Alben an. Und einen gemeinsamen Nenner gibt es auch: Die Alben wurden beide von Flood produziert. Da horchen wir doch auf!
Vorstellung der Kombattanten: Glasvegas aus dem schönen Glasgow waren Ende ’08, Anfang ’09 der große Hype im UK (zusammen mit den White Lies). Dicke Soundwände, dramatisch unverständlicher Gesang, pathetisch herzbrechende Songs – das Debüt war schon vereinzelt zu viel des Guten, aber letztlich doch ziemlich gut.
In der anderen Ecke stehen die vier New Yorker von The Pains Of Being Pure At Heart, deren Debüt in der in den letzten Jahren erstarkenden Welle neuer Shoegazer einen guten Platz belegte. Vielschichtiger, leicht vernebelter Pop mit mehrstimmigem Gesang, zwischen verträumt und lärmig. Ja, da konnten auch mal die Gitarren ordentlich scheppern.
Und nun Flood? Da spitzen wir Devotees ja gerne die Ohren. Aber Obacht, es wird sich herausstellen, dass auch ein Meisterproduzent sich mal vergreifen kann. Beiden Zweitwerken ist zunächst gemein, dass sie versuchen, die Klangpalette (noch) breiter aufzustellen. Bei The Pains Of Being Pure At Heart (wir kürzen sie ab jetzt lieber mit TPOBPAH ab, selber schuld, wer so einen langen Bandnamen wählt) funktioniert das sehr gut. Der Lärm, die Ansätze von Feedback-Orgien sind verschwunden, der Pop ist noch eine Spur lieblicher geworden. Dazu haben – sicher dank Flood und Co-Produzent Alan Moulder – die Synthies an Einfluss gewonnen. Man höre nur das zauberhafte „My Terrible Friend“, worin auch The Cure mal wieder als Einfluss auftauchen. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Die Gitarren sind immer noch kräftig dabei, der Titelsong „Belong“ erinnert gar ein wenig an frühe Smashing Pumpkins (wobei ansonsten sicher eher Bands wie The Jesus & Mary Chain in den Sinn kommen). Aber der Sound ist runder, glitzernder, eingängiger geworden, ohne sich zu sehr anzubiedern. Und bei so strahlenden Hits wie „Heart In Your Heartbreak“ geht einfach die innere Sonne auf.
Womit wir bei Glasvegas wären. Die Schotten hatten schon auf dem Debüt den Hang zur überkandidelten Hymne. Aber das waren eben auch Hymnen. Und da fangen die Probleme mit dem Nachfolger an. „Flowers & Football Tops“, „Daddy’s Gone“, „Geraldine“ – so hießen die Hits und an die reicht hier kein einziger Song so richtig heran. Dazu – und hier müssen wir wohl Meister Flood kritisieren – wurde der ohnehin schon mächtige Sound der Band hier oft endgültig zu weit aufgeblasen und wirkt so teilweise fast breiig. Außerdem hätte man Sänger James Allan gelegentlich durchaus in die Schranken weisen dürfen, hier rutscht sein intensiver und in guten Momenten berührender Gesang mitunter ins pathetische Jammern ab. Wobei natürlich nicht alles schlecht ist, bei weitem nicht. Atmosphäre und Drama können Glasvegas nach wie vor aufbauen, dazu gibt es immer wieder starke Stellen in den Songs – aber eben zu wenig Highlights. Neben ein paar guten Stücken wie „The World Is Yours“ und „Dream Dream Dreaming“ steht zu viel Mittelmaß und dann doch noch ein Hit: „Euphoria, Take My Hand“.
Die Punktwertung: TPOBPAH siegen mit „Belong“, weil sie sich an den richtigen Stellen zurückzunehmen wissen und insgesamt auch die besseren Songs bieten. Für Glasvegas ist das Ganze eben genau der „Euphoric Heartbreak“ geworden, den sie demnächst vielleicht etwas gelassener besingen sollten.
(Addison)
P.S. TPOBPAH live: 29.06. München, 30.06. Wien, 04.07. Dresden, 05.07. Berlin, 07.07. Hamburg, 09.07. Köln, 13.07. Bremen
P.P.S. Glasvegas live: 14.05. Köln, 15.05. Berlin, 17.06. Hurricane, 18.06. Southside
The Pains of Being Pure At Heart – „Heart In Your Heartbreak“ from Mike Luciano on Vimeo.
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