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Plattenschlägerei: Example vs. Example

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Wie jetzt, da kloppt sich einer mit sich selbst? Ja doch, etwa nie Fight Club gesehen? Okay, flacher Einstieg, aber wir wollen das Niveau heute mal nicht zu hoch ansetzen. Passend zur Musik, um die es hier geht. Und wenn von einem britischen Chartstürmer neben seinem neuen Album gleich noch der Vorgänger auf den deutschen Markt geworfen wird, lassen wir die beiden Platten eben auch aufeinander los.

Der Autor liebt ja die britischen Inseln. Doch wenn man mittlerweile drüben im Auto unterwegs und unvorsichtig genug ist, das Autoradio anzuschalten… dann macht man es nach einer gar nicht so langen Weile und reichlich verzweifeltem Herumzappen genervt wieder aus, jedenfalls, wenn man fern der Hauptstadt ist (im Prinzip also ganz wie in Germany). In den Britencharts tummelten sich neben dem üblichen Schrott noch vor wenigen Jahren jede Menge toller Bands. Dann fingen plötzlich alle an, Elektronik zu benutzen. Eigentlich sollte uns hier das ja freuen, aber die musikalischen Auswüchse bewiesen das Gegenteil. Gute Musik gibt es drüben zwar immer noch reichlich, aber eben wieder mehr im Untergrund. Fiese Billigravesounds übernahmen den Markt – und die Musik von Example ist leider ein ziemlich gutes, äh, Beispiel.

Wenn man die Entwicklung von Calvin Harris vom spannenden Debüt zum erfolgreichen, aber leider enorm platten Nachfolgealbum verfolgt und bedauert hat, bekommt man eine ungefähre Ahnung von der Musik von Elliot Gleave (Kürzel: e.g., von da ist es nicht weit zum Künstlernamen), der den Schotten passenderweise vor zwei Jahren supportete und auch sonst mit häufiger mit ihm zusammenarbeitet.

Nun also zunächst kurz zum wiederveröffentlichten Album „Won’t Go Quietly“ (übrigens nicht das Debüt, liebes Label, da gab es noch eins davor). Der Titel ist Programm. Da will einer neben Calvin Harris gleich noch der neue Mike Skinner (The Streets) und ein halbes Dutzend anderer Stars sein. Dementsprechend ist der Sound in alle Richtungen breit angelegt, und nachdem mit „Kickstart“ eine äußerst erfolgreiche Hitsingle gelang, waren auch die Mittel da, um einen Haufen Produzenten zu beauftragen, nahezu pro Song einen neuen (neben Harris u.a. Chase & Status oder Björn Yttling). Das Album schreit laut Hitsammlung und nervt doch größtenteils nur. Aufgeblasen, überproduziert, in den Rapstellen belanglos, bei den Electrosounds dominieren billig-prollige 90er-Bollerklänge. Die Ansätze zu guten Songs sind da, werden aber gnadenlos zugekleistert. Ziemlich furchtbar.

So. Musste gesagt werden. Nun die neue Nr.-1-Scheibe „Playing In The Shadows“. Example sagt, er verehre Blur und die hätten vor ihrem dritten Album auch nicht gewusst, wo sie hin wollten. Ihm ginge es da ähnlich. Hmhm, mal sehen. Einen Fehler hat er aber doch gleich wieder gemacht: Unmengen an Produzenten sorgen erneut für ein wildes Soundgemisch. Und der Hang zur Übertreibung und zum Ballermann- bzw. Ibizarave ist leider auch geblieben (jaja, der Erfolg gibt ihm ja charttechnisch auch Recht). Aber man darf immerhin konstatieren: Example hat sich als Songwriter weiter entwickelt.

Mit „Stay Awake“ und „Changed The Way You Kiss Me“ wirft das Album früh zwei Riesenhits ab Ersterer fällt einem jedoch schnell auf den Wecker, bei Letzterem gefällt die satte Tanzbarkeit dann aber schon gut. Zu den Produzentengästen gehören u.a. Faithless, die er bereits supporten durfte, die mit ihm „The Way“, eines der besseren, weil nicht so direkt aufs Kleinhirn dreschenden Stücke aufgenommen haben. Robbie Williams‘ Ex-Partner Guy Chambers kann auch immer noch hübsch schmierige Balladen schreiben, wie „Microphone“ beweist. Chase & Status (selbst mittlerweile große Stars) bringen den Titeltrack vorbei, der mit angenehm zurückhaltenden Sounds erfreut. Auch bei anderen Stücken findet man immer wieder schöne Momente („Under The Influence“, „Natural Desaster“) – bevor die Partywalze allerdings meistens im nächsten Moment alles plattmacht.

Example kann also immerhin eine deutliche Weiterentwicklung aufweisen (wenn sich das fortsetzt, steht uns vielleicht irgendwann ein richtig gutes Album bevor), somit ist „Playing in The Shadows“ klarer Punktsieger hier. Allerdings war das eben bei weitem kein WM-Kampf, sondern doch nur massenkompatibles Kommerzboxen.

(Addison)

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Thomas Bästlein

Thomas Bästlein schreibt (früher unter dem Spitznamen Addison) seit Anfang 2007 für depechemode.de. Hauptberuflich arbeitet er im öffentlichen Dienst. Du kannst Thomas online bei Facebook treffen.

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