„Da brauchen die über sechs Jahre für ein neues Album und klingen dann genau wie auf dem letzten?!“ – So oder so ähnlich könnte man nach erstem Hören vorschnell urteilen. Stimmt, stimmt aber auch wieder nicht. Und da wo es stimmt, ist es nicht schlimm, schließlich war der Vorgänger „Neon Golden“ ein Meisterwerk.
Jener hatte eine erstaunliche Entwicklung zum Abschluss gebracht. Eine Band, die mit lautem Hardcore und krachigen Gitarren begann, wurde immer filigraner, experimenteller und elektronischer. Ja, man muss sie mehr oder weniger als Erfinder der sogenannten ‚Indietronics‘ bezeichnen. Doch wie weiter nach so einem Überalbum?
Ganz einfach, locker bleiben, sich nur an den eigenen (hohen) Ansprüchen orientieren, nichts auf äußere Einflüsse geben. So, scheint es jedenfalls, muss das Trio (mittlerweile sind sie nur noch zu dritt, die Brüder Markus und Micha Acher und Martin ‚Console‘ Gretschmann; Drums und einiges mehr erledigen dann eben Gäste) vorgegangen sein, denn „The Devil, You + Me“ wirkt äußerst unaufgeregt und wie aus einem Guss.
Da sind die Gitarren – mal akustisch, mal verstärkt-, die berühmten pluckernden Sounds, die eher spärlich, aber sehr gezielt eingesetzten Drums und die traumhaften Melodien, die oft ganz harmlos um die Ecke geschlichen kommen und sich dann doch für die Ewigkeit festsetzen. Fast wie auf dem Vorgänger. Veränderungen sind oft erst auf den zweiten Blick auszumachen. Die neuen Songs sind insgesamt vielleicht sogar noch eingängiger. Aber erst nach mehrmaligem Hören, ein sofortiger Ohrenschmeichler wie „Pick Up The Phone“ ist nicht dabei. Dafür sind die Streicher, die das Andromeda Mega Express Orchestra beiträgt, markanter, obwohl sie nur selten so streichertypisch wie beim pompösen Beginn des Highlights „Where In This World“ klingen. Nein, sonst wirken sie oft wie von ganz weit draußen oder eben wie von anderen Planeten.
Überhaupt ist der Weltraum hier oft Thema – nicht umsonst tragen viele Songs entsprechende Titel wie „Gloomy Planets“, „Gravity“, „On Planet Off“. Oder es ist die Ferne bzw. Entfernung (Von sich selbst? Von der grauen Realität? Von geliebten Menschen?). Oder Entfremdung? Weltflucht gar? So einiges an Melancholie weht durch die Klänge und Texte, dazu passen immer wieder leicht angeschrägte Töne, die den Stücken die nötige Sperrigkeit verleihen.
Musikalisch reiht sich dann doch Höhepunkt an Höhepunkt, vom erwähnten „Where In This World“ mit seinen wunderbaren Sounds über das überraschend scheppernde „Alphabet„, das relativ temporeiche „Gravity„, das verträumte „Sleep„, das mächtig groovende „On Planet Off“ (man spiele diesen Song mal vor oder nach „The Sinner In Me“ von Depeche Mode und staune) bis zum melodisch-knisternden „Hands On Us„.
So kurz nach dem Erscheinen mag man das noch nicht abschließend beurteilen, aber wer sich die lohnende Mühe macht und sich mit „The Devil, You + Me“ länger beschäftigt, wird schließlich ahnen, dass hier ein weiteres Meisterwerk geschaffen wurde. Was hoffentlich nicht wieder sechs Jahre Wartezeit bedeuten soll!
(Addison)
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