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Live gesehen: Austra & Warren Suicide

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Gleicher Ort, zwei verschiedene Tage. Berlin, Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz. Erst das traditionelle Neujahrskonzert mit den Top-Newcomern von Austra. Dann, knapp zwei Wochen später, das Chez Cherie Festival mit Warren Suicide. Völlig unterschiedliche Abende, doch stets ein Erlebnis.

1. Austra

Das Debütalbum „Feel It Break“ wurde bei uns gerade auf Platz 8 unter den Alben des Jahres gewählt (und auf Platz 4 unter den elektronischen Alben), doch nicht ganz unbedeutend – heutzutage oft wichtiger als die Albumverkäufe – sind ja die Livequalitäten. Ein seit Jahren gefragter Konzerttermin ist das Neujahrskonzert im Großen Saal der Berliner Volksbühne. Von einem Auftritt in diesem zauberhaften Saal mit seiner riesigen Kuppel träumt so mancher Künstler. Das kanadische Kollektiv hat nun also die Ehre, das Musikjahr 2012 zu eröffnen.

Zuvor der Support: Touchy Mob aus Berlin. Junger Mann im Waldschratlook mit Laptop und Gitarre. Der kann was, das hat er nicht zuletzt mit seiner tollen Variation von Hundreds‘ „Solace“ bewiesen. Hier führt er seine eigenwillige und leicht experimentelle Elektronik vor und weiß vielleicht noch nicht zu begeistern, aber doch zu gefallen.

Dann kommen Austra auf die Bühne, das heißt, zunächst nur Sängerin Katie Stelmanis, die solo am Klavier mit „The Beast“ den Einstieg liefert, bevor danach ihre rundherum sehr speziell (in Berlin-Mitte sagt man aber sicher todschick dazu) kostümierte Band die geräumige Bühne betritt und man alsbald Zeuge wird, wie großartig der Sound hier ist. Und nach vier Songs ist es geschafft: Das bekannt schwierige Hauptstadtpublikum ist nicht mehr auf den Sitzen (ja, hier herrscht komplette Bestuhlung!) zu halten und tanzt. Also jeder. Kein Wunder, Hits wie „Lose It“ oder „Beat And The Pulse“ sind auch kaum stillsitzend zu genießen.

Man erfreut sich also an den ausdruckstanzenden Backgroundsängerinnenschwestern, am elfengleichen und irgendwie dauernd die Frisur bzw. den Kopfschmuck wechselnden Keyboarder, der coolen Schlagzeug-Bass-Fraktion und natürlich der großartigen Stimme der Frontfrau im Goldröckchen. Toll und nach einer reichlichen Stunde bereits ein frühes Konzerthighlight 2012.

Austra – Lose It from Domino Recording Co on Vimeo.

2. Warren Suicide

So, 12 Abende später, gleicher Ort, ganz andere Musik. Warren Suicide, ewiger (und vom Autor immer wieder empfohlener) Geheimtipp aus Berlin und Anderswo, zelebriert heute das Chez Cherie Festival. Heißt, in der Bar nebenan legt DJ Daniel Meteo auf, den Support gibt Frickelmeister Oval – und der hinterlässt das Publikum extrem ratlos. Er remixt live mit Maus und Laptop sein Album „DNA“ – und das ist allerhöchstens für studierte Tontechniker spannend. Der Rest zuckt bei mancher grenzwertigen Frequenzhöhe zusammen und sucht ansonsten nach dem größeren Zusammenhang.

Egal, danach sind Warren Suicide endlich dran. Die Bandleader Nackt & Cherie natürlich – und ganz viele Gäste, die wie gesagt sehr geräumige Bühne der Volksbühne wird teilweise fast gesprengt von den Scharen an Musikern. Hauptsächlich ist dies das Ensemble der Berlin (und Göteborg) String Theory, so dass sich überall Streicher, Bläser, Pianisten und so weiter tummeln, aber dazu gibt es immer noch weitere Gäste. Seien es plötzlich auf die Bühne tanzende Tierkostümierte (passend zur „Animal Party“), mehr Piano, mehr Electro, zwei bis drei Percussionisten undundund. Eine Legende wie Andrew Unruh von den Einstürzenden Neubauten klopft heute mal wieder auf so manchem Gerät herum (und hat sichtlich viel Spaß), Vollblutmusiker wie Ben Lauber oder Arne Augustin geben alles, Shitkatapult-Chef T.Raumschmiere lässt es sich nicht nehmen, den einen oder anderen Mikrofonbeitrag zu liefern (und tanzt ansonsten begeistert um die Bühne herum).

Ein echter Kindergeburtstag, der aber auch rührende Momente liefert, etwa, als Nackt die Schwangerschaft von Cherie bekanntgibt (die in den Folgeminuten schwer um Fassung ringt) und die daraus resultierende Tourpause bedauert. Ansonsten wird das aktuelle Album „World Warren III“ so ziemlich komplett aufgeführt, mit all dem Wahnwitz zwischen Klassik, Electro und Pop. Dazu gibt es diverse Stücke der Vorgängeralben und irgendwann dürfen dann alle, die wollen, rauf auf die Bühne und mittanzen. Fertig? Nee, zur Zugabe darf man sich erstmal hinlegen und genießen – bevor ein sich in eine Tanzparty steigernder und irgendetwas zwischen einer Viertel- und einer halben Stunde währender Jam die Krone aufsetzt. Über zwei Stunden waren wir Teil von etwas Besonderem (schade allerdings, dass der „Butcher Boy“ fehlte), vielen Dank, ihr verrückten Künstler!

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www.warrensuicide.com
www.shitkatapult.com
www.facebook.com/pages/Warren-Suicide/13531202730

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Thomas Bästlein

Thomas Bästlein schreibt (früher unter dem Spitznamen Addison) seit Anfang 2007 für depechemode.de. Hauptberuflich arbeitet er im öffentlichen Dienst. Du kannst Thomas online bei Facebook treffen.

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